Jahrestag am 6. April Vor 80 Jahren überfiel die Wehrmacht Griechenland

Bonn · Am 6. April 1941 begann die Wehrmacht ihren Überfall auf Griechenland. Weil Wehrmacht und SS mit äußerster Brutalität vorgingen, sind die Wunden des brutalen Besatzungsregimes auch nach 80 Jahren noch nicht verheilt.

 Walther von Brauchitsch, Generalfeldmarschall (1938-1941 Oberbefehlshaber des Heeres, Mitte, li.) besichtigt die Akropolis in Athen mit dem Landesgruppenleiter der NSDAP, Wrede.

Walther von Brauchitsch, Generalfeldmarschall (1938-1941 Oberbefehlshaber des Heeres, Mitte, li.) besichtigt die Akropolis in Athen mit dem Landesgruppenleiter der NSDAP, Wrede.

Foto: dpa

Eigentlich waren Hitlers Augen längst gen Moskau gerichtet: Die Pläne für den Überfall auf die Sowjetunion und die Eroberung neuen Lebensraums im Osten waren im Frühjahr 1941 ausgearbeitet. Der "Fall Barbarossa" sollte am 15. Mai ausgelöst worden. Doch dann machte Italiens Diktator Mussolini dem deutschen Zeitplan einen Strich durch die Rechnung.

Am 6. April 1941 begann die Wehrmacht ihren Überfall auf Griechenland und Jugoslawien. Der Angriff auf die Sowjetunion wurde auf den Juni verlegt - eine im Nachhinein verhängnisvolle Verschiebung des Zeitplans für Nazi-Deutschland, weil der russische Winter dann eine Eroberung Moskaus verhinderte.

Hitler ging es darum, vor dem Überfall auf die Sowjetunion die süd-östliche Flanke auf dem Balkan gegen die Briten zu sichern und den Zugang zum rumänischen Erdöl zu garantieren. Das faschistische Italien hatte schon im Oktober 1940 Griechenland angegriffen. Als Reaktion besetzten britische Truppen Kreta und verminten die griechischen Küstengewässer gegen Landungsversuche. Und im Königreich Jugoslawien brachte Ende März 1941 ein Militärputsch eine deutsch-freundliche Regierung zu Fall.

In den Augen der Deutschen wurde es ein weiterer Blitzkrieg-Sieg: Schon am 17. April kapitulierte Jugoslawien, Griechenland am 23. April. Deutsche Generäle posierten zum Foto vor der Akropolis. Die Kämpfe auf Kreta, wo britische Truppen gelandet waren, zogen sich jedoch bis zum 1. Juni 1941 hin.

Wehrmacht und SS gingen in Griechenland mit äußerster Brutalität vor. Massaker, Geiselerschießungen und gnadenlose Ausbeutung prägten die bis 1944 dauernde Besatzungsherrschaft. So wie 1944 im Dorf Distomo, wo Soldaten der Wehrmacht Mädchen und Frauen vergewaltigten und die gesamte im Ort verbliebene Bevölkerung erschossen. Hunderttausende Zivilisten fielen den Verbrechen zum Opfer. Fast alle griechischen Juden wurden deportiert und ermordet. Eine griechische Parlamentskommission schätzte die Summe für die von Deutschland verursachten Kriegsschäden auf mindestens 289 Milliarden Euro.

Die Wunden von damals sind - trotz EU und Massentourismus - kaum verheilt, wie sich erneut in der seit 2010 offenbar gewordenen griechischen Staatsschuldenkrise zeigte. Damals gingen wütende Athener mit Transparenten auf die Straße, die Bundeskanzlerin Angela Merkel in SS-Uniform oder mit Hitler-Bärtchen zeigten. Die Deutschen als Zuchtmeister - und die Griechen erneut Opfer deutscher Vorherrschaft?

Für viele Griechen steht fest: In der Erinnerung der Deutschen spielen die Verbrechen der Wehrmacht in ihrem Land kaum eine Rolle. Dazu passt, dass am Jahrestag des Überfalls keine größeren Gedenkveranstaltungen in der Bundesrepublik geplant sind.

Währenddessen versucht Griechenland bis heute, Reparationszahlungen einzufordern. Mit Ausnahme 1960 vereinbarter Entschädigungen von insgesamt 115 Millionen Mark für bestimmte Opfergruppen hat das Land nie einen finanziellen Ausgleich erhalten. Schon 2012 betonte der damalige griechische Außenminister Stavros Dimas, dass seine Regierung weiter auf eine finanzielle Kompensation für deutsche Verbrechen und eine damals von Nazideutschland auferlegte "Zwangsanleihe" bestehe.

Die Bundesregierung bestreitet, ebenso wie im Falle Polens, griechische Reparationsansprüche. Spätestens mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 seien die Reparationspflichten abschließend geklärt. Sie will aber über Erinnerungs- und Bildungsprojekte die Versöhnung mit Griechenland weiter vorantreiben.

Vor wenigen Wochen versuchten Grüne und Linke im Bundestag, einen Kurswechsel einzuleiten. Auf die griechischen Anliegen dürfe "künftig nicht mehr nur mit lautem Schweigen und Zurückweisung geantwortet werden", hieß es in einem Antrag der Grünen-Fraktion. Der Bundestag solle anerkennen, dass aus griechischer Sicht Reparationen und Entschädigungszahlungen für den deutschen Krieg und die deutsche Besatzung in Griechenland zu keinem Zeitpunkt abschließend geregelt wurden und dass dies die Beziehungen schwer belaste. Zwar wurde der Antrag abgelehnt. Doch sollten die Grünen im Herbst Teil der Bundesregierung werden, könnte das Thema neu verhandelt werden.

(felt/kna)
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