Thronjubiläum Elizabeth II. trägt seit 60 Jahren Englands Krone

London · Für einen Platz in der ersten Reihe haben die Menschen vor 60 Jahren zwei Nächte lang auf der Straße geschlafen – aus nächster Nähe wollten sie einen Blick auf ihre junge Königin werfen: In einer goldenen Kutsche fuhr sie durch Londons Straßen, sie trug einen Hermelinmantel und die "Imperial-State"-Krone, besetzt mit mehr als 3000 Edelsteinen.

London feiert 60 Jahre Queen Elizabeth II.
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London feiert 60 Jahre Queen Elizabeth II.

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Für einen Platz in der ersten Reihe haben die Menschen vor 60 Jahren zwei Nächte lang auf der Straße geschlafen — aus nächster Nähe wollten sie einen Blick auf ihre junge Königin werfen: In einer goldenen Kutsche fuhr sie durch Londons Straßen, sie trug einen Hermelinmantel und die "Imperial-State"-Krone, besetzt mit mehr als 3000 Edelsteinen.

Rund 1000 Gäste wohnten am 2. Juni 1953 in der Westminster Abbey der Zeremonie bei. Sie wurde live von der BBC übertragen, es war das erste große TV-Ereignis des Jahrhunderts. Rund 27 Millionen, mehr als die Hälfte der Briten, verfolgten, wie die 27-jährige Elizabeth in Begleitung ihres Mannes Prinz Philip und ihres vierjährigen Sohnes Charles gekrönt wurde. Beim anschließenden Essen gab es für die Staatsgäste kaltes Hühnchen in einer Currysauce an Reissalat mit Erbsen und Kräutern. Dieses Rezept ist als "Krönungs-Hühnchen" in die britische Küche eingegangen.

Im Jahr vor der festlichen Krönung war König George VI., Elizabeths Vater, gestorben. Seine älteste Tochter wurde noch an seinem Todestag im Februar 1952 zur Nachfolgerin proklamiert. Deshalb gab es auch im vergangenen Jahr die großen Feierlichkeiten zu ihrem diamantenen Thronjubiläum. Das 60. Krönungsjubiläum fällt bescheidener aus: Mit einem Gottesdienst wird in Westminster Abbey daran erinnert. Die Queen, Prinz Philip sowie weitere Teilnehmer der Königlichen Familie werden dazu am Dienstag erwartet.

Die Familie Windsor, wie sie sich heute nennt, hat Wurzeln in Deutschland, im Haus Sachsen-Coburg. Es hat sich durch ehrgeizige Politik in viele europäische Königshäuser eingeheiratet. Den Anfang machte Prinzessin Juliane, die 1796 Konstantin, den Enkel Katharinas der Großen, heiratete. Ihr Bruder Leopold vermählte sich 1816 mit der britischen Thronfolgerin Charlotte. Über die Ehe spotteten Karikaturisten: "Lieber ein deutscher Ehemann als gar kein Ehemann." Charlotte starb nach einer Totgeburt. Die britische Krone war damit für Leopold unerreichbar, aber er bahnte weitere Ehen an: Seine Schwester Victoire heiratete einen Bruder des britischen Königs, den Herzog von Kent. Als Belgien die Unabhängigkeit von den Niederlanden erklärte, wurde Leopold als geeignet befunden und 1831 "König der Belgier".

Die Sachsen-Coburger hatten einen Vorteil: Die Prinzen und Prinzessinnen boten einen adäquaten Stammbaum und waren politisch jedoch so unbedeutend, dass eine Vermählung mit ihnen das Gleichgewicht in Europa nicht störte.

Leopolds Nichte, Victoires Tochter Victoria, wurde mit 18 Jahren 1837 britische Königin. Die Ur-Ur-Großmutter von Elizabeth II. heiratete 1840 ihren Cousin Albert, ebenfalls Mitglied des Hauses Sachsen-Coburg. Auch ihre Familie weiß die Institution Ehe geschickt zu nutzen: Es gibt Verbindungen zu den Königshäusern von Deutschland, Norwegen, Russland, Jugoslawien, Rumänien, Schweden sowie Spanien. Die Königin wurde dank dieser Politik "Großmutter Europas" genannt. Mit Victorias Tod 1901 endete auch die Herrschaft des Hauses Hannover in Großbritannien. Von nun an stellten derer von "Sachsen-Coburg and Gotha" die Könige.

Im Ersten Weltkrieg wurde allerdings der Druck auf die britische Königsfamilie zu groß — die deutschen Wurzeln und die Verwandtschaft zum Kaiser in Berlin ließen die Popularität schwinden. Also entschied man sich für Windsor, wo seit nahezu 1000 Jahren das königliche Schloss steht. William der Eroberer hatte dort als Erster ab 1078 eine Holzburg errichtet — einen englischeren Namen gab es kaum zu wählen.

Solche Winkelzüge hat die heutige Königin nicht nötig. Sie ist beliebter denn je. Das Staatsoberhaupt von 16 Ländern hat die damals in sie gesetzten Hoffnungen des Volkes nicht enttäuscht. In den 61 Jahren ihrer Regentschaft machte sie selten schwere Fehler — wie 1997, als sie nicht um Schwiegertochter Diana trauerte. Sie war aber immer klug genug, ihr Tun zu korrigieren.

Die Queen erreicht mittlerweile Umfragewerte, von denen Politiker auf der Insel nur träumen können. Sie ist der stabilisierende Faktor der Monarchie: So gilt es etwa im Commonwealth-Staat Australien, in dem die Regierung das britische Königshaus als Staatsoberhaupt abschaffen will, als ausgemacht, dass eine Änderung nicht vor Elizabeths Ableben erfolgen soll.

Die Queen hat ihren Platz in den Geschichtsbüchern im Blick: Königin Victoria regierte mit 63 Jahren und sieben Monaten länger als jeder andere britische Monarch vor ihr. Sehr weit entfernt ist ihre Ur-Ur-Enkelin von dieser Marke nicht mehr.

(csi)
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