100 Arbeiter bergen "Costa Concordia"

Giglio In diesen Tagen hat die Bergung der havarierten "Costa Concordia" vor der Insel Giglio begonnen. Sie hat wenig zu tun mit der sterilen Aktion, die die Spezial-Firmen Titan Salvage und Micoperi angekündigt haben. Es wird gesägt und geschraubt. Das 290 Meter lange und 46 000 Tonnen schwere Schiff hat sich in eine Baustelle verwandelt. Der Mast wurde bereits abmontiert, die Radaranlagen ebenso. Am 13. Januar war das Schiff mit 4200 Passagieren vor der toskanischen Insel auf Grund gelaufen. 30 Menschen starben bei dem Unglück, zwei werden immer noch vermisst.

Seither liegt das Wrack wie ein gestrandeter Walfisch auf der Seite, nur wenige Hundert Meter vom Inselhafen entfernt. "Niemals wurde ein Schiff dieser Dimensionen in einer vergleichbaren Position abgeschleppt", sagte Gianni Onorato in Rom. Der Präsident der Schifffahrtsgesellschaft Costa Crociere, zu der auch die Costa Concordia gehört, nannte das Bergungsprojekt "zyklopisch". Zwölf Monate wird die Bergung dauern, mindestens 240 Millionen Euro kosten, die die Versicherungen der Costa Crociere tragen. Leer wiegt die Costa Concordia so viel wie 100 Flugzeuge vom Typ Boeing 747. 100 Arbeiter bereiten das Wrack schon auf den Abtransport vor, der wohl erst im kommenden Jahr beginnen kann.

Bis Ende August, solange das Meer wie meist im Sommer ruhig bleibt, wird die Costa Concordia gesichert. Die auf Schiffsbergungen spezialisierten Arbeiter der US-Firma Titan Salvage und der italienischen Micoperi bohren 60 Stahlträger in den küstennahen Meeresboden, um an ihnen das Wrack mit Stahlseilen zu befestigen. So soll verhindert werden, dass es weiter auf dem steilen Granitboden abrutscht. Meldungen darüber gab es seit Januar immer wieder. "Das Abrutschen würde eine Bergung unmöglich machen", sagte der Chef des italienischen Zivilschutzes, Franco Gabrielli. Dieses Szenario mag sich niemand ausmalen, das Wrack müsste in seine Einzelteile zerlegt werden. Die Folgen für die Natur wären unkalkulierbar.

Bereits jetzt werden Vorbereitungen getroffen, um eine Unterwasser-Plattform unter dem Rumpf des Schiffes zu errichten, auf der die Costa Concordia aufgerichtet wird. Für das Gleichgewicht während der Aufrichtung werden Stahlcontainer an den Rumpf geschweißt, die nach und nach mit Wasser gefüllt werden. Um das Schiff an die Oberfläche treiben zu lassen, wird das Wasser aus den Containern durch Luft ersetzt. So weit die Theorie.

In der Praxis gibt es vor allem die Fragen der Inselbevölkerung. Wird die Bergung des Wracks ohne Zwischenfälle und Schäden für die Natur vonstatten gehen? Was passiert, wenn sich das Wetter verschlechtert? Wird die Costa Concordia auf den Meeresgrund abrutschen? Werden die Arbeiten das Leben auf der Insel behindern? Wie die Bergung des Ozeanriesen tatsächlich abläuft, davon hängt auch die Existenz vieler Inselbewohner ab. Giglio hat keine andere Einnahmequelle als den Tourismus. Bei Costa Crociere weiß man, dass die Operation riskant ist. Zwischenfälle seien nicht ausgeschlossen, heißt es.

(RP)
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