Von dem Preis können Deutsche nur träumen Amerikaner stöhnen über Benzin - 85 Pfennig

Fort Worth (dpa). Die durch billiges Benzin verwöhnten Amerikaner stöhnen über die jüngsten Preissteigerungen. Zwar kostet ein Liter Normalbenzin umgerechnet mit durchschnittlich etwa 85 Pfennig immer noch weniger als die Hälfte in Deutschland. Doch für die US-Fahrer ist das schmerzhaft, denn vor einem Jahr waren es durchschnittlich nur 50 Pfennige.

Die Wogen der Erregung schwappen bis Washington. Der Kongress befasste sich mehrfach mit dem Thema, auch der Präsident steht unter Druck. "Ich glaube nicht, dass es eine andere Frage gibt, mit der sich der Präsident öfter befasst", versicherte Bill Clintons Sprecher im Weißen Haus. Und der Druck wächst. Hunderte Lkw-Fahrer demonstrierten mit ihren riesigen Trucks in der US-Hauptstadt gegen die teureren Treibstoffpreise, die viele Fuhrunternehmer an den Rand des Ruin treibe.

Jetzt rächt sich, dass die Amerikaner in den vergangenen Jahren immer mehr große "Benzinfresser" gekauft haben. Hatten die kleinen kompakten Wagen 1990 noch einen Anteil von 27 Prozent am nationalen Wagenpark, so waren es 1990 nur noch 13 Prozent. Der Prozentsatz der mittleren Fahrzeuge sank von 74 auf 68. Auch jetzt gibt es noch keine Anzeichen für eine grundlegende Trendwende. Es werden mehr Trucks und Geländewagen neu zugelassen als Pkw. Viele dieser Riesenfahrzeuge haben Motoren mit sechs und acht Zylindern und schlucken 20 Liter und mehr Treibstoff auf 100 Kilometer.

Die Hersteller überbieten sich mit "Elefanten", darunter schweren Familien-Vans auf Lkw-Chassis mit mächtigen Motoren, drei Sitzreihen und Laderaum. Da diese Autos in den USA vergleichsweise preiswert sind - im Bundesstaat Texas gibt es einen Halbtonner für umgerechnet nur 24 000 Mark - sind sie bei Familien begehrt. Ein typisches Beispiel ist die Texanerin Allison Adams aus Fort Worth. Solange die Kinder zu Hause seien, werde sie ihren Groß-Van fahren - "ganz gleich, wie hoch der Benzinpreis steigt."

Weit beliebter noch als diese Vans sind jetzt die SUV's (Sports Utility Vehicles), die Geländewagen aller Hersteller. 1990 hatten sie einen Anteil von sechs Prozent an allen zugelassenen Autos, im vergangenen Jahr waren es nach Angaben des Automobilverbandes AAA 19 Prozent. Sogar die Produzenten klassischer Luxuslimousinen bieten inzwischen schwere Vans oder SUV's an. Auch Trucks werden schwerer, ihre Kabinen länger und die Motoren stärker.

Angesichts der Rekordpreise für Rohöl rechnen Marktexperten nicht damit, dass die Benzinpreise an der Tankstelle bald sinken werden. Das ist eine schlechte Prognose für die vielen Millionen, die aus Mangel an öffentlichen Verkehrsmitteln auf das Auto angewiesen sind. Ende Mai beginnt außerdem der drei Monate lange Feriensommer, in dem die Mehrzahl der Bevölkerung traditionell per Auto unterwegs ist. Den Automobilisten stehen also schwere Zeiten ins Haus, denn im Sommer zogen die Preise wegen der steigenden Nachfrage bisher auch ohne Beteiligung der Ölexportländer an.

Inflationsbereinigt zahlen die Amerikaner heute allerdings trotz allen Klagens weniger als etwa im Jahr 1981, als der Benzinpreis ein Rekordhoch erreichte, und weniger als während des Golfkriegs 1991. Während sich Güter und Dienstleistungen in den vergangenen 15 Jahren nach Medienberichten um 60 Prozent verteuerten, blieb der Benzinpreis fast unverändert.

(RPO Archiv)
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