Leiche bleibt weiter verschwunden 24-Jähriger gesteht Mord an Peggy

Hof (rpo). Der Mord an der neunjährigen Peggy hielt im vergangenen Jahr ganz Deutschland in Atem. Jetzt hat ein 24-jähriger Mann ein Geständnis abgelegt, die Leiche des Mädchens ist allerdings weiterhin nicht gefunden worden.

Wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstag in Hof mitteilten, verging sich der Lichtenberger am 3. Mai 2001 sexuell an der Schülerin und tötete sie am 7. Mai 2001 aus Angst vor der Entdeckung seiner Tat.

Der 24-Jährige befindet sich wegen Sexualdelikten an Kindern aus Lichtenberg, unter anderem auch an Peggy, seit September 2001 in der Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses Bayreuth. Er gilt als geistig behindert. Sein Geständnis hat er nach Polizeiangaben im Gespräch mit einem Psychiater zurückgenommen. Der Gutachter komme jedoch zu dem Ergebnis, dass das Geständnis mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Fantasie, sondern in einem Erlebnis begründet sei, berichtete die Polizei.

Es werden viele Fragezeichen bleiben hinter dem Verschwinden der kleinen Peggy aus dem oberfränkischen Lichtenberg. Am Dienstag präsentierte die Sonderkommission in Hof den Tatverdächtigen, der den Mord an der seit dem 7. Mai 2001 vermissten Neunjährigen gestanden hat: ein 24-jähriger geistig Minderbemittelter aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Opfers. Damit ist der Fall aber noch längst nicht klar.

So will der Leitende Oberstaatsanwalt Ernst Tschanett Anklage gegen den Mann erheben, obwohl nicht ein einziges objektives Indiz für dessen Tatversion vorliegt. Tschanett spricht von einem "dringenden Tatverdacht", der einen Prozess wegen Verdeckungsmordes rechtfertige. Einziges Problem: Der Mann hat sein Geständnis gegenüber einem psychiatrischen Gutachter widerrufen. Der Sachverständige glaubt dennoch an eine schlüssige Schilderung der Tat.

Täter war wegen sexuellen Missbrauchs bekannt

Unangenehme Fragen musste sich vor allem Soko-Chef Wolfgang Geier anhören: Der jetzt Beschuldigte war bereits kurz nach Peggys Verschwinden ins Visier der Ermittler geraten und saß seit September 2001 wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern in der psychiatrischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses Bayreuth. Kurz vor seiner Einweisung hatte er auch ein Sexualvergehen an Peggy Knobloch gestanden. An einen Zusammenhang mit dem Verschwinden des Kindes glaubte die Polizei zu der Zeit allerdings nicht. "Sein Alibi ist lückenlos", hieß es noch im Januar.

Doch nachdem vom Bayerischen Innenministerium die zeitweise 75-köpfige Sonderkommission neu besetzt worden war, wurden doch Zweifel daran laut. Vor allem ein Zeuge wurde jetzt interessant: Er wollte den Beschuldigten am 7. Mai genau dort gesehen haben, wo auch Peggy zum letzten Mal auffiel - auf dem Lichtenberger Henri-Marteau-Platz, nur wenige Meter von Peggys Wohnhaus entfernt. Minute für Minute rekonstruierte die Polizei danach, was wirklich geschehen sein könnte an jenem diesigen Mai-Tag.

Vater um Hilfe beim Beseitigen der Leiche gebeten

Peggy soll auf dem Nachhauseweg gewesen sein, als sie zwischen 13.14 Uhr und 13.20 Uhr mit dem 24-Jährigen zusammentraf. Aus Schreck, ihrem Peiniger zu begegnen, der sie erst vier Tage zuvor sexuell missbraucht haben soll, flüchtete das Kind ins unwegsame Waldgebiet unterhalb des Lichtenberger Burgberges.

Erst am Treppenaufgang zum Plateau auf dem Burgberg, wo die Eltern des Tatverdächtigen ein Lokal gepachtet haben, soll der Mann sie dann zu fassen bekommen haben. "Sie hat geschrien, ihm gedroht, alles ihren Eltern zu sagen", rekonstruierte Geier den Tatablauf: "Da hat er ihr Mund und Nase zugehalten, bis sie sich nicht mehr rührte." Danach soll er zu seinem Vater gelaufen sein, um ihn um Hilfe beim Beseitigen der Leiche zu bitten.

"Der Vater war seine Bezugsperson, er war im Gegensatz zu seinem Sohn mobil - und am Burgberg haben wir trotz mehrfacher Suchaktionen keine Spuren mehr gefunden", sagte Geier. Was für die These spreche, dass der mutmaßliche Mörder Hilfe gehabt haben muss. Zudem habe der Vater für den fraglichen Zeitraum kein Alibi.

Der bereits mehrmals vernommene Vater bestreitet die Tat. Nicht nur deshalb sind die Ermittlungen mit der Überführung eines mutmaßlichen Täters noch lange nicht abgeschlossen. 20 nicht angezeigte Fälle von sexuellem Missbrauch von fünf- bis zehnjährigen Jungen und Mädchen zwischen 1996 und 2001 haben die Beamten zu Tage gebracht, bereits im Jahr 2000 hatte er sich wegen exhibitionistischer Handlungen selbst angezeigt. Warum gegen den Mann dennoch nicht ermittelt wurde, muss die Soko nicht zuletzt der Mutter von Peggy erklären. Die hatte schon im Januar in einem Gespräch mit der "Welt am Sonntag" gefragt: "Was wäre, wenn man ihn schon damals aus dem Verkehr gezogen hätte? Könnte Peggy dann noch bei uns sein?"

(RPO Archiv)
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