Historische Titelseiten Papst Franziskus - der „Papst der Armen“

Düsseldorf · Wäre alles seinen Weg gegangen, säße Jorge Mario Bergoglio aktuell wohl nicht als 266. Pontifex im Vatikan. Vor acht Jahren, am 13. März 2013, wird der Argentinier zu Papst Franziskus I. Zum 75. Jubiläum der Rheinischen Post werfen wir einen genaueren Blick auf die Umstände und seine Person.

 Die Titelseite der Rheinischen Post vom 14. März 2013.

Die Titelseite der Rheinischen Post vom 14. März 2013.

Foto: Rheinische Post

Acht Jahre lang ist Benedikt XVI. der oberste Hirte der katholischen Kirche. Der erste deutsche Papst seit 1523 – und der zweite Papst, der nicht durch sein Ableben, sondern freiwillig aus dem Amt scheidet. Der als Joseph Aloisius Ratzinger im bayerischen Marktl geborene Katholik gibt seinen Entschluss am 11. Februar 2013 bekannt: Er tritt aus Altersgründen zurück, nachdem er „zu der Gewissheit gelangt“ ist, dass er nicht mehr „in angemessener Weise den Petrusdienst ausüben“ könne. Bis heute lebt Benedikt XVI. als emeritierter Papst im Vatikan und ist deutlich vom Alter gezeichnet.

Nur zwei Wochen später gibt es einen Nachfolger. Das Konklave beginnt am 12. März, nach fünf Wahlgängen steht das Ergebnis fest: Der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio erhält eine Zweidrittelmehrheit der wahlberechtigten 115 Kardinäle. Acht Jahre zuvor, bei der Wahl Benedikts XVI. ist Bergoglio ebenfalls im Rennen, unterliegt seinem deutschen Kollegen jedoch in mehreren Wahlgängen. Zum Zeitpunkt der Wahl ist er 76 Jahre alt.

Traditionell steigt weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle auf, um 20.13 Uhr wird mit dem Worten „Habemus Papam“ die Verkündigung des Wahlausgangs angekündigt. Kurz darauf erscheint Papst Franziskus I. auf dem Balkon des Petersdoms und beginnt seine kurze Rede mit einem schlichten „Liebe Schwestern und Brüder, guten Abend“, ehe er den apostolischen Segen „Urbi et Orbi“ spendet. Doch nicht nur die Umstände sind bei dieser Papstwahl besonders, auch die Person, auf die diese gefallen ist. Wie Franziskus selbst es ausdrückt: „Die Kardinäle haben einen Papst vom anderen Ende der Welt geholt.“ Er ist der erste Pontifex aus Lateinamerika, der erste seit Gregor III. (731 bis 741 Papst syrischer Herkunft), der nicht in Europa geboren wurde. Zudem gehört Franziskus dem Orden der Jesuiten an – deren Vertreter noch nie den Papst stellten. In den vorangegangenen 167 Jahren war keiner der erwählten Bischöfe Roms Ordensangehöriger gewesen. Diese Besonderheiten sollen auch im Inneren weitergehen. Für viele ist der Argentinier ein Reformpapst, auf dem hohe Erwartungen lasten. Nach außen hin macht Franziskus durch seinen Namen auf seine Mission aufmerksam. Dieser ist angelehnt an Franz von Assisi, Ordensgründer der Franziskaner, der in freiwilliger Armut lebte und die Gleichheit der Schöpfung Gottes predigte. In seiner Amtseinführungsrede betont Papst Franziskus seine Solidarität mit den Armen und sein Bestreben, die Schöpfung zu wahren.

