Warnung vor Jod-Tabletten

Köln In Deutschland ist nach der Atomkatastrophe in Japan die Nachfrage nach Jod-Tabletten sprunghaft gestiegen. Allein die Firma Hexal in Holzkirchen verzeichnete eine Verachtfachung der Auslieferungsmenge an Jod-Präparaten. Apotheker warnen jedoch davor, Jod ohne ärztliche Anweisung einzunehmