Britisches Königshaus Royals wollen gegen Hitlergruß-Video vorgehen

London · Im Buckingham Palace denkt man offenbar darüber nach, gegen das von der britischen Boulevardzeitung "Sun" veröffentliche Video vorzugehen, das die Queen in ihren jungen Jahren beim Ausführen des Hitlergrußes zeigt. Die Suche nach der undichten Stelle im eigenen Haus läuft auf Hochtouren.

Der Buckingham-Palast erwägt rechtliche Schritte gegen die Veröffentlichung eines Videos, das Queen Elizabeth II. als Kind beim Hitlergruß zeigt. Der Königliche Haushalt habe bereits eine Untersuchung dazu in die Wege geleitet, wie der 17 Sekunden lange Schwarz-Weiß-Film aus den 1930er Jahren in die Hände der "Sun" gekommen sei, berichtete die Nachrichtenagentur PA. Die britische Boulevardzeitung hatte das Dokument am Wochenende online gestellt. Der Palast bestreitet nicht, dass es authentisch ist.

Die "Sunday Times" zitierte eine Palastquelle, derzufolge auch die Frage des Copyrights geprüft werde. Wenn der Vater der Queen, später König George VI., gefilmt habe, lägen die Rechte bei Elizabeth II. (89) als seiner Nachfahrin. Möglich sei aber auch, dass das Filmmaterial zum Nachlass ihres Onkels Edwards gehört habe. Den habe der Unternehmer Mohamed Al Fayed gekauft und später versteigern lassen. "Die zweite Frage ist, ob irgendeine kriminelle Aktivität im Spiel war", zitiert die "Sunday Times" den Palast-Insider.

Palast zeigt sich enttäuscht

Das Video zeigt die etwa sieben Jahre alte Elizabeth und ihre kleine Schwester Margaret gut gelaunt im Garten mit ihrer Mutter und ihrem Onkel, dem späteren König Edward VIII.. Sowohl Prinzessin Elizabeth als auch die beiden Erwachsenen strecken den rechten Arm zum Gruß.

Offiziell hatte der Palast mitgeteilt, es sei "enttäuschend", dass der offensichtlich private Film "beschafft und auf diese Weise ausgeschlachtet wurde". Die "Sun" betont, auf legitimem Wege an das Material gekommen zu sein. Das Video sei von "großem kulturellen, historischen und allgemeinen Interesse", sagte der leitende "Sun"-Redakteur Stig Abell dem Sender Sky News. Die Veröffentlichung ziele nicht darauf ab, der Queen oder dem Ruf ihrer Schwester (1930-2002) oder Mutter (1900-2002) zu schaden.

Medienminister hat Verständnis

Großbritanniens Minister für Medien zeigte Verständnis für den Ärger der Royals. Er könne "in diesem bestimmten Fall" nachvollziehen, warum der Palast aufgebracht sei, sagte John Whittingdale der BBC. Es liege aber im Ermessen der Presse zu entscheiden, was veröffentlicht werden solle. "Sie haben entschieden, dass es da eindeutig ein öffentliches Interesse gab, und die britische Öffentlichkeit wird entscheiden, ob sie Recht hatten oder nicht."

Das Video soll 1933 oder 1934 auf dem königlichen Landsitz Balmoral in Schottland entstanden sein. Dass Edward, der 1936 für nur 325 Tage König war und dann abdankte, vom Faschismus fasziniert war, sehen viele Historiker längst als bewiesen an. Ein Foto aus dem Jahr 1937 zeigt ihn mit seiner Frau bei einem Besuch bei Adolf Hitler.

Biograf nimmt King Edward in Schutz

Königshaus-Biograf Hugo Vickers nahm Edward am Wochenende in Schutz: Er habe mit seinem Besuch bei dem deutschen Diktator zwar seine Familie und die Briten vor den Kopf gestoßen, aber die Absicht gehabt, einen weiteren Krieg zu verhindern. Die Mutter der Queen habe die Nazis gehasst und die Deutschen noch abgelehnt, als die Briten sich nach dem Krieg längst wieder mit ihnen versöhnt hätten, sagte Vickers der BBC.

"Das Material schadet der königlichen Familie natürlich", sagte dagegen Graham Smith von der antimonarchistischen Gruppe Republic. Die Royals hätten stets ein "Märchen-Image" gepflegt, das über einen fragwürdigen familiären Hintergrund hinwegtäusche. Ein Verdacht, die Queen habe selbst mit den Nazis sympathisiert, lasse sich aus dem Video aber nicht ableiten, da sie ein Kind gewesen sei.

Zahlreiche Kommentatoren riefen dazu auf, das Video im historischen Kontext zu sehen. In den frühen 30er Jahren habe niemand den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg kommen sehen, schrieb der Historiker und Journalist Tim Stanley im "Telegraph". Andere hoben hervor, dass es damals durchaus üblich gewesen sei, sich über Hitler und die Nazis lustig zu machen und erinnerten an den Film "Der große Diktator" von Komiker Charlie Chaplin. Historiker kritisierten aber auch, dass der Palast seine Archive aus den 30er Jahren verschlossen halte und kaum Forschung über diese Zeit zulasse.

(dpa)
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