Geir Lippestad verteidigt Anders B. Breivik Anwalt des Bösen

Oslo · Er heißt Geir Lippestad, ist 46 Jahre alt und Anwalt. Er hat den derzeit vermutlich unangenehmsten Auftrag der Welt übernommen. Lippestad verteidigt den Attentäter von Oslo und Utoya - jenen Mann, der mindestens 76 Menschen aus dem Leben riss.

 Geir Lippestadt, einer der Anwälte des Attentäters Breivik, will wohl mildernde Umstände für seinen Mandanten geltend machen.

Geir Lippestadt, einer der Anwälte des Attentäters Breivik, will wohl mildernde Umstände für seinen Mandanten geltend machen.

Foto: SCANPIX NORWAY, AP

Anders Breivik stellt den Rechtsstaat auf eine harte Probe. Kaltblütig, zielstrebig, detailversessen und über lange Jahre geplant hat er seine blutigen Pläne in die Tat umgesetzt. Die Welt ist entsetzt. Manche Medien beschreiben ihn als Teufel. Die Chefin der norwegischen Sicherheitspolizei, Janne Kristiansen, bezeichnet Breivik als die "Inkarnation des Bösen".

Lippestad hat den Auftrag trotzdem angenommen. Er wurde angerufen. Breivik wolle ihn als Verteidiger haben, teilte ihm die Polizei am Samstag mit. Lippestad erbat sich Bedenkzeit - und sagte nach einem halben Tag zu. Nicht, wie man meinen könnte, weil er vielleicht einer dieser ehrgeizigen Karriere-Juristen, die sich mit aufsehenerregenden Prozessen einen Namen machen wollen. Sondern aus demokratischer Überzeugung.

Am Dienstag äußerte sich der Anwalt erstmals zu den Gründen, die ihn dazu bewogen, den Job anzunehmen. Die Tragödie habe aus seiner Sicht umso deutlicher gemacht, dass demokratische Traditionen geschützt werden müssen, erläuterte der Jurist Geir Lippestad bei seiner ersten Pressekonferenz. Und darunter falle auch das Recht auf einen Verteidiger.

"Jemand muss den Job machen"

"Meine erste Reaktion war natürlich, dass das zu schwierig ist, aber ich setzte mich dann mit meiner Familie, Freunden und Kollegen zusammen. Und wir entschieden, dass es an der Zeit ist, an die Demokratie zu denken", sagte er. "Schließlich muss jemand diesen Job machen, wie die Polizei und die Richter auch."

Dass Breiviks Wahl überhaupt auf ihn gefallen sei, könne er sich nicht erklären, sagte Lippestad später der Nachrichtenagentur AP. Er vereinbart in seiner Biographie und seinem Denken all das, was Anders Breivik an Norwegen verachtet. Das trifft nicht nur auf die rechtsstaatlich-demokratischen Überzeugungen des Juristen zu.

So ist Lippestad außerdem auch noch Mitglied der norwegischen Arbeiterpartei, also jener Partei, die in Breiviks Augen mit ihrer Förderung einer multikulturellen Gesellschaft Verrat an der norwegischen Kultur beging. Ob dem Verdächtigen seine Parteizugehörigkeit bewusst sei, wisse er allerdings nicht, sagte Lippestad.

Breivik soll einen fairen Prozess bekommen

Möglicherweise hat Breivik sich Lippestad zu seinem Verteidiger auserkoren, weil der sich schon einmal aus rechtsstaatlicher Überzeugung für einen Neonazi eingesetzt hat. 2002 verteidigte er einen rechtsradikalen Mörder, der auf offener Straße aus offensichtlich rassistischen Motiven einen dunkelhäutigen 15-Jährigen mit einem Messer getötet hatte. Die meisten Norweger waren empört, die öffentliche Stimmung war aufgeheizt. Lippestad war schon einmal Verteidiger eines meistgehassten Mannes.

Dass der Anwalt sich nun erneut bereiterklärt, für jemanden einzustehen, der offenbar eine zutiefst unmenschliche Tat begangen hat, hat ihm Ärger, aber auch schon jede Menge Lob eingebracht. Manche Medien sehen in ihm eine weitere Symbolfigur für die Kraft der offenen Gesellschaft Norwegens.

Aus Lippestads Sicht hat es in einem Rechtsstaat selbst ein brutaler Mörder verdient, fair behandelt zu werden. "Meine Aufgabe ist es nicht, mich mit ihm anzufreunden", erklärte Lippestad. "Er wird einen gerechten Prozess bekommen und es ist meine Aufgabe, das sicherzustellen."

(apd/pst/RPO)
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