Zirkustheater in spärlichem Licht

Der Franzose Etienne Saglio war mit seinem ersten abendfüllenden Solo "Le Soir des Monstres" beim Altstadtherbst zu Gast. Es war ein eher mäßiger Spuk der Monsterchen – die Dramaturgie knirschte an vielen Stellen.

Diese Aufführung war der Verkaufsrenner beim diesjährigen Altstadtherbstfestival, wie man erfahren konnte. Große Erwartungen also. Der 1984 geborene Franzose schuf "Le Soir des Monstres" 2009. "Der Abend der Ungeheuer", den er im Tanzhaus NRW zeigte, ist Theaterzirkus oder Zirkustheater, das Jonglage, Artistik und magisch erscheinende Effekte miteinander verbindet. Dazu wird die Bühne mal spärlich, mal sehr spärlich beleuchtet.

In einem nächtlichen Zimmer also, mit altem Sessel, Tischchen, Plattenspieler, herumliegendem und -hängendem Seil, zieht, faltet und knipst der schwarz gekleidete Saglio an einem Draht. Nach einer Weile jongliert er mit vier Drahtbällchen. Wie Sternschnuppen fliegen sie ihre Bögen, die immer höher wachsen. Das sieht schön aus und hört gar nicht mehr auf, so dass der Jongleur schließlich besessen und genervt wirkt. Dann schmeißt er hin. Er poltert überhaupt viel und eilt überspannt hin und her, man weiß nicht recht, warum.

Die Figur, die Saglio verkörpert, ist gereizt und brutal, sie stolpert wie ein armer Tollpatsch übers Seil, das ihn dann in die Höhe zieht; zwischendurch versinkt der Mann freudig im Spiel oder entdeckt auf einmal mit scheuem Blick das Publikum. Das passt alles nicht so recht zusammen. Saglio jongliert mit einer Styroporplatte, indem er sie mit den Händen in Bögen führt, sich dreht und dabei schließlich noch die Platte um einen Finger rotieren lässt. Dann zerstört er sie. Später flattern an Drähten befestigte Tüchlein um ihn herum wie brave Täubchen, die er im Flug noch anstößt. Sie enden im Schmetterlingsnetz, achtlos zu Boden gelegt.

Der Clou sind also die Dinge, die sich unerwartet von selbst bewegen. Ein liegendes Bällchen zuckt, der Mann stülpt ihm einen Minikäfig über. Eine Metallspirale hebt keck ihr Köpfchen; der Mann schleudert den Wurm zu Boden und hackt ihn in Stücke. "Aah", das Publikum seufzt. Das Wurm-Ende lebt weiter, und der Mann schnalzt, winkt und hüpft. Würmchen folgt, hüpft auch und wird trotzdem schließlich plattgemacht. Käfig drüber. Das alles soll wohl den Übergang vom Dressieren zum Beherrschtwerden zeigen, aber die Dramaturgie knirscht. Ein Kontrollfreak in einer düsteren, schlampigen Bude? Am Ende dirigiert er auch noch den Applaus.

(RP)
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