Gericht nennt neue Details Knox und Kercher sollen vor Mord um Geld gestritten haben

Mailand · Ein Geldstreit könnte für die US-Amerikanerin Amanda Knox nach Einschätzung des Berufungsgerichts in Florenz ein Motiv für den Mord an der britischen Studentin Meredith Kercher gewesen sein.

Die beiden Austauschstudentinnen hätten deswegen in der Mordnacht miteinander gestritten, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten 337-seitigen Urteilsbegründung des Gerichts, in der die Schuldsprüche gegen Knox und ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito aus dem Januar erläutert werden. Die Verletzungen Kerchers deuteten darüber hinaus darauf hin, dass es mehrere Angreifer gegeben habe.

Knox war im Januar zum zweiten Mal wegen Mordes an ihrer früheren Mitbewohnerin verurteilt worden. Das Berufungsgericht hatte die Schuldsprüche gegen Knox und Sollecito aus dem Mordprozess von 2009 bestätigt, wonach die beiden 2007 Kercher brutal ermordeten. Knox wurde zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, Sollecito zu 25 Jahren. Anwälte von Knox und Sollecito hatten angekündigt, gegen das jüngste Urteil vor dem höchsten Gericht Italiens Berufung einzulegen.

Die schriftliche Begründung des Gerichts musste nach 90 Tagen vorliegen. Falls das Oberste Gericht, der Kassationsgerichtshof, die Schuldsprüche bestätigt, wird ein langer Kampf über die Auslieferung von Knox erwartet. Ein Antrag auf Auslieferung käme wohl erst nach der Bestätigung infrage, wobei die Entscheidung darüber in Händen des US-Außenministeriums läge.

Das Berufungsgericht in Florenz erklärte am Dienstag, der ebenfalls bereits wegen des Mords verurteilte Rudy Hermann Guede habe nicht allein gehandelt. Darauf deuteten die Verletzungen des Opfers hin.
Mindestens zwei Messer seien bei dem Angriff auf Kercher benutzt worden. Darüber hinaus seien Fingerabdrücke auf ihrem Körper zu erkennen, die darauf hindeuteten, dass sie mit Gewalt festgehalten worden sei - das schließe die Möglichkeit aus, dass Guede der einzige Angreifer gewesen sei.

Guede war 2008 in einem Schnellverfahren wegen Mordes und sexuellen Übergriffs schuldig gesprochen und zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Ende Dezember 2009 bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil, reduzierte die Haftstrafe aber auf 16 Jahre.

Das Gericht erklärte, es gebe genügend Hinweise, dass die Beziehung zwischen den beiden Mitbewohnerinnen schlecht gewesen sei. Guede zufolge habe Kercher Knox vorgeworfen, Geld aus ihrem Zimmer gestohlen zu haben, hieß es in der Urteilsbegründung. Kercher sei daraufhin von Knox, von Sollecito und von Guede angegriffen worden.
Es sei aber nicht zwangsläufig so, dass alle Angreifer dasselbe Motiv gehabt hätten.

2011 waren Knox und Sollecito in einem Berufungsverfahren noch freigesprochen worden, unter anderem wegen Zweifeln an den DNS-Beweisen. Sofort nach ihrer Freilassung kehrte die damalige Austauschstudentin Knox in die USA zurück. Sie hatte bereits angekündigt, niemals aus freien Stücken nach Italien zurückzukehren.

Im November 2007 war die halbnackte Leiche Kerchers in einer Blutlache in dem Appartement entdeckt worden, das sie mit Knox teilte. Die Justiz nahm zunächst an, dass ein aus dem Ruder gelaufenes erotisches Dreiecksspiel zum Mord geführt haben könnte.
Knox wurde teils als "Teufelsweib" dargestellt, das sexuelle Abenteuer suche. Zuletzt argumentierte die Staatsanwaltschaft, dass vielmehr ein Streit über die Sauberkeit in der gemeinsamen Wohnung eskaliert sei. Knox bestreitet die Vorwürfe.

(ap)
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