Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. Die weltweite Königin

London · Queen Elisabeth II. feiert am Sonntag den 60. Jahrestag ihrer Thronbesteigung. In den 16 Staaten des Commonwealth gehört die 86-Jährige für mehrere Generationen fest zum Leben.

Elizabeth II.: Ein Leben für das Königreich
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Die Queen wird vom Buckingham-Palast den winzigen Lichtfunken im Ozean nicht sehen können. Doch das stört Ian Lavarello nicht. Punkt 22 Uhr nach Greenwich am Sonntag will der 42-jährige Telefontechniker einen erloschenen Vulkan auf der Insel Tristan da Cunha erklimmen und in 2000 Meter Höhe ein Signalfeuer zu Ehren von Elizabeth II. anzünden, so wie es zur gleichen Zeit seine Landsleute in Brighton, Liverpool und Edinburgh tun werden.

Lavarello ist der siebte "Chief Islander" (Inselchef) des 98 Quadratkilometer großen Felsens im Südatlantik, dessen 275 Einwohner sich stolz "britisches Überseegebiet" nennen. "Wir freuen uns, das Diamantene Jubiläum der Königin auf der entlegensten besiedelten Insel der Welt feiern zu dürfen", sagt Lavarello. Er hat auf Tristan da Cunha die größte Party seit Monaten organisiert.

Auch auf der 2400 Kilometer entfernten britischen Insel St. Helena gibt es am Wochenende eine Parade und einen Jahrmarkt. Auf Barbados in der Karibik steigt eine 1,5 Kilometer lange Straßenparty mit Fish & Chips und englischem Ale. Dies ist vielleicht das größte Geschenk für die 86 Jahre alte Queen im Zenit ihrer langen Herrschaft: dass außer der 62 Millionen Briten auch Milliarden Menschen in der ganzen Welt den 60. Jahrestag ihrer Thronbesteigung begehen werden.

Der englische Historiker Robert Jobson nennt sie das "erste wahre World Wide Web". Als Oberhaupt von 16 Staaten im Commonwealth stehe die 1953 gekrönte Monarchin hinter einem einzigartigen Dialog von befreundeten Nationen, von dem ein Drittel der Weltbevölkerung profitiere, sagt der Experte. "Im Commonwealth können heute kleine Nationen wie Tuvalu auf gleicher Augenhöhe mit Industrieriesen wie Kanada reden. Darauf kann die Queen sehr stolz sein", erklärt Jobson.

Lange nach dem Zusammenbruch des Kolonialismus prägt die nach Victoria am zweitlängsten regierende englische Monarchin weiter die globale Politik des 21. Jahrhunderts mit. Das sichtbare Zeichen dafür werden mehr als 1000 Lichter sein, die am Sonntag in allen Commonwealth-Staaten brennen sollen — auch in solchen Staaten mit starken republikanischen Tendenzen wie Australien.

Laut Robert Jobson habe es Elizabeth II. geschafft, weltweit ein neues Interesse an der Monarchie zu entfachen. Das gilt auch für ihr eigenes Land, in dem laut den jüngsten Umfragen 67 Prozent der Bevölkerung die Queen und ihre Familie für "wichtig" halten. Wie der US-Präsident Barack Obama nennen viele Briten ihre Königin "das Beste an England".

Die "Traumhochzeit" von William und Kate 2011 hat die alte Faszination der Royals auf die Inselbewohner verstärkt und dem angestaubten Staatssystem der ehemaligen imperialen Weltmacht eine neue Legitimation verliehen. Die bodenständige und zugleich glamouröse junge Generation der Windsors verkörpert für die jüngeren Briten den "coolen" Wandel im Palast und dient als eine Brücke von den Tudors ins digitale Zeitalter.

Dagegen bleibt die Queen ein Symbol der Kontinuität und Beständigkeit. Und noch viel mehr. Die achtfache Großmutter ist ein wichtiges "Multizweckinstrument" der Briten in einer sich schnell verändernden Welt. Für den bekannten BBC-Kommentator und Historiker Andrew Marr ist die Queen eine "Trumpfkarte" im Ausland, ein Türöffner für lukrative Geschäfte, eine Ikone der Wohltätigkeit und ein Tourismus-Magnet.

Keiner außer Elizabeth II. besitze die nötige Autorität, um den Papst im Königreich zu begrüßen oder bei einem "historischen" Besuch in Irland die Aussöhnung mit dem Nachbarland zu vollenden, schreibt Marr in seinem Buch "The Diamond Queen". "Sie steht für den Staat, und sie ist der Staat": Denn ein Land, das keine schriftliche Verfassung kenne, brauche weiter die Queen, die als Einzige ihre Regierung einsetzen und an Gedenk- und Feiertagen ihre Armee und ihre Kirche ehren könne, urteilt der Journalist.

Laut Palastquellen studiert sie täglich nach dem Frühstück die offiziellen Dokumente, die in den roten Köfferchen aus der Downing Street zugestellt werden. Dort nennt man die Königin respektvoll "Leserin Nummer Eins". In den 60 Jahren auf dem Thron hat Elizabeth II. mehr als 3500 Gesetze unterzeichnet und zwölf verschiedene Premierminister beraten. Laut Marr sind die wöchentlichen Audienzen im Palast bei den Spitzenpolitikern sehr beliebt als eine Art "Gesprächstherapie", bei der sie vor einer aufmerksamen und unparteiischen Zuhörerin offen ihre Meinung zu allen wichtigen Fragen sagen können.

Die Queen gehört für mehrere Generationen der Briten fest zum Leben. Für die meisten Menschen auf der Insel war die muntere und robuste Königin mit dem nimmermüden Lächeln schon immer da. Das ist ein weiterer Grund, weshalb das Jubiläum so populär ist: Wenn die Briten heute die Monarchin bejubeln, dann feiern sie auch die Geschichte ihres Landes und ihre eigenen Familien.

Welches Erbe wird die Queen ihrem Land hinterlassen? Als Antwort auf diese Frage erinnert die Historikerin Lucy Worsley an eine Prophezeiung des ägyptischen Herrschers Farouk I. aus dem 20. Jahrhundert: "Es wird nur fünf Könige in der Welt geben — die vier Könige in einem Kartenstapel und den König von England." Elizabeth II. habe vieles getan, damit sie in Erfüllung gehe, sagt die Expertin. "Ihr größter Verdienst ist es, die modernisierte Monarchie durch alle Krisen sicher gesteuert und den sanften Übergang zu einer neuen Generation der Windsors gesichert zu haben."

(RP/csr)
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