Preis in Stockholm verliehen Alternativer Nobelpreis ehrt Korruptionsjäger und „Waldmacher“

Stockholm · Ein Bauer und ein Wissenschaftler lassen Wald in der Wüste wachsen. Drei junge Araber nehmen es mit einem totalitären Regime auf - und zwei Anwälte mit einem möglicherweise korrupten Präsidenten. Sie alle bekommen den Alternativen Nobelpreis 2018.

 Abdullah al-Hamid (l-r), Walid Abu al-Chair und Mohammed Fahad al-Kahtani  (Saudi-Arabien). Die Menschenrechtler sitzen derzeit im Gefängnis, weil sie versuchen, das totalitäre politische System in Saudi-Arabien zu reformieren.

Abdullah al-Hamid (l-r), Walid Abu al-Chair und Mohammed Fahad al-Kahtani (Saudi-Arabien). Die Menschenrechtler sitzen derzeit im Gefängnis, weil sie versuchen, das totalitäre politische System in Saudi-Arabien zu reformieren.

Foto: dpa/---

Der Alternative Nobelpreis ehrt in diesem Jahr unermüdliche Kämpfer gegen Korruption, Totalitarismus und die Dürre in Afrika. „In einer Zeit alarmierender Umweltzerstörung und des Versagens politischer Führung zeigen unsere Preisträger einen Weg in eine andere Zukunft“, erklärte Preisstifter Ole von Uexküll am Montag in Stockholm.

Der Right Livelihood Award - eine Auszeichnung in kritischer Distanz zu den traditionellen Nobelpreisen - geht 2018 nach Guatemala, Niger, Australien - und erstmals nach Saudi-Arabien. Die bahnbrechende Arbeit der Preisträger gebe enorme Hoffnung und verdiene die höchste internationale Aufmerksamkeit, erklärte von Uexküll.

Den undotierten Ehrenpreis erhalten die Juristen Thelma Aldana und Ivan Velásquez, weil sie in Guatemala Machtmissbrauch aufdecken und Korruption verfolgen. Velásquez leitet die Internationale Kommission gegen Straflosigkeit der Vereinten Nationen (Cicig). Aldana war bis zum Frühjahr Generalstaatsanwältin in dem zentralamerikanischen Land und stieß zusammen mit Velásquez Ermittlungen gegen den inzwischen inhaftierten Präsidenten Otto Perez Molina an.

„Dieser Preis kommt zu einem besonders dramatischen Zeitpunkt im Kampf gegen Straflosigkeit und Korruption“, erklärte Velásquez. Guatemala verweigert ihm derzeit die Einreise, nachdem er Mitte August eine Aufhebung der Immunität von Präsident Jimmy Morales für ein Strafverfahren wegen illegaler Wahlkampffinanzierung gefordert hatte. Cicig bemängelte, dass die Herkunft von rund 600.000 Dollar für die Wahl von 2015 unbekannt sei. Von Uexküll betonte, die von Aldana und Velásquez geleistete Arbeit sei einzigartig. „Wir fordern Präsident Jimmy Morales auf, diese guatemaltekische Erfolgsgeschichte nicht zu beenden.“

Die mit je rund 96.000 Euro dotierten Geldpreise gehen an den Bauern Yacouba Sawadogo aus Burkina Faso und den Australier Tony Rinaudo, die sich beide dafür einsetzen, dass dürres, unfruchtbares Land in Afrika landwirtschaftlich genutzt werden kann. Sawadogo sei bekannt als „der Mann, der die Wüste aufhielt“, erklärte die Stiftung. Er habe Bauern in Afrika geholfen, ihr Land wieder fruchtbar zu machen - und damit den Frieden in der Sahel-Zone unterstützt.

Auch der Agrarwissenschaftler Rinaudo gilt demnach als „Waldmacher“, weil er eine Methode entwickelte, aus im Wüstensand verborgenen Wurzelsystemen Bäume heranzuziehen. So habe er nicht nur Wüstenbildung bekämpft, sondern auch Hunger und Verzweiflung.

Zum ersten Mal werden mit dem Preis zudem Menschenrechtskämpfer aus Saudi-Arabien ausgezeichnet: Abdullah al-Hamid, Mohammed Fahad al-Kahtani, Walid Abu al-Chair bekommen ihn, weil sie friedlich das autoritäre System ihres Landes heraus- und Menschenrechte einfordern. Sie setzen sich für eine Gewaltenteilung und die Abschaffung männlicher Vormundschaft ein, die den Frauen grundlegendste Rechte nimmt. Alle drei sitzen deshalb im Gefängnis.

Die Alternativen Nobelpreise werden seit 1980 an Kämpfer für Menschenrechte, Umweltschutz und Frieden vergeben. Er wird durch Spenden finanziert.

Die Träger der Alternativen Nobelpreise 2018

  • Abdullah al-Hamid, Mohammed Fahad al-Kahtani und Walid Abu al-Chair (Saudi-Arabien)

Die Menschenrechtler sitzen derzeit alle im Gefängnis, weil sie versuchen, das totalitäre politische System in Saudi-Arabien zu reformieren. Sie wollen unter anderem erreichen, dass das Land, das bisher von einer Königsfamilie und ultra-konservativen Klerikern geführt wird, zu einer konstitutionellen Monarchie wird. Al-Hamid und Al-Kahtani gründeten eine der wenigen saudischen Menschenrechtsorganisationen. Al-Chair verteidigt saudische Aktivisten vor Gericht.

  • Yacouba Sawadogo (Burkina Faso)

Der Landwirt ist bekannt als „Mann, der die Wüste aufhielt“. In einer Phase schwerer Dürre pflanzte er einen Wald auf kargem Land - mit Hilfe von Pflanzgruben, die Regenwasser besser speichern. Sein Wissen teilte er mit Landwirten in der Region, so dass allein in Burkina Faso und Niger Zehntausende Hektar einst unfruchtbarer Flächen fruchtbar gemacht wurden. Hier können nun Getreide und Viehfutter angepflanzt und sogar Bienen gehalten werden.

  • Tony Rinaudo (Australien)

Der Agrarwissenschaftler gilt ebenfalls als „Waldmacher“. Als Entwicklungshelfer im Niger fand er eine Methode, in Trockengebieten Bäume aus unterirdischen, oft noch intakten Wurzelsystemen zu ziehen. So wurden rund 50.000 Quadratkilometer mit 200 Millionen Bäumen wieder fruchtbar gemacht. Rinaudo inspirierte eine ganze Bewegung von Landwirten, die Sahelzone neu zu begrünen.

  • Thelma Aldana (Guatemala) und Ivan Velásquez (Kolumbien)

Die Korruptionsjäger nehmen unerschrocken die wirtschaftliche und politische Elite im von Korruption geplagten Guatemala aufs Korn. Sie brachten unter anderem den früheren Präsidenten Otto Perez Molina zu Fall. Ihre Arbeit ermöglichte schon mehr als 300 Verurteilungen und 34 Gesetzesreformen. Aldana war bis Mai Generalstaatsanwältin in dem mittelamerikanischen Land. Velásquez ist Chef der Internationalen Kommission gegen Straffreiheit der Vereinten Nationen. Ihre Zusammenarbeit gilt als vorbildliches Modell für viele andere Staaten. Guatemalas Präsident Jimmy Morales hat jetzt allerdings beschlossen, das Mandat der Kommission nicht zu verlängern.

(csr/dpa)
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