Düsseldorf Zimmer mit Bad für Schwersttäter

Düsseldorf · In Oberhausen ist die erste Einrichtung für hochgefährliche, rückfallgefährdete Straftäter fertiggestellt worden. In dem früheren Gefängnis sollen die ehemaligen Sicherungsverwahrten therapiert werden. Der Umbau zum Hochsicherheitstrakt kostete 1,2 Millionen Euro.

Das Zimmer ist mit rund 16 Quadratmetern etwa doppelt so groß wie eine Gefängniszelle. Neben dem Bett steht ein Nachtschränkchen, das Bad ist mit einer Holzwand abgetrennt. Noch sind die Wände kahl, aber schon bald werden hier neue Bewohner einziehen. Die Wohngemeinschaft ist die wohl am besten gesicherte WG in Nordrhein-Westfalen. In dem alten Gemäuer der früheren Justizvollzugsanstalt Oberhausen werden ab August hochgefährliche, rückfallgefährdete Ex-Häftlinge untergebracht.

"ThUG", steht auf einem Schild am Eingang der Einrichtung, die sich in unmittelbarer Nähe zum Oberhausener Hauptbahnhof befindet. Nur wenige Passanten dürften wissen, dass diese Abkürzung für "Therapiezentrum nach dem Therapieunterbringungsgesetz" steht. Ein Haus, dessen Bewohner bei vielen Menschen Angst auslösen. "Deshalb wurden höchste Sicherheitsstandards realisiert", sagt Klaus Lüder, Fachbereichsleiter beim Landschaftsverband Rheinland. Das Land hat dem LVR die Verantwortung für die Einrichtung übertragen.

Aus dem ehemaligen Gefängnis konnte bislang noch kein Gefangener entfliehen. Dennoch wurde die Mauerkrone des Innenhofs auf 5,5 Meter erhöht. Am Gebäude wurden Gitter aus Manganhartstahl angebracht, zwölf zusätzliche Kameras installiert. Die 40 Beschäftigten werden ein Alarmgerät am Gürtel tragen, mit der sie im Notfall Hilfe herbeiholen können. Der Umbau hat 1,2 Millionen Euro gekostet.

Der Hochsicherheitstrakt ist für drei Wohngruppen mit insgesamt 18 Bewohnern konzipiert. Bei den Haftentlassenen handelt es sich um Männer, die oft schon seit Jahrzehnten in Haft waren und wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit anschließend in Sicherungsverwahrung genommen wurden.

Ende 2009 kam es jedoch zu einer höchst umstrittenen Entlassungswelle. Ausgangspunkt war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Richter hatten die nach 2004 in Deutschland mögliche Praxis, die besondere Gefährlichkeit von Straftätern erst nach der Verurteilung festzustellen, für rechtswidrig erklärt. In der Folge mussten in NRW bisher 17 Personen auf freien Fuß gesetzt werden. Einige werden seitdem mit hohem Aufwand von der Polizei 24 Stunden am Tag überwacht.

Unter dem Druck der Öffentlichkeit, die Rückfälle von Sexualstraftätern befürchtete, brachte die Bundesregierung im Eiltempo das Therapieunterbringungsgesetz auf den Weg, das die erneute Einweisung der Entlassenen ermöglicht. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Täter an einer "psychischen Störung" leidet und die Unterbringung "zum Schutz der Allgemeinheit" notwendig ist.

Als erster Bewohner soll in Kürze der 63-jährige Helmut B. die Einrichtung in Oberhausen beziehen. Der Mann hatte nach mehreren Sexualdelikten im bayerischen Straubing eingesessen und wollte nach seiner Entlassung nach Düsseldorf ziehen. Vergangene Woche war er der erste Ex-Häftling, der nach dem Therapieunterbringungsgesetz wieder in Gewahrsam genommen wurde. Bis zur endgültigen Fertigstellung der ThUG Oberhausen wird er in einer Abteilung für psychisch kranke Straftäter in einer forensischen Einrichtung des LVR in Essen betreut. Ob der Ex-Häftling das Therapieangebot annimmt, bleibt abzuwarten.

Viele Ex-Häftlinge hatten sich nach eigenen Angaben bereits damit abgefunden, ihren Lebensabend im Gefängnis zu verbringen. Nun bleiben sie zwar hinter Gittern, doch das Gesamtkonzept soll sie positiv stimmen. Die Einrichtung in Oberhausen lässt Raum für soziale Kontakte. Zur Ausstattung der WGs gehört ein Gemeinschaftsraum und eine moderne Küche.

Spätestens Ende 2012 werden die Bewohner aber erneut umziehen müssen. Bis dahin soll ein Neubau fertiggestellt sein, der für Therapiezwecke geeigneter ist als der Altbau in Oberhausen. Wo die Einrichtung entsteht, hat die zuständige NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) noch nicht verkündet.

(RP)
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