Obdachlose frieren 300 Millionen Euro Erdbebenschäden in Italien

Campobasso/Rom (rpo). Das schwere Erdbeben in Italien mit 29 Toten hat möglicherweise wesentlich höhere Schäden verursacht als bislang angenommen. So bezifferte der Präsident der am schwersten betroffenen Region Molise, Angelo Michele, die Zerstörungen auf 250 bis 300 Millionen Euro.

Das wären "fünf bis sechs Mal" die von der Regierung versprochenen Hilfen. "Alle öffentlichen Gebäude müssen gemäß den Normen für Erdbebensicherheit gebaut werden", sagte er am Montag. Nur so sei es möglich, künftige Katastrophen zu vermeiden.

Die Obdachlosen in der Krisenregion leiden unterdessen unter Kälte und Regen. In den Zelten sei es empfindlich kühl geworden, die Temperatur zeitweise bis auf zehn Grad gesunken, berichtete das italienische Fernsehen. In den meisten der betroffenen Gemeinden blieben am Montag die Schulen geschlossen. Innenminister Giuseppe Pisanu bezifferte die Zahl Obdachlosen im Parlament auf über 6000. Die Regierung hatte eine 50-Millionen-Euro-Hilfe in Aussicht gestellt.

Eine 60 Jahre alte Frau, die bei dem Beben obdachlos geworden war, starb in einer der Zeltstädte. Sie sei erst vor kurzem operiert worden; ihr Gesundheitszustand habe sich durch die Ängste nach dem Beben verschlechtert. Zwei Kinder, die unter den Trümmern der Dorfschule von San Giuliano di Puglia schwer verletzt geborgen worden waren, befänden sich noch immer in einem kritischen Gesundheitszustand.

Zugleich begann am Montag das große Aufräumen in den Erdbebengebieten. Experten prüften, ob beschädigte Gebäude noch bewohnbar sind, repariert werden können oder abgerissen werden müssen. In der Provinzhauptstadt Campobasso blieben daher die kommunalen Ämter und Büros geschlossen. Pisanu sagte rasche Hilfen zu. "Wir werden nicht vergessen. Die Regierung wird ihren Teil beitragen, den Leitragenden eine Zukunft zu geben."

Die Krisenregion um Campobasso rund 200 Kilometer südöstlich von Rom wurde auch am Montag von weiteren Nachbeben erschüttert. Eines hatte die Stärke 4,2 auf der Richterskala und war deutlich zu spüren.

Nach einer Bilanz des italienischen Zivilschutzes wurden von dem Beben 30 Gemeinden um Campobasso getroffen. Das ganze Ausmaß der Schäden sei noch nicht absehbar. Man habe mehr als 8000 Feldbetten aufgestellt, die meisten in Zelten. Ministerpräsident Silvio Berlusconi versprach, für die Odbachlosen sollten innerhalb von zwei Jahren neue Wohnungen gebaut werden.

In der am schwersten getroffenen Ortschaft San Giuliano di Puglia soll der Schulunterricht vorerst in Zelten stattfinden. Der Zivilschutz bringe Schulbänke in das Dorf, in dem vergangene Woche 26 Kinder umgekommen waren. Die Ermittlungen der Justiz wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung gingen weiter.

Die Staatsanwalt vermutet, dass das Schulgebäude nicht erbebensicher gebaut war. Besonders ein vor einem Jahr errichteter Aufbau auf dem Dach könnte die Sicherheit beeinträchtigt haben. Allerdings warnten Rechtsexperten, die Ermittlungen würden lange dauern und sehr kompliziert werden.

(RPO Archiv)
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