Essen ARD verfilmt Geschichte des FC Bayern in Essen

Essen · Der von den Nazis vertriebene Bayern-Präsident Kurt Landauer kehrte 1947 zurück und baute den Verein neu auf. Gedreht wird im Ruhrgebiet.

 Das Derby von 1947: 1860 München gegen den FC Bayern, für die ARD nachgespielt im Stadion von TuS Helene Essen.

Das Derby von 1947: 1860 München gegen den FC Bayern, für die ARD nachgespielt im Stadion von TuS Helene Essen.

Foto: Willi Weber / Zeitsprung

Zimperlich geht die Filmcrew nicht mit dem altehrwürdigen Stadion von TuS Helene Essen um. Auf dem Spielfeld an der Bäuminghausstraße, wo Otto Rehhagel bis 1960 spielte, werden Bombentrichter ausgehoben und wieder zugeschüttet, Wäsche zwischen Torpfosten aufgehängt und Gemüse angebaut. Nebenan ist das Trainingsgelände Grünwalder Straße des FC Bayern im Nachkriegszustand aufgebaut, und man fragt sich, was hier im Pott der größere Frevel ist.

Im Film, der 2014 in der ARD ausgestrahlt werden soll, geht es um Kurt Landauer, den lange vergessenen und längst legendären Präsidenten des FC Bayern, der den Schwabinger Klub 1932 zu seinem ersten Meistertitel führte und 1947 die Grundlagen für den späteren Erfolg schuf (siehe Info-Box). Die Szene, in der Landauer 1947 nach München zurückkehrt, wird am Montag im Eisenbahnmuseum in Bochum gedreht, das kaputte München anschließend in Gladbeck.

Lange tat der FC Bayern sich schwer mit seiner jüdischen Geschichte. Es waren die Fans, die der Vereinsspitze den vielleicht wichtigsten Wegbereiter öffentlich zurück ins Gedächtnis riefen. Beim Spiel gegen den 1. FC Köln entrollten sie im Oktober 2009 gegenüber der Haupttribüne ein riesiges Porträt Landauers und die Spruchbänder "125 Jahre Kurt Landauer" sowie "Der FC Bayern war sein Leben — Nichts und niemand konnte das ändern!". Bis dahin hatte sich die Vereinsführung eher verdruckst des Mannes erinnert, der schon vor dem Krieg auf Professionalisierung und Internationalisierung setzte. Der FC Bayern war in den 50er Jahren mehr damit beschäftigt, den Ruf des "Juden-Klubs" loszuwerden, in dem der Verein bei den Nazis stand.

Herbert Knaup, der im Film Landauers besten Freund und langjährigen Stellvertreter Sigi Hermann spielt, kannte Landauer ebenfalls nicht: "Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so etwas gibt." Fünf Jahre arbeitete Drehbuchautor Dirk Kämper an dem Stoff, den eigentlich schon Guido Knopp für das ZDF verfilmen wollte, aber das Geld nicht zusammenbekam. Federführend ist jetzt der Bayerische Rundfunk, mit dabei sind WDR und ARD Degeto, Produzent ist Michael Souvignier, dessen Firma Zeitsprung auch schon das "Wunder von Lengede" und "Contergan" umsetzte. Zum Budget machen die Partner keine Angaben, rund fünf Millionen Euro dürfte der TV-Film kosten.

Geht es nach Regisseur Hans Steinbichler, wird "Landauer" (so der Arbeitstitel) kein Historien-Fußballfilm wie das "Wunder von Bern", sondern ein Drama. Steinbichler: "Es ist auch ein Film über Antisemitismus und die Frage, wie man mit gelerntem Antisemitismus umgeht, wenn er offiziell vorbei ist."

Besetzt hat Steinbichler die Landauer-Rolle mit Josef Bierbichler. Ein Ur-Bayer, der einen Ur-Bayern spielt, der auch Jude war. Ginge es nach Steinbichler, hieße der Film einfach "Der Bayer".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort