Prinz Charles feiert Geburtstag Der Schattenkönig wird 70

London · Zwar hat Prinz Charles mittlerweile viele Pflichtaufgaben von der Queen übernommen. Aber nun ist er 70 Jahre alt – und immer noch ein Regent im Wartestand.

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King Charles III. - ein Leben in Bildern

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Foto: dpa/Aaron Chown

Andere Menschen in seinem Alter haben es sich schon im Ruhestand bequem gemacht. Für ihn kommt der Job seines Lebens erst noch: Charles Philip Arthur George Windsor, der britische Thronfolger, feiert am Mittwoch  seinen 70. Geburtstag. Er dürfte, wenn er dereinst die Queen beerbt, der am besten ausgebildete Monarch aller Zeiten sein. Der älteste König bei Amtsantritt wird er auf jeden Fall.

Es gab einmal eine Zeit, da stand in Frage, ob er tatsächlich den Thron besteigen wird. Spekulationen schossen ins Kraut, dass Charles zugunsten seines beliebten Sohnes Prinz William verzichten sollte. Charles hatte mit Kritikern zu kämpfen, die ihm sein Geburtsrecht absprechen wollen. Der Mann, der als 63. König der britischen Monarchie herrschen wird, wurde gerne als Lachnummer porträtiert: Man wollte nicht hinnehmen, dass er seine Jugendfreundin Camilla Parker-Bowles seiner Ehefrau Prinzessin Diana vorgezogen hatte.

Mittlerweile sind solche umstürzlerischen Gedankenspiele seltener geworden. Im April dieses Jahres hat die Queen deutlich signalisiert, wen sie als ihren Nachfolger sehen will, als sie bestätigte, dass Charles nach ihrem Ableben als Oberhaupt des Staatenverbundes Commonwealth übernehmen wird. Die 92-Jährige nimmt langsam Abschied von ihren Dienstpflichten, hat Auslandsreisen aufgegeben und lässt Charles an ihrer Stelle repräsentieren. „Reibungslos, diskret und von vielen unbemerkt“, konstatiert der Royal-Experte Robert Jobson, „findet eine Übergabe der königlichen Macht genau vor unseren Augen statt.“ Der Thronfolger sei schon jetzt der „Schattenkönig“, weil er den Hauptteil der Arbeit eines Monarchen übernehme.

Als König will sich der 69-Jährige nicht in die Politik einmischen. Das sagte Charles bei einem BBC-Interview anlässlich seines Geburtstags, das am Donnerstagabend ausgestrahlt wurde. In der Vergangenheit hatte er sich immer wieder für Umweltthemen eingesetzt und seine Meinung in Sachen Architektur zum Besten gegeben. Auf die Frage, ob er sich nach seiner Krönung weiter öffentlich für bestimmte Zwecke einsetzen werde, sagte er: „So dumm bin ich nicht.“ Monarch zu sein, sei etwas völlig anderes als Thronfolger.

Tatsächlich ist die Arbeitslast des 70-Jährigen in den vergangenen Jahren aber schon deutlich gewachsen. 14-Stunden-Tage sind üblich, rund 600 offizielle Termine im Jahr nimmt Charles wahr. Da die Queen nicht mehr außer Landes reist, sind die Überseetouren des Thronfolgers jetzt de facto Staatsbesuche. Man habe mittlerweile, urteilt Jobson, eine arbeitsteilige Monarchie, bei dem der Erbe die Richtung für das Haus Windsor angebe. Abdanken wird die Queen allerdings nicht. Ihr Throneid ist ihr heilig. Andererseits gibt es Spekulationen, ob nicht das Regentschaftsgesetz angewendet werden sollte, das zuletzt 1810 während der Herrschaft von George III. in Kraft trat. Vertraute von Elizabeth II. geben zu verstehen, dass die Queen in drei Jahren, wenn sie 95 Jahre alt ist, die Macht übergeben werde, indem sie zwar offiziell noch Königin bleibt, aber ihren ältesten Sohn zum Regenten ernennt und ihm die Amtsgeschäfte überträgt.

Damit wäre Charles in der Position angelangt, auf die er sich ein Leben lang vorbereitet hat. Schon seine Erziehung bedeutete einen Bruch mit der Tradition. Charles wurde nicht von privaten Hauslehrern sondern im Eliteinternat Gordonstoun aufgezogen. Als erster „Royal“ besuchte er eine Universität, bevor er sich seine Offiziersschnüre bei der Königlichen Luftwaffe und Marine verdiente. Er hatte seinen eigenen Kopf. Früh dachte er über Themen wie Umweltschutz, menschenwürdige Architektur und Hilfe für soziale Randgruppen nach.

Vor seiner Begegnung mit Diana Spencer erschien der Prinz den Briten als ein eher linkischer Junggeselle, der immer noch bei seinen Eltern wohnt. Die Heirat mit Lady Di katapultierte Charles dann in die Position eines Märchenprinzen, der dazu verdammt war, all die Hoffnungen zu erfüllen, die eine gläubige Verehrerschaft in das Eheglück des Traumpaares hineinprojiziert hatte. Das konnte nicht gutgehen, die Ehe wurde ein Desaster. Nach seiner Scheidung von Diana war das Ansehen des Prinzen an einem Tiefpunkt angelangt. Die Wende kam erst nach dem Tod von Lady Di. Die Popularitätswerte des Thronfolgers kletterten, weil er als fürsorglicher Vater gesehen wurde, der seine beiden Söhne William und Harry über den Verlust der Mutter hinweghalf. Im Jahr 2005 konnte Charles zu guter Letzt die Frau ehelichen, in die er verliebt war, seit er Camilla 1970 auf einem Poloturnier traf.

Nach der Hochzeit versöhnten sich die Briten mit ihnen. Man hat akzeptiert, dass Camilla ihren Platz an der Seite des Thronfolgers gefunden hat. Camillas Strategie ist genau das Gegenteil von dem, was Diana tat: Sie hält sich im Hintergrund, erträgt stoisch alle Pflichten und unterstützt ihren Mann, wo sie kann. Das nimmt man beifällig zur Kenntnis. „Es ist außerordentlich“, urteilte Judy Wade vom „Hello“-Magazin, „wie gut sie sich für einen Neuling gehalten hat. Und sie macht den Prinzen viel umgänglicher.“ Auch James Whitaker, altgedienter Hofreporter des „Daily Mirror“, meint: „Als Brite bin ich daran interessiert, einmal einen zufriedenen und glücklichen König zu haben. Und das hat Camilla geschafft.“

Charles hält engen Kontakt zur Politik. Er arbeitete hinter den Kulissen daran, dass es in Großbritannien nicht zum Anbau von Gen-Mais kam, und hat der alternativen Medizin den Boden bereitet. Schon vor 40 Jahren, so bemerkte Charles kürzlich in einem Interview mit „Vanity Fair“, habe er gegen die Verschmutzung der Welt durch Plastik gewarnt, aber damals sei er „als altmodisch und weltfremd“ abgetan worden. Jetzt, so scheint es, hat die Welt aufgeholt. Mit seinen 70 Jahren ist der Prinz zeitgemäßer denn je.

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