Verfahren gegen Conrad Murray beginnt Anklage wirft Jacksons Leibarzt "grobe Fahrlässigkeit" vor

Los Angeles (RPO). Die Vorwürfe gegen Conrad Murray wiegen schwer. Hat er den Tod des "King of Pop" fahrlässig in Kauf genommen oder nicht? Dies zu klären, obliegt seit Dienstag den zwölf Geschworenen eines kalifornischen Gerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft Murray vor, er habe fahrlässig gehandelt, als er Jackson im Juni 2009 in dessen Schlafzimmer ein Narkosemittel und andere Medikamente verabreichte, ohne die notwendige Lebensrettungsausrüstung bereit zu haben.

Prozess-Auftakt gegen Jacksons Leibarzt
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Das Verhalten Murrays habe direkt zum Tod Jacksons geführt, sagte Staatsanwalt David Walgren am Dienstag zum Auftakt des Verfahrens in Los Angeles. Die Beweisführung werde zeigen, dass "Michael Jackson wortwörtlich sein Leben in die Hände von Conrad Murray gelegt hat". Dieses "falsch gesetzte Vertrauen" haben den Popstar sein Leben gekostet.

Walgren warf Murray vor, wiederholt grob fahrlässig agiert zu haben; es habe keine angemessene Behandlung Jacksons gegeben. Murray steht im Verdacht, Jackson im Juni 2009 das starke Betäubungsmittel Propofol verabreicht und ihn dann alleine gelassen zu haben. Der Einsatz von Propofol erfordere eine andauernde Beobachtung des Patienten durch den Arzt, sagte Walgren.

Murrays Anwälte wollen dagegen zeigen, dass Jackson unter dem Druck der bevorstehenden Konzerte schon Monate vor seinem Tod körperlich und psychisch schwer angeschlagen war. Sie halten es für möglich, dass der unter Schlafstörungen leidende Popstar sich die Überdosis des Medikaments selbst verabreicht habe, als der Mediziner nicht im Raum war. Murray drohen bei einem Schuldspruch bis zu vier Jahre Haft.

Doch jenseits der Schuldfrage hat der Kardiologe Conrad Murray gut zwei Jahre nach dem Tod Jacksons bereits einen hohen Preis bezahlt. Sein Ruf ist ramponiert, zudem ist er hoffnungslos verschuldet.

Dabei hätte es der Traumjob schlechthin werden können. Mitte 2009 hatte der Mediziner als Leibarzt von Michael Jackson angeheuert. Wenig später war der "King of Pop" tot - gestorben an einer Überdosis des Narkosemittels Propofol. Murray, der dem Popstar das Mittel verabreichte, stand bald im Mittelpunkt der Ermittlungen.

Gemeinsam am Esstisch gesessen

Der Arzt war in der Villa des Sängers ein- und ausgegangen. In der Regel sei Murray morgens zwischen 9 Uhr und 9.30 Uhr in das luxuriöse Anwesen am Rande von Los Angeles gekommen, hatte die Privatköchin Kai Chase in einem Interview der Nachrichtenagentur AP vor einigen Monaten berichtet. Meist habe er gleich als erstes bei ihr das aus Säften und Müsli bestehende Frühstück für den Musiker abgeholt. Mittags und Abends habe er häufig gemeinsam mit der Jackson-Familie am Esstisch gesessen.

Der auf der Karibikinsel Grenada aufgewachsene Murray hatte zwei Arztpraxen, als er Jackson vor einigen Jahren kennenlernte - eine in Houston und eine in Las Vegas. Wie aus den polizeilichen Ermittlungen hervorging, war Murray bereits zu diesem Zeitpunkt in Geldnöten. Die Schulden des Kardiologen sollen sich auf mehrere Hunderttausend US-Dollar belaufen haben. Umso verlockender war daher das Angebot, das der Popstar ihm machte.

Für monatlich 150.000 Dollar (112.500 Euro) sollte sich Murray ganz und gar auf die Betreuung Jacksons konzentrieren und ihn auf Reisen begleiten. Der Popstar bereitete sich zu dieser Zeit auf eine Serie von Comeback-Konzerten in London vor. Im Grunde lief Murrays Job darauf hinaus, dafür Sorge zu tragen, dass der gesundheitlich bereits angeschlagene Jackson die zahlreichen Proben sowie die anschließend geplanten Auftritte von der körperlichen Verfassung her durchsteht.

Jackson galt als Suchtkranker

Den begnadeten Sänger und Tänzer fit zu halten, stellte sich jedoch als heikles Unterfangen heraus. Der 50-Jährige litt unter Schlaflosigkeit und soll bereits seit längerer Zeit regelmäßig Beruhigungsmittel genommen haben. In den Ermittlungen wird Jackson offiziell als Suchtkranker bezeichnet.

Zu den Aufgaben Murrays gehörte daher auch die Verabreichung solcher Medikamente. Bei Propofol handelt es sich allerdings um ein Mittel, das normalerweise nur in Krankenhäusern Verwendung findet. Die Verabreichung in einem Privathaushalt stellt nach Ansicht der Anklage eine grobe Fahrlässigkeit dar.

Kurz nach Jacksons Tod am 25. Juni 2009 wurde das Haus des Leibarztes durchsucht. Beamte der Drogenbekämpfungsbehörde nahmen körbeweise Dokumente mit. Murray versuchte einen Neustart mit seiner alten Praxis in Houston. Doch die Negativschlagzeilen machten den Betrieb unmöglich. Die laufenden Kosten summierten sich weiter.

Im November vergangenen Jahres erklärte sein Anwalt Edward Chernoff, Murray habe für die Zeit als Jacksons Arzt kein Honorar bekommen. Der Mediziner habe seit sieben Monaten kein Geld mehr verdient, und es sei fraglich, ob er weiter sein Haus behalten und seine Familie unterhalten könne. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, drohen Murray bis zu vier Jahre Haft und der Entzug seiner Arztzulassung.

(apd)
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