500 Jahre altes Buch entdeckt

Salt Lake City (dapd) Der US-amerikanische Buchhändler Ken Sanders hat es oft mit vermeintlichen Raritäten zu tun, die Leute von Dachböden, aus Kellern und Gartenlauben hervorkramen. Schließlich arbeitet er als Schätzer für die Sendung "Antiques Roadshow" des Fernsehsenders PBS, einem Format bei dem Teilnehmer ihre mitgebrachten Antiquitäten prüfen lassen können. Dort hat er gelernt, die Kunden behutsam über die Wertlosigkeit ihrer Schätze aufzuklären.

Doch als der Experte nun auf einer Auktion für wohltätige Zwecke des Museums der Kleinstadt Sandy im US-Bundesstaat Utah aushalf, erlebte er die Überraschung seines Lebens. "Am späten Nachmittag setzte sich ein Mann zu mir und sagte, er habe ein sehr, sehr altes Buch, von dem er denke, es könne etwas wert sein", sagt Ken Sanders. "Ich dachte nur: ,Ja genau, das habe ich schon oft gehört'."

Tatsächlich kramte der vor ihm sitzende Mann aus einer Plastiktüte eine zerfledderte, in Teilen erhaltenes Exemplar der "Schedelschen Weltchronik" auf Deutsch aus Nürnberg hervor. Das anno 1493 von Anton Koberger gedruckte und veröffentlichte Buch ist die Geschichte der Welt von biblischen Zeiten bis zum Mittelalter. Es ist nach Einschätzung des Experten eines der ältesten gedruckten und illustrierten Bücher.

"Ich war absolut verblüfft," sagt der amerikanische Buchhändler. "Wir bekommen hier eine Menge seltener Mormonen-Bücher und andere Schätze zu Gesicht, aber man erwartet nicht, ein mehr als 500 Jahre altes Buch vorgelegt zu bekommen." Sanders berichtet, das Buch sei dem Mann von seinem Großonkel vermacht worden und sei seither auf dem Dachboden verstaubt. Weil damals auf Papier auf Baumwollbasis gedruckt wurde, nicht auf Papier aus Holzzellstoff, seien die verbliebenen Seiten des Buches relativ gut erhalten.

Der Fachmann ist sich sicher, dass das Buch echt ist. "Ich glaube nicht, dass es einen Fälscher gibt, der so ambitioniert ist, in Handarbeit ein mehr als 500 Jahre altes Buch so gut zu fälschen, dass Leute darauf reinfallen." Allerdings ist das Buch kein unaussprechliches Vermögen wert. Es wird davon ausgegangen, dass weltweit noch mehrere hundert Exemplare im Umlauf sind, zudem fehlen zwei Drittel der Seiten des vorliegenden Exemplars. Es ist nicht der Gegenwert, der das Buch besonders macht, sagt Sanders. Die Möglichkeit zu haben, etwas in Händen zu halten, das von den Anfängen des gedruckten Wortes rührt, sei aufregend.

Der Antiquitätenhändler John Windle aus San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien schätzt, wäre das Buch in intaktem Zustand, könnte es bis zu einer Million Dollar einbringen. Ein Exemplar sei bei einer Auktion in London für 850 000 Dollar (etwa 580 000 Euro) verkauft worden. Trotz des schlechten Zustandes dürfte das im kleinen Sandy aufgetauchte dennoch geschätzte 50 000 Dollar (etwa 35 000 Euro)) wert sein.

(AP)
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