London Ärger um Neuauflage von Band-Aid-Song

London · Mehrere Stars vermuten hinter Bob Geldofs Spendensong "Do They Know It's Christmas?" eine PR-Masche.

Diese Nachricht müsste Bob Geldof und seine vielen prominenten Mitstreiter eigentlich freuen: Die Neuauflage von "Do They Know It's Christmas?" ist in den offiziellen deutschen Single-Charts auf Platz zwei eingestiegen. In Großbritannien steht der Weihnachtshit bereits an der Spitze der Charts. Er ist laut britischen Medien das sich am schnellsten verkaufende Lied des Jahres. Die neue Fassung des Band-Aid-Klassikers zugunsten von Ebola-Kranken in Afrika hat bereits Millionen eingespielt. Allein durch Vorbestellungen hatte Initiator Bob Geldof eine Million Pfund für den guten Zweck gesammelt.

Doch genau darüber entzündet sich jetzt ein Streit - und der überlagert die Freude über den Erfolg des Projekts: Geht es Geldof wirklich um die gute Sache, oder handelt es sich nicht vielmehr um eine geschickte PR-Aktion? Das jedenfalls unterstellen Geldof inzwischen mehrere Musiker, darunter Lily Allen (29). Die britische Sängerin entschied sich gegen eine Teilnahme an dem Projekt, zu dem Geldof sie per E-Mail eingeladen habe. "Ich tue lieber meinen Teil, indem ich selbst Geld spende, anstatt mit Leuten wie diesen in einen Topf geworfen zu werden", sagte sie. Es handele sich um einen "Erfolgsclub", zu dem sie sich nicht zugehörig fühle. Das Projekt werde sehr stark vermarktet und wirke auf sie "selbstgefällig".

Auch die britische Sängerin Adele war auf Nachfragen von Geldof nicht eingegangen - rund 100 Mal soll er sie angerufen haben - und musste sich daraufhin öffentliche Anschuldigungen des Musikers gefallen lassen. Während in Afrika Menschen sterben, weigere Adele sich ans Telefon zu gehen, sie tue einfach gar nichts, lästerte Geldof. Wie sich später herausstellte, hatte Adele, die sich eine musikalische Pause gönnt, einen größeren Betrag zugunsten der Ebola-Kranken gespendet - ohne darüber ein Wort zu verlieren. Ob Geldof selbst für den Kampf gegen die Ebola-Epidemie spendete, ist nicht bekannt. Eine Kolumnistin der britischen Zeitung "The Telegraph" nannte Adeles Entscheidung nachvollziehbar: "Warum spenden bei Charity-Projekten Prominente ihre Zeit, aber Geld spenden, das soll der Rest von uns."

Andere Stars mahnen den teils problematischen Text des Songs an. Darin werde Afrika in einem negativen Licht dargestellt und Stereotypen transportiert, kritisiert unter anderem Emeli Sandé. Sie ist eine von drei farbigen Musikern, die dem Benefiz-Song ihre Stimme liehen. Die Britin mit sambischen Wurzeln stört sich beispielsweise an Zeilen wie "wo ein Kuss der Liebe dich töten kann" und "wo der Tod in jeder Träne lauert". Die 27-Jährige hätte sich Änderungen gewünscht, die aber nicht berücksichtigt worden seien, schrieb die Sängerin bei Twitter und entschuldigte sich bei ihren Fans. Generell aber stehe sie hinter dem Projekt: "Abgesehen von meiner Meinung zum Text, habe ich keinen Zweifel in meinem Kopf oder meinem Herzen, dass dieses Projekt aus puren und respektvollen Absichten entstanden ist. Sir Geldof hat das klargestellt (...). Ich habe selten einen Mann mit solch einer Leidenschaft und Aufrichtigkeit sprechen hören." Andere Musiker hatten wegen der umstrittenen Lyrics ihre Teilnahme von vorneherein abgelehnt, etwa der Rapper Fuse ODG.

Geldof sieht die Kritik offenbar gelassen. Das sei alles "Bullshit", sagte der 63-Jährige, der vor 30 Jahren das Projekt Band Aid gegründet hatte, das zu seinem Lebenswerk geworden ist. Geldof wirbt damit, den Song, der bei iTunes für 1,29 Euro angeboten wird (1,03 Euro davon werden gespendet), mehrmals herunterzuladen, um damit eine möglichst große Spendensumme zu generieren. "Wir müssen 300 Prozent mehr verkaufen als 1984, um ähnliche Umsätze zu erzielen", sagte der Initiator des Projekts. In den 80ern waren acht Millionen Pfund für den Kampf gegen den Hunger in Afrika eingenommen worden.

(RP)
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