Siegburg Zwei Jahre Haft für Tierquälerin

Siegburg · Weil sie ein Pony auf brutale Weise getötet hat, muss eine 20-Jährige ins Gefängnis. Es war nicht ihre erste Tat. Der Grund für ihre Vergehen blieb im Prozess unbeantwortet.

Ihr Blick ist starr auf die Tischplatte gerichtet, ihre Miene ausdruckslos. Natascha H. sagt kein Wort. Ihre zierliche Gestalt versinkt beinahe in ihrem großen blauen Pullover und den weiten Jeans. Die 20-Jährige wirkt jünger als sie ist, fast kindlich. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Frau im Frühjahr 2015 das Zirkuspony "Mario" getötet und zerstückelt haben soll.

Doch es ist so. Gleich zu Beginn der Verhandlung legt die 20-jährige Krefelderin, die zur Tatzeit in Troisdorf lebte, über ihre Verteidigerin ein Geständnis ab. Sie gibt zu, in der Nacht auf den 31. Mai 2015 auf einer Koppel in Troisdorf mehrere Strohballen und einen Holz-Unterstand angezündet und danach das Pony "Mario" entführt zu haben. Sie brachte das Tier in ein Waldstück, tötete es mit mehreren Messerstichen in Hals und Rumpf und schnitt ihm danach die Beine und den Kopf ab. Sie machte Fotos mit ihrem Handy und legte die Beine auf einer Holzbank im Wald und in der Nähe der Koppel ab. Dort wurden sie wenige Stunden später von Spaziergängern gefunden.

Wenige Tage nach der neuen Tat in Troisdorf kehrte H. dann zu der Koppel zurück und zündete einen zweiten Unterstand an. Danach schickte sie eine SMS mit den Worten "Auf Ihrer Weide brennt es" an die Besitzerin von Pony "Mario", die in dem Prozess als Nebenklägern auftritt. Weil sich diese SMS zurückverfolgen lässt und die Polizei zu H.s Handy führt, kann diese wenig später festgenommen werden.

Es war nicht das erste Mal, dass H. sich wegen Tierquälerei vor Gericht verantworten musste. Bereits 2014 wurde sie wegen der Tötung von zwei Schafen und einem Pony vom Krefelder Jugendgericht zu einer einjährigen Jugendstrafe mit zweijähriger Bewährung verurteilt. H. hatte damals angegeben, das Pony "Sindbad" 2013 getötet zu haben, weil es ihr leid getan habe, da es angebunden auf der Weide nicht frei habe herumlaufen können. Eine Auflage des Gerichts: Sie sollte sich in eine therapeutische Wohngruppe begeben, diese verließ sie aber mit ihrem Umzug nach Troisdorf.

Im neuen Prozess am Jugendschöffengericht in Siegburg will Richter Lars Hillert zwei zentrale Fragen klären: Warum tötete H. das Pony "Mario"? Und: Wo ist der abgetrennte Kopf des Tieres, der bis heute nicht gefunden werden konnte? Nur eine der beiden Fragen wird beantwortet: Den Ponykopf habe sie unmittelbar nach der Tat vergraben, und zwar in einem Waldstück in Troisdorf. Das lässt die junge Frau über ihre Verteidigerin erklären. Die Frage nach dem Verbleib des Kopfes muss vor allem für die Besitzerin von "Mario" quälend sein. Das jedenfalls geht aus mehreren ärztlichen Attesten hervor, die der Richter vorliest. Demnach leidet die Frau, die selbst nicht aussagen möchte, seit der Tat unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Panikstörung. In ihrem Schlusswort wird H. sich sogar persönlich an die Geschädigte wenden und sie für die Tat um Verzeihung bitten.

Natascha H. leidet unter einer "schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung", wie Richter Hillert in seiner Urteilsbegründung erklärt. Diese Erkrankung ist der Grund, warum H. nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wird. Sie muss zwei Jahre und vier Monate in Haft. "Wir halten die Angeklagte für schuldig, sie hat gestanden und die Beweise sind klar", sagt Hillert. Allerdings seien die Folgen der Tat, vor allem auch die psychischen Folgen für die Geschädigte, für H. aufgrund ihrer eigenen psychischen Erkrankung nicht absehbar gewesen. Das Gericht geht unter anderem davon aus, dass H. nicht klar war, welches Leid sie der Besitzerin von Pony "Mario" durch das grausame Töten des Tieres zufügen würde. "Die Angeklagte konnte zwar erkennen, dass man anderer Leute Tiere nicht töten darf", sagte Hillert. "Aber sie konnte entsprechend dieser Erkenntnis nicht handeln."

H. sei nur vermindert schuldfähig und nicht mit einer Erwachsenen gleichzustellen. Die Frage nach dem Motiv für ihre Taten, bleibt jedoch unbeantwortet, zumindest erfahren Prozessbeobachter die Antwort nicht. Ein Sachverständiger trägt sein psychologisches Gutachten unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor. Bekannt wird, dass die Polizei bei einer Durchsuchung in H.s Wohnung Tierkadaver und -köpfe fand, die teilweise präpariert waren. Unter ihrer Matratze lag der abgetrennte Kopf einer Möwe. Es sei ihr vor allem um die Köpfe gegangen, sagt der Richter.

(lsa)
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