Türkische Küste Mindestens 45 Tote bei Flüchtlingsunglück in der Ägäis

Athen · Bei zwei Bootsunglücken vor griechischen Inseln nahe der türkischen Küste starben am Freitag mindestens 45 Menschen, die meisten von ihnen waren offenbar Frauen und Kinder. Dutzende weitere Menschen wurden gerettet. Küstenschutzschiffe, Hubschrauber und private Boote suchten nach Vermissten.

Vor der Insel Kalolimnos sank ein hölzernes Segelboot. Griechische und türkische Küstenwache bargen nach eigenen Angaben 37 Leichen, darunter mindestens 16 Frauen und elf Kinder. 32 Menschen seien gerettet worden. Wie viele Menschen ursprünglich an Bord waren, blieb unklar. Ein Überlebender schätzte, auf dem Segelboot hätten sich bis zu 80 Menschen befunden. Jeder Erwachsene habe 2500 Dollar für die Überfahrt bezahlt, Kinder die Hälfte.

Wenige Stunden zuvor war vor der kleinen Insel Farmakonisi in der östlichen Ägäis ein mit 49 Menschen besetztes Boot gesunken. 40 von ihnen konnten sich selbst retten, ein Mädchen wurde lebend aus dem Wasser geholt, sechs Kinder und zwei Frauen, konnten nur noch tot geborgen werden.

Griechenland ist das Haupteingangstor für Flüchtlinge in die Europäische Union. Die meisten wollen in wohlhabende EU-Staaten wie Deutschland und Österreich. Im vergangenen Jahr erreichten mehr als 800.000 Flüchtlinge die griechische Küste. Hunderte starben bei dem Versuch. Die Organisation Save the Children rief die EU auf, solche Katastrophen zu verhindern, indem sie Flüchtlingen eine sichere und legale Überfahrt ermögliche.

Österreich hat beschlossen, in diesem Jahr nur noch 37.500 Flüchtlinge aufzunehmen und bis 2019 insgesamt 127.500. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sagte, dies sei die wichtigste Nachricht der vergangenen Monate. "Der gesunde Menschenverstand hat sich durchgesetzt", sagte er im staatlichen Radio. Europa könne nicht große Massen von Ausländern unbegrenzt und unkontrolliert aufnehmen. Ungarn wehrt Flüchtlinge durch im vergangenen Jahr errichtete Grenzzäune ab. Andere Staaten verfahren ähnlich.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini warnte vor den wirtschaftlichen Folgen derartiger Grenzbefestigungen. Diese behinderten auch den freien Reise- und Güterverkehr. Dadurch könnten Studien zufolge beängstigende Kosten entstehen.

Die Internationale Flüchtlingshilfsorganisation IRC forderte eine Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Es sei richtig, Zuwanderer, die nicht die Voraussetzungen für die Aufnahme als Flüchtlinge erfüllten, in ihre Heimat zurückzuschicken, sagte Geschäftsführer David Miliband. Die Unterscheidung zwischen Flucht vor Verfolgung und Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen sei unerlässlich, damit die Aufnahme von Asylberechtigten weiter funktionieren könne.

Der frühere britische Außenminister lobte, Deutschland habe vergangenes Jahr bei der Aufnahme Asylsuchender eine "außerordentliche Führungskraft" an den Tag gelegt. Die Bundesrepublik brauche Unterstützung. Europa hinke bei der Lösung dieses Problems der Entwicklung hinterher.

US-Präsident Barack Obama diskutierte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über Pläne, weitere Staaten um größere Beiträge im Kampf gegen die Krise zu bitten. Die Angelegenheit solle bei einer Geberkonferenz am 4. Februar in London zur Sprache kommen, teilte das Weiße Haus mit. Obama habe zudem für einen hochrangigen Flüchtlingsgipfel bei den Vereinten Nationen im September geworben.

(ap/dpa/isw)
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