Angriff auf deutsche Botschaft in Athen 60 Kalaschnikow-Schüsse gegen eine wackelige Stabilität

Athen · Sie kamen in der Nacht und verschossen die Magazin-Ladungen zweier Kalaschnikow-Sturmgewehre auf die Residenz des deutschen Botschafters in Athen - 60 Schüsse, wie griechische Medien unter Berufung auf die örtliche Polizei melden.

Unbekannte schießen auf deutsche Botschaft
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Nach bisherigen Erkenntnissen seien vier Personen an der Tat beteiligt, die gegen 3.30 Uhr Ortszeit auf Motorrädern in den ansonsten ruhigen Athener Vorort Chalandri gekommen waren. Botschafter Wolfgang Dold sei gefasst und wohlauf, berichtete ein hochrangiges Mitglied der griechischen Regierung der Nachrichtenagentur dpa. Die Residenz weise allerdings zahlreiche Einschusslöcher auf. Laut Medienberichten wurde ein Projektil sogar im Schlafzimmer von Dolds Tochter gefunden.

Wer hinter den Schüssen in der Nacht zum Montag steckt, blieb zunächst offen. Es wurden aber politische Motive vermutet. "Es gibt Leute, die nicht wollen, dass Griechenland aus der Krise herauskommt, und die versuchen, diesen Kurs zu torpedieren", sagte der stellvertretende griechische Außenminister Dimitris Kourkoulas der dpa am Montag. Die Regierung sei aber entschlossen, die Demokratie in Griechenland und die guten auswärtigen Beziehungen des Landes zu schützen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die deutsche Botschafterresidenz ins Visier von Terroristen gerät. Im Mai 1999 hatte die Untergrundorganisation "17. November" eine Panzerfaust auf das Gebäude abgefeuert. In einem Bekennerschreiben zu einer anderen Tat hatte die Organisation den Angriff ungefähr zehn Monate später mit der Rolle Deutschlands im Kosovo-Konflikt begründet.

Auch dieses Mal werden die Täter im linken Spektrum vermutet. In der letzten Zeit häufen sich die Anzeichen einer Radikalisierung der militanten linken Szene in Griechenland. So wurden vor kaum zwei Monaten zwei Mitglieder der rechtsradikalen Partei Goldene Morgenröte vor den Parteibüros in einem Athener Vorort erschossen. Eine Gruppe mit Namen "Kämpfende revolutionäre Volkskräfte" übernahm die Verantwortung. Es war der bislang letzte blutige Anschlag aus diesem Spektrum.

Griechische Medien brachten den aktuellen Anschlag auf die Residenz des deutschen Botschafters in Zusammenhang an einen ähnlichen Überfall auf eine Athener Polizeiwache im Oktober 2009.
Damals wurde eine junge Polizistin schwer verletzt. Die Verantwortung übernahm eine Organisation namens "Gruppen proletarischer Selbstverteidigung des Volkes" (OPLA). Im vergangenen Januar wurden in einem weiteren vergleichbaren Fall die Büros der regierenden Konservativen Partei (ND) beschossen. Zu diesem Anschlag bekannte sich eine "Gruppe der Volkskämpfer" (OLA).

Die Täter von Chalandri haben anscheinend bewusst vermieden, in die Richtung des Wächters vor der Botschaftsresidenz zu schießen. Das zumindest unterscheidet den aktuellen Angriff von den früheren Anschlägen, wie die Fälle der ermordeten Rechtsradikalen Anfang November und der schwer verletzten Polizistin vor vier Jahren zeigen.

(dpa)
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