Wikileaks-Gründer geht gegen Auslieferung vor Assanges Mutter: David gegen Goliath

London (RPO). Wikileaks-Gründer Julian Assange will sich gegen seine Auslieferung nach Schweden wehren: Die erste Runde hat er zwar verloren, gegen das Urteil des britischen Gerichts am Donnerstag will der 39 Jahre alte Australier und Gründer der Enthüllungswebseite jedoch umgehend Berufung einlegen.

Wikileaks-Gründer: Das ist Julian Assange
10 Bilder

Das ist Julian Assange

10 Bilder
Foto: dpa/Frank Augstein

Dem derzeit in Großbritannien unter Hausarrest stehenden Assange wird in Schweden Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorgeworfen. Der Internetaktivist weist die jedoch Vorwürfe zurück und sieht diese als Teil eines Komplotts. Er befürchtet, dass Schweden ihn letztlich an die USA ausliefern könnte. Die US-Justiz prüft derzeit rechtliche Schritte gegen Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Regierungsdokumente über Wikileaks.

"Ich muss die Auslieferung von Herrn Assange nach Schweden anordnen", erklärte Richter Howard Riddle am Donnerstag in London und wies den Vorwurf zurück, der Internetaktivist sei das Opfer einer Intrige. Das Argument der Verteidigung, Assange könne in Schweden nicht mit einem "fairen Prozess" rechnen, ließ Riddle nicht gelten.

Richter: Angst vor Haft in Guantanamo unbegründet

Die Befürchtung, Assange könne über Schweden an die USA ausgeliefert, dort im Gefangenenlager Guantánamo inhaftiert und sogar zum Tode verurteilt werden, sei nach seiner Einschätzung unbegründet, sagte der Richter. Zudem wies er auf den gegenseitigen Respekt und das Vertrauen des Gerichts gegenüber anderen europäischen Gerichten hin.

"Wir werden Berufung einlegen", erklärte Assanges Anwalt Geoffrey Robertson unmittelbar nach der Entscheidung des Gerichts. Ein weiterer Anwalt, Mark Stephens, stellte klar, dass die Berufung innerhalb von acht Tagen vor dem Hohen Gerichtshof in London eingereicht werde.

In Stockholm wurde die Ankündigung der Berufung mit Bedauern aufgenommen. Damit verzögere sich die Auslieferung Assanges, sagte der Anwalt der beiden mutmaßlichen Opfer des Wikileaks-Chefs, Claes Borgström der schwedischen Nachrichtenagentur TT. Der Auslieferungsbeschluss sei zu erwarten gewesen, da kein Grund bestanden habe, diesen zu verweigern. Seinen Klientinnen habe er gesagt, er hoffe, den Prozess noch vor dem Sommer abschließen zu können.

Mutter: "Politische und juristische Gruppenvergewaltigung"

Assanges Mutter nannte den Auslieferungsbeschluss gegen ihren Sohn eine "politische und juristische Gruppenvergewaltigung". Es handle sich um eine "David-gegen-Goliath-Situation", sagte Christine Assange der australischen Nachrichtenagentur AAP. Ihre größte Angst sei, dass die westliche Welt "in ihren Anstrengungen, jemandem zum Schweigen zu bringen, über Grenzen hinweg jedes Gesetz brechen wird, um ihm habhaft zu werden".

Das US-Außenministerium sieht in den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Assange indes nach eigenen Angaben "eine Angelegenheit zwischen Großbritannien und Schweden". Die USA seien in den Fall nicht verwickelt, teilte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Das Enthüllungsportal Wikileaks hatte vergangenes Jahr geheime US-Dokumente über die Kriege im Irak und in Afghanistan veröffentlicht und vor einigen Monaten mit der Veröffentlichung von mehr als 250.000 vertraulichen Depeschen der US-Diplomatie begonnen.

Die US-Justiz prüft derzeit, wie sie gegen Wikileaks und Assange wegen der Veröffentlichung dieser Unterlagen vorgehen kann. Der Gründer der Enthüllungsplattform hatte kürzlich die Befürchtung geäußert, dass ihm im Falle einer Auslieferung an die USA ein Anschlag auf sein Leben drohe.

Vor dem Gerichtsgebäude in London versammelten sich am Donnerstag Anhänger von Assange und zeigten Transparente mit der Aufschrift "Lasst Julian Assange und Bradley Manning frei". Der US-Soldat Manning soll Wikileaks geheime Dokumente über den Krieg im Irak zugespielt haben und wartet derzeit in einem Militärgefängnis im US-Staat Virginia auf seinen Prozess.

(apd/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort