Weihnachtsoratorium in der Johanneskirche

Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach gehört für viele zum Pflichprogramm einer besinnlichen Weihnachtszeit. Einige haben sogar die Partitur dabei und lesen mit, andere lassen ihren Kopf auf den Schultern des Partners ruhen.

Spätestens nach dem pompösen anfänglichen "Jauchzet, frohlocket" mit den berühmten Paukenschlägen können auch die Herzen der hartnäckigsten Skeptiker in der Johanneskirche erweicht werden: Gestützt von einer wunderbaren Akustik blüht der Eingangschor in den himmlischsten Farben auf, wie von selbst tragen sich Choräle, Rezitative und Arien durch das gewaltige Kirchenschiff – Weihnachten kann kommen.

Jürgen Schmeer dirigiert das monumentale Werk als Ganzes, der Figuralchor Düsseldorf und sein Bach-Collegium dienen ihm dabei als exzellente Partner: Warm und transparent ist der Klang des Orchesters, schwungvoll und atemberaubend präzise. Einige quietschende Ausrutscher der Hörner und vereinzelte Unsauberkeiten in der Trompetengruppe, die sonst über weite Strecken ihrem königlichen Anspruch gerecht wird, verzeiht man da gerne.

Festlich und ausgewogen mischt sich der klar deklamierende Chor mit dem Klang des Orchesters, nur zu Beginn verliert so manche Männerstimme die Übersicht im Dickicht der Melismen – kleinste Konfusionen bei den Tonfolgen auf nur einer Silbe.

Auch das schmälert den Gesamteindruck aber nicht. Während die Solistin Geesche Bauer (Sopran) strahlend über dem Orchester schwebt, wird Uta Christina Georg (Mezzosopran) trotz des herrlich geschmeidigen, dunklen Timbres ihrer Stimme teilweise vom Orchesterklang überschwemmt – nur in den tiefen Lagen verlieren ihre Töne etwas an Substanz.

Expressiv und elegant singt auch Bassist Rolf Schneider. Der größte Erfolg des Abends aber gelingt Tenor Clemens Bieber, der den erkrankten Lothar Odinius vertritt: Zutiefst beseelt und äußerst rein gestaltet er auch die höchsten Töne akribisch aus. Nur selten erklingt die Arie "Ich will nur dir zu Ehren leben" aus der vierten Kantate mit einer solch packenden Intensität.

Warum die Johanneskirche nach der Pause deutlich leerer ist als zuvor, bleibt rätselhaft.

Der begeisterte Applaus des Publikums am Ende des Weihnachtsoratoriums klingt aber fairerweise so, als sei die Kirche hoffnungslos Überfüllt.

(RP)
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