Mord an George Floyd Anwalt von Ex-Polizist Chauvin will Prozess neu aufrollen lassen

Minneapolis · Die Verteidigung von Derek Chauvin möchte den Fall neu aufrollen. Für den Mord an George Floyd drohen dem Polizist bis zu 40 Jahren Haft. Es gebe jedoch einige Hinweise darauf, dass es kein faires Gerichtsverfahren gewesen sei, so der Anwalt.

 Der Angeklagte Derek Chauvin (rechts) mit seinem Verteidiger Eric Nelson. (Archivbild)

Der Angeklagte Derek Chauvin (rechts) mit seinem Verteidiger Eric Nelson. (Archivbild)

Foto: dpa/Uncredited

Nach dem Schuldspruch im Prozess um den gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd hat der verurteilte weiße Ex-Polizist Derek Chauvin eine Neuauflage des Prozesses beantragt. Sein Mandant habe kein faires Gerichtsverfahren bekommen, schrieb Chauvins Anwalt, Eric Nelson, in einer Erklärung am Dienstag. Zuvor hatte ein früheres Foto für Wirbel gesorgt, das einen Geschworenen mit einem T-Shirt mit der Abkürzung "BLM" für Black Lives Matter (Das Leben von Schwarzen zählt) zeigt.

In seiner Begründung für seinen Antrag führte Chauvins Anwalt die öffentliche Aufmerksamkeit rund um den Fall, Fehler des Gerichts und der Staatsanwaltschaft sowie Druck auf die Jury auf. Die Berichterstattung sei "vor und während des Verfahrens so (...) voreingenommen gewesen", dass sich daraus strukturelle Verfahrensfehler ergeben hätten.

So habe Richter Peter Cahill den Ermessensspielraum des Gerichts missbraucht und gegen Chauvins Recht auf einen fairen Prozess verstoßen, indem er dessen Antrag auf Verlegung des Prozesses in einen anderen Bezirk abgelehnt habe.

Zudem nahm Nelson Anstoß an Cahills Weigerung, die Geschworenen für die Zeit des Prozesses abzusondern oder sie zu ermahnen, die Medien zu meiden. Nelson forderte den Richter auf, die Rechtsgültigkeit des Schuldspruchs wegen Fehlverhaltens der Geschworenen in Frage zu stellen. Für nähere Erläuterungen seines Vorwurfs von Fehlverhalten war Nelson zunächst nicht zu erreichen. Das Foto des Geschworenen Brandon Mitchell erwähnte Nelson nicht.

Auf der Aufnahme aus dem vergangenen Jahr ist Mitchell mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "BLM" sowie "Nehmt euer Knie aus unseren Nacken" zu sehen. Das könnte die Unvoreingenommenheit des 31-jährigen Afroamerikaners im Prozess gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin in Frage stellen: Der Slogan war bei den landesweiten Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt nach Floyds Tod häufig zu sehen gewesen. Chauvin hatte dem festgenommenen Afroamerikaner am 25. Mai 2020 in Minneapolis neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt, obwohl Floyd wiederholt klagte, keine Luft mehr zu bekommen.

Mitchell hatte bei der Vorauswahl der Geschworenen im Prozess gegen Chauvin angegeben, nicht an Demonstrationen gegen Polizeigewalt teilgenommen zu haben. Nach Auftauchen des Fotos sagte der Basketballtrainer örtlichen Medien, die Aufnahme sei im vergangenen August am Rande einer Kundgebung zum Jahrestag der berühmten Rede "I Have a Dream" des Bürgerrechtlers Martin Luther King in der Hauptstadt Washington entstanden.

Der Jury-Experte Jeffrey Frederick sagte nun der Nachrichtenagentur AFP, Mitchells Antworten seien "technisch korrekt" gewesen, weil es sich offiziell um eine Erinnerungsveranstaltung gehandelt habe. Der Vorsitzende Richter des Prozesses könne Mitchell nun erneut befragen und prüfen, ob er befangen gewesen sei und möglicherweise gelogen habe.

Frederick und ein anderer Experte hielten es für unwahrscheinlich, dass der Schuldspruch wegen Mitchell gekippt werden könnte. Für einen solchen Schritt gebe es hohe Hürden.

Die zwölf Geschworenen hatten Chauvin am 20. April einstimmig in allen drei Anklagepunkten schuldig gesprochen, darunter wegen Mordes zweiten Grades. Das Strafmaß soll am 25. Juni verkündet werden. Ursprünglich war der 16. Juni angesetzt worden. Auf Mord zweiten Grades steht eine Höchststrafe von 40 Jahren.

(june/dpa/AFP)
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