Historische Titelseiten So sah die RP-Titelseite zum Baustart der Berliner Mauer 1961 aus

Berlin · Vor 60 Jahren sorgte eine Nacht-und-Nebel-Aktion für ein böses Erwachen in Berlin. Am 13. August 1961 wurde mit dem Bau der Berliner Mauer die letzte freie Verbindung zwischen den beiden Teilen Deutschlands und damit der „Eiserne Vorhang“ endgültig geschlossen. Ein Rückblick.

 Die Titelseite der Rheinischen Post vom 14. August 1961 (Archivfoto).

Die Titelseite der Rheinischen Post vom 14. August 1961 (Archivfoto).

Foto: Rheinische Post

Eigentlich war zu dem Vorgang alles gesagt. Am 15. Juni 1961 trat DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht vor die Presse und Kostenpflichtiger Inhalt dementierte Gerüchte, wonach Ost-Berlin die Grenzen in der Stadt schließen wolle. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, wiegelte Ulbricht ab. Knapp zwei Monate später schuf das SED-Regime Tatsachen. Mit der „Operation Rose“ machten Ulbricht und Co. vor 60 Jahren, am 13. August, das letzte Schlupfloch dicht, durch das vor allem die Werktätigen des Arbeiter- und Bauernstaates in Scharen zum sogenannten kapitalistischen Klassenfeind in den Westen überliefen, zuletzt bis zu 2000 Personen an einem Tag.

Um 0 Uhr wurde die gesamte Nationale Volksarmee in „Erhöhte Gefechtsbereitschaft“ versetzt. 3.150 Soldaten setzten sich in Ost-Berlin mit Kampfpanzern und Schützenpanzerwagen in Richtung Stadtmitte in Bewegung. 4.200 Mann aus Potsdam marschierten an den Außenring um West-Berlin. Mehr als 10.000 Volkspolizisten erhielten den Befehl, Stacheldrahtverhaue entlang der Sektorengrenze zu ziehen.

Historische Bilder vom Mauerbau in Berlin
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Historische Bilder vom Bau und Fall der Berliner Mauer

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Foto: dpa

Kurze Zeit später verbreitete die DDR-Nachrichtenagentur ADN Erklärungen der Warschauer-Pakt-Staaten sowie des DDR-Ministerrats, wonach die Grenzen nur noch mit besonderer Genehmigung passiert werden konnten. Die Ost-Berliner Bevölkerung wurde durch Rundfunk und Flugblätter über die Abriegelung informiert. Fassungslos standen sich auf beiden Seiten der Sektorengrenze die Menschen gegenüber.

Was dort in der geteilten Stadt passiert war, sprengte alle Vorstellungskraft und erschütterte die ganze Welt. Die Rheinische Post widmete dem unfassbaren Ereignis am Tag darauf fast die gesamte Titelseite. Auf einem Foto war zu sehen, wie Volksarmisten eine Straße mit Betonklötzen sperrten. Ostberlin glich einem Heerlager, wie Augenzeugen unserer Redaktion damals berichteten.

Zur größten Menschenansammlung kam es am Brandenburger Tor. Zwischenzeitlich demonstrierten dort 10.000 Menschen gegen die Willkür des Ulbricht-Regimes. Nur etwa 30 Menschen aus Ostberlin gelang am Sonntagnachmittag die Flucht über die abgeriegelte Sektorgrenze.

75 Jahre Rheinische Post - Historische Titelseiten
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75 Jahre Rheinische Post

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Foto: Krebs Andreas / Repro/Krebs, Andreas (kan)

Noch am 13. August kündigte Bundeskanzler Konrad Adenauer „Westliche Gegenmaßnahmen“ an und rief zur Besonnenheit auf. Die Hoffnung war groß, gemeinsam mit den Alliierten etwas an der Abriegelung ändern zu können. Die US-Regierung zeigte sich von der Schließung der Sektorgrenze nicht überrascht - kritisierte aber die Verletzung des Viermächteabkommens.

Mauerbau:  Berlin - Impressionen vor dem Mauerbau und heute
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Mauerbau in Berlin - historische Orte früher und heute

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Foto: dpa/Jörg Carstensen

Die nachfolgenden Stunden und Tage waren geprägt durch hektische aber letzten Endes ergebnislose diplomatische Betriebsamkeit - und dramatische Szenen in der nun tatsächlich geteilten Stadt. Rund 150 Ostdeutsche schwammen in den ersten Tagen nach dem 13. August durch den Teltow-Kanal in den Westen der Stadt. Ein Foto des 19-jährigen Volkspolizisten Conrad Schumann, der am 15. August 1961 die bereits errichteten Barrikaden überwand, ging als „Sprung in die Freiheit“ um die Welt.

Am 24. August dann die erste Tragödie: Günter Litfin wird bei dem Versuch, die Spree schwimmend zu durchqueren, von DDR-Polizisten erschossen. Er ist der erste von mindestens 140 Menschen, die an der Mauer ihr Leben verlieren. Der „antifaschistische Schutzwall“ hält bis zu der von den Menschen in der DDR herbeigeführten Wende 1989 dicht.

Das Ende besiegelte abermals eine Pressekonferenz. Am 9. November verkündete der Sprecher des SED-Politbüros, Günter Schabowski, die Reisefreiheit für alle Bürger des Landes. Auf die Frage, wann denn die Regelung in Kraft treten solle, stammelte der in seinen Unterlagen blätternde Schabowski die legendären Worte: „Das tritt... nach meiner Kenntnis ist das sofort... unverzüglich.“

Nun gab es kein Halten mehr. Die Massen pilgerten zum ehemaligen Todesstreifen, Menschen tanzten auf der Mauer, „Mauerspechte“ lösten Stücke aus dem Beton. Geblieben sind einige wenige Reste. Und Erinnerungsorte wie die Kapelle der Versöhnung an der Bernauer Straße, ein ebenso schlichter wie berührender Kirchenbau, in dem regelmäßig der Mauertoten gedacht wird.

(ahar/kna/epd)
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