Doch auch mit seinem Auftreten wirkt der neue Bischof von Rom anders als seine Vorgänger, er gibt sich bescheiden und kehrt damit manch pontifikalem Luxus den Rücken. Statt im päpstlichen Appartement lebt Franziskus im Gästehaus Santa Marta, trägt schwarze statt roter Schuhe und zeigt sich in der Öffentlichkeit in einer schlichten weißen Soutane. Das Kreuz um seinen Hals ist weiterhin aus Eisen statt aus Edelmetall und auch andere Luxus-Insignien lehnt er ab. Er zeigt sich demütig, bittet um den Segen und die Gebete der Gläubigen direkt zu Beginn seines Pontifikats. Er, der „Papst der Armen“ genannt wird, macht durch sein Handeln und vor allem sein Verhalten gegenüber den Gläubigen deutlich, dass dies nicht nur leere Worte sind. Franziskus setzt sich für Arme und Obdachlose ein, zeigt Nähe zu den Gläubigen, auch zu Kranken oder Behinderten. Im Vergleich zu seinem Vorgänger, der eher ein ruhiger, theologisch versierter Theoretiker ist, fällt der Argentinier mit seiner herzlichen, offenen Art auf, neigt zu Scherzen und freut sich darüber, mit anderen Menschen zu lachen – ein Papst zum Anfassen, der vor viel Nähe nicht zurückschreckt.

Dabei öffnet er sich und die Kirche auch – wenngleich Franziskus in vielerlei Hinsicht die konservative Haltung seiner Vorgänger beibehält – Atheisten und Kirchenfernen gegenüber, er sucht die Ökumene und den Dialog mit anderen Weltreligionen. Für viele Hardliner ist seine Haltung gegenüber Homosexuellen oder Geschiedenen ein Affront – auch wenn es hier keine Reformen in dem Sinne gibt, so sagt Franziskus 2020 über die Homo-Ehe: „Sie sind Kinder Gottes und haben das Recht auf eine Familie. Niemand sollte wegen seiner sexuellen Veranlagung ausgeschlossen oder unglücklich werden.“ Dies sagte der Papst in einem Ausschnitt einer Dokumentation – was manche Stimmen bezweifeln und aus dem Zusammenhang gerissen sehen. Dennoch, bereits in vergangenen Jahren zeigt sich Franziskus zumindest offener als andere Päpste hinsichtlich dieser Thematik, vor allem in zivilen Bereichen.

Dennoch hält er daran fest, dass das Priestertum ausschließlich Männern vorbehalten sei, dies stünde auch nicht zur Diskussion. Gleiches gelte für das Zölibat, das weiterhin bestehen bleiben soll. Es sei nicht tragbar, dass Priester ein Doppelleben führen. Abtreibungen steht der Papst prinzipiell ablehnend gegenüber, und er äußert sich gegen Verhütungsmittel – außer zur Eindämmung von Pandemien wie etwa HIV.

Papst Franziskus nimmt in seiner bisherigen Amtszeit immer wieder klar zu weltlichen Problemen Stellung. Er sieht im Klimawandel eine enorme Bedrohung und findet hierzu immer wieder deutliche Worte. 2019 ruft er den globalen „Klimanotstand“ aus und befasst sich bereits in seiner Enzyklika „Laudatio si“ umfassend mit dem Umwelt- und Klimaschutz. Zudem äußert er sich kritisch gegenüber Lobbyismus, Kapitalismus und freier Marktwirtschaft, wie sie aktuell praktiziert wird – denn diese führe zu Ungerechtigkeit und Armut.

Franziskus, der Reformer, derjenige, der auf so manche Tradition, Pomp und Prunk verzichtet – seine Kirche hat auch massive Probleme: Vatileaks noch unter Benedikt XVI., Vetternwirtschaft, Korruption, Geldwäsche, sexueller Missbrauch in der Kirche, der Austritt vieler Gläubiger, um nur einige Punkte zu nennen. Mit dem Argentinier, ohne Beachtung seines fortgeschrittenen Alters, sollte auch frischer Wind in den Vatikan Einzug halten. Hinsichtlich der Seelsorge mag dies gelungen sein und auch die Reform der Vatikanbank wird als Erfolg Franziskus‘ gewertet – wenngleich einer, der sich über lange Jahre hinzog. 2019 schafft der Papst die Möglichkeit der Geheimhaltung von sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche ab – doch das Thema schlägt weiterhin hohe Wellen und führt, wie jüngst der Missbrauchsskandal im Erzbistum Köln, zu einer hohen Zahl an Kirchenaustritten, insbesondere in NRW.

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