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Düsseldorf "Wir sind gekommen, um zu arbeiten"

Düsseldorf · Christos Astrakas und Christos Saravanis haben ihr Medizinstudium in Griechenland beendet – und wollen in NRW endlich einen Job finden.

Für Christos Astrakas war gestern der wohl wichtigste Tag seiner beruflichen Zukunft: Der 27-jährige griechische Arzt nahm in Düsseldorf an einer Deutsch-Sprachprüfung teil, die erforderlich für eine Approbation in Deutschland ist. "Ich hoffe sehr, dass ich sie bestanden habe", sagt er. Denn erst mit dem Zertifikat in der Hand kann er sich auf eine Facharzt-Stelle an hiesigen Krankenhäusern bewerben. Seit August hat er sich im Goethe-Institut Düsseldorf auf die Prüfung vorbereitet. "Ich lerne seit einem Jahr Deutsch, weil ich mich gerne hier ausbilden lassen möchte", sagt er. In dem Kursus hat er seinen Landsmann Christos Saravanis (26) kennengelernt – ebenfalls Arzt, der in Deutschland Kardiologe werden möchte. Beide Männer haben exzellente Universitätsabschlüsse in ihrer Heimat gemacht, beide stammen aus Arzt-Familien. Für sie war klar: Wenn sie eine Chance haben wollen, müssen sie nach Deutschland kommen. "Wir sind gekommen, um zu arbeiten", sagt Astrakas.

Die beiden jungen Männer gehören zu den gut ausgebildeten Griechen, die ihrem Heimatland aufgrund der Euro-Krise den Rücken kehren und vermehrt nach Nordrhein-Westfalen auswandern. Die Arbeitslosigkeit in Griechenland ist auf einem Rekordhoch, junge Akademiker finden dort kaum noch eine Stelle. Auch aus Spanien, Italien und Portugal wandert der gut qualifizierte Nachwuchs nach Deutschland ab – in der Regel mit abgeschlossenem Studium. Das Statistische Bundesamt meldet in NRW im ersten Halbjahr bereits einen Anstieg der Zuwanderer um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wegen des Fachkräftemangels werden die Südeuropäer auch dringend benötigt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in NRW fehlt es in fast allen Branchen an qualifiziertem Nachwuchs. Besonders Ingenieure, Ärzte und Pflegepersonal werden dringend benötigt. Aber auch an Facharbeitern in der Industrie fehlt es.

Viele Zuwanderer, die nach NRW kommen, belegen vorher Sprachkurse in ihren Heimatländern. An den Goethe-Instituten in Spanien ist die Nachfrage nach Deutschkursen in den vergangenen zwei Jahren um 80 Prozent gestiegen. Auch am Goethe-Institut in Düsseldorf sind die Sprachkurse gefragt: "Wir beobachten seit Beginn der Euro-Krise eine deutliche Zunahme von Teilnehmern aus südeuropäischen Ländern", sagt Institutsleiter Stefan Brunner. Die beiden griechischen Ärzte seien ein gutes Beispiel für den typischen Kursteilnehmer. "Wir haben vor allem Ärzte, Ingenieure und IT-Spezialisten, die hier Deutsch lernen."

Dennoch klagen besonders Krankenhäuser über die mangelnden Sprachkenntnisse der Zuwanderer. So kritisiert der Verband der Krankenhausdirektoren, dass in manchen Kliniken kaum noch ein Arzt richtig Deutsch spreche. Die fachlichen Kenntnisse seien zwar oft recht gut, aber die Abläufe in deutschen Krankenhäusern könnten die Ausländer oft nicht nachvollziehen, sagt Verbandspräsident Josef Düllings. Die Deutschkenntnisse seien oft nicht ausreichend, worunter die Patienten zu leiden hätten, klagt er. Der Marburger Bund fordert, dass die ausländischen Mediziner ihre Deutschkenntnisse per Prüfung nachweisen müssen, ehe sie eingestellt werden.

Dabei müssen Ärzte längst eine bestimmte Sprachprüfung bestehen, damit sie ihre Approbation erhalten und sich bewerben können. Eben jene Prüfung, die Christos Astrakas gestern geschrieben hat. Auch sein Kollege Saravanis hat die sogenannte B2-Prüfung abgelegt – bereits in der Schule, als er Deutsch dort gelernt hat. "Im Moment frische ich meine Sprachkenntnisse auf und bewerbe mich bald um eine Stelle", sagt er.

Dass es am Anfang schwierig sein wird, als Nicht-Muttersprachler in einer deutschen Klinik zu arbeiten, wissen die beiden von Studienkollegen. "Aber die Chefärzte sind wohl sehr geduldig, und am Anfang macht man sowieso eine Hospitation, um die Arbeitsabläufe kennenzulernen", sagt Saravanis. Und Astrakas ergänzt: "Wenn man ein guter Arzt ist, dann überwindet man diese Schwierigkeiten schnell."

Ob sie in Deutschland bleiben werden oder eines Tages wieder nach Griechenland zurückkehren, können sie noch nicht abschätzen. "Wenn ich hier eine gute Stelle bekomme, würde ich gerne bleiben", sagt Astrakas. Er möchte HNO-Arzt oder Hautarzt werden. "Und wer weiß, wenn ich hier eine Freundin finde, will ich sowieso hier bleiben."

(RP)
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