Fotos Vorbilder aus NRW - mit gutem Beispiel voran
Vorbilder zu haben ist keinesfalls antiquiert. Es gibt unglaublich viele Menschen, die sich für eine gute Sache einsetzen. Einige von ihnen stellen wir vor.
Rainer Bonk, der Blauschäfer
Seit mehr als 20 Jahren erobern die Polyester-Kunstharz-Schafe von Rainer Bonk in eindrücklichem Yves-Klein-Blau die Welt. Bei rund 180 Ausstellungen haben seine Herden schon gegrast. Kunst gehört in den öffentlichen Raum – diese Idee treibt den 75-Jährigen aus Rheinberg um. Kunst, die eine einfache Botschaft beinhalten soll. „Toleranz, ein friedliches Miteinander, das möchte ich mit meinen Figuren symbolisch darstellen“, sagt Bonk, den man nie ohne seine knallrote Plätschkappe sieht. Seit der Landesgartenschau in Kamp-Lintfort vor einem Jahr sind Bonks Schafe nicht mehr die einzige Attraktion. Jetzt gibt es auch blaue Erdmännchen. Blaumännchen sozusagen.
Peter Langbehn, der Unermüdliche
Zuletzt waren es 675 Kartons, gefüllt mit Lebensmitteln, Schokolade und Windeln. Hinzu kamen Waschmaschinen und Trockner, Fahrräder, Rollatoren und Rollstühle. Was auf einen 40-Tonner halt so passt. Seit mehr als 20 Jahren organisiert Peter Langbehn aus Mettmann Hilfstransporte nach Lettland. Der 81-Jährige ruckelte mit Freiwilligen ein Klavier aus dem Obergeschoss eines Einfamilienhauses. Und trug Holzbänke aus der evangelischen Kirche an der Freiheitsstraße in ein lettisches Gotteshaus, wo sie auf ausrangierten Kinostühlen beteten. In dem Land mit zwei Millionen Einwohnern gilt jeder dritte als arm. Peter Langbehn sagt: „Es macht Freude, anderen zu helfen.“ Und plant den nächsten Transport.
Guido Lohmann, der Macher
Wenn es um die gute Sache geht, setzt sich Guido Lohmann aus Moers auch mit über 50 auf ein Bobbycar und liefert sich ein Rennen mit Politikern. Es geht um Spaß und Spenden: „Bewegen hilft“ sammelt für Tafeln und Selbsthilfegruppen am Niederrhein. Lohmann hat die Aktion 2013 ins Leben gerufen. Mehrere Wochen im Jahr ist er dafür von morgens bis abends auf den Beinen. Unermüdlich. Lohmann ist in Bönen groß geworden, im Ruhrgebiet. „Du bist unter Tage auf deine Kumpel angewiesen. Alleine geht es nicht", hat ihm sein Opa einmal gesagt. Danach lebt frühere Postbank-Vorstand, der seit 2008 die Volksbank Niederrhein leitet.
Bernhard Schmidt, der Mahner
Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Widerstand in Moers bewegt Bernhard Schmidt Zeit seines Lebens. Als Begründer des Vereins „Erinnern für die Zukunft“ hat sich der Literaturwissenschaftler die Aufarbeitung der NS-Geschichte zur Aufgabe gemacht. Zusammen mit seinen Mitstreitern sammelte er in den vergangenen 35 Jahren mehr als 20.000 Dokumente und Fotografien und führte 300 Interviews mit Zeitzeugen. Als Vorsitzender des Vereins „Erinnern für die Zukunft“ ermöglichte er Begegnungen mit ehemaligen Zwangsarbeitern, initiierte Hilfsaktionen für NS-Opfer und engagiert sich weiterhin für die Erinnerungskultur in Form von Gedenktagen und Stolpersteinen.
Stephan Pusch, der Streitbare
Nirgendwo in Deutschland schlug die Pandemie zu Beginn so heftig zu wie im Kreis Heinsberg – und Landrat Stephan Pusch bewies sich als Krisenmanager. Gegen Widerstand ließ er früh die Schulen schließen. Mit ruhiger, aber klarer Linie wies er den Weg. Seinen Kreis verteidigte der 52-Jährige gegen Stigmatisierung und wurde mit 80 Prozent wiedergewählt. Pusch gilt als „Stimme des Volkes“ – auch weil er die Bundesregierung wegen der Impfstoffbeschaffung kritisierte und meinte, „jeder Landwirt im Kreis Heinsberg“ hätte bessere Verträge ausgehandelt. Viele Bürger sehen ihn für Höheres berufen, Pusch, seit Oktober Träger des Bundesverdienstkreuzes, sieht seine Zukunft aber weiter „an der Basis“, wie er so gerne sagt.
Özlem Türeci, die Erfinderin
Sie ist gerade die wichtigste Frau der Welt: Ohne Özlem Türeci gebe es den Biontech-Impfstoff nicht, der die Pandemie beenden kann. Mit ihrem Mann Ugur Sahin hat sie das Mainzer Unternehmen gegründet, sie ist die Forscherin hinter der revolutionären Technologie. Biontech war am schnellsten und hat den Impfstoff, der gegen viele Mutanten wirkt. Türeci wurde 1967 als Tochter eines türkischen Chirurgen geboren und lebte zunächst in Istanbul. Als sie vier Jahre alt war, zog die Familie nach Niedersachsen. Sie studierte Medizin und ging in die Forschung. Doch die komme nicht schnell genug am Krankenbett an, fand die Frau. Mit ihrem Mann gründete sie zwei Unternehmen und sorgte dafür, dass aus kühnen Ideen konkrete Hilfe wurde.
Julia Niggemann, die Konstruktive
Im Juli 2019 wurde Julia Niggemann, damals 48 Jahre, Geschäftsführerin der Stiftung Museum Schloss Moyland. Zuvor hatte die künstlerische Direktorin Bettina Paust das Handtuch geworfen, Moylands Vorstand und Kuratorium waren zerstritten. Niggemann ging die Probleme an, trieb Fördergelder auf, stieß die Organisationsuntersuchung an. Heute steht die Stiftung geeint wie lange nicht da, die Organisationsuntersuchung bescheinigt ihr: Das Museum mit Beuys-Sammlung, Park und Schloss, Beuys-Archiv und Veranstaltungen/Events werden die vier Säulen für die Zukunft sein. Die ersten Stellen dafür sind ausgeschrieben, bis 2022 soll auch die Stelle der künstlerischen Leitung wiederbesetzt werden.
Dilek Gürsoy, die Pionierin
Allein unter Männern - Eine Herzchirurgin kämpft sich durch: Die Unterzeile, die Dilek Gürsoy (44) für ihr erstes Buch gewählt hat, sagt schon eine Menge aus über die Frau, die 2012 als erste in Europa ein künstliches Herz transplantierte. Für die kleine Dilek stand fest, dass sie Ärztin werden wollte. Dieses Ziel verfolgte sie hartnäckig, machte Abitur am Quirinus-Gymnasium, schrieb sich 1997 an der Universität Düsseldorf ein, schloss 2003 das Studium ab. Die Kardiologie wurde ihr Fach und sie eine Forscherin und Fürsprecherin für die Gründung einer (ersten) Klinik für künstliche Herzchirurgie. In einer reinen Männerdomäne setzte sie sich mit Kompetenz durch.
Cagdas Yüksel, der Erzähler
Er redet mit Flüchtlingen, nicht über sie. Er lässt Gastarbeiter der ersten Generation berichten. Er liebt die ruhige Einstellung und das langsame Erzählen, dabei kommt er aus der digitalen Klick-Generation. Cagdas Yüksel findet den richtigen Pack-an. Sein Anspruch: gesellschaftspolitisch relevant sein und unterhalten. Bis jetzt ist das dem 26-Jährigen gut gelungen: Seine ehrenamtliche Arbeit an Schulen mit dem Dokumentarfilm „Asyland“ wurde 2018 für den Deutschen Integrationspreis nominiert. Seine Filmproduktionsfirma Cocktailfilms wurde 2019 mit dem Kreativwirtschaftspreis der Bundesregierung ausgezeichnet und Yüksel damit offiziell als einer der kreativsten Unternehmer Deutschlands gekürt.
Roland Schüren, der Solarpionier
Roland Schüren redet nicht über Klimaschutz und Nachhaltigkeit, er lebt beides. Der 54-Jährige Biobäcker betreibt seine Zentral-Backstube nahezu klimaneutral. Der Fuhrpark wird von Erdgas oder Strom angetrieben. Vor der Unternehmenszentrale in Hilden stehen große Carports, deren Dachflächen Solarkollektoren tragen. Dieser zeitweise größte öffentliche Ladepark für Elektroautos in Deutschland war in klein das, was aktuell nahe am Hildener Autobahnkreuz entwickelt wird. Zusammen mit Tesla und Fastned baut Roland Schüren dort den größten Elektroladepark Europas; 18 Millionen Euro fließen in diese Investition. Als Direktkandidat der Grünen will Schüren Ende September den Einzug in den Bundestag schaffen.
Robin Wolff, der Geschenkbote
Als Neunjähriger begann er, Schuhkartons zu sammeln. Der Grundschüler hatte seine Mutter dazu bewegt, in Hückeswagen eine Annahmestation für die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ zu eröffnen. Mittlerweile ist er 17 und macht sein Abitur. Doch ehrenamtlich engagiert für diese Aktion hat sich Robin Wolff in all den Jahren seit 2012 – und will das auch weiterhin tun. Während für andere Jugendliche in der Vorweihnachtszeit das neueste Smartphone im Vordergrund steht, hat Wolff Kinder in ärmeren Ländern der Welt im Blick. Ihnen mit gefüllten Päckchen eine Freude zu bereiten, macht ihn froh. „Ich möchte ihnen das positive Gefühl geben, dass da jemand ist, der an sie denkt“, sagt er.
Nicolai Müller, der Talentförderer
„Man muss Menschen mögen“, lautet das Motto von Nicolai Müller. Der 41-jährige Straelener ist von Beruf Steuerberater, aber noch größer ist sein Ehrgeiz, das Potenzial von Menschen zu heben. Darüber hat er zahlreiche Gastbeiträge geschrieben, zum Beispiel im Buch „Apropos Werte“ der Wertekommission. Das eine ist das Schreiben, das andere das Tun. Mit einem Teil der Belegschaft ging es auf den Kilimandscharo. „Kein Teambuilding-Experiment“, betont Müller, sondern die Möglichkeit für jeden, die eigenen Grenzen auszuloten und zu verschieben. Als Vorstand hat er die Stiftung „Du bist wertvoll“ ins Leben gerufen. 400 Kinder profitierten bereits im ersten Jahr davon, sich kreativ auf den Weg machen zu dürfen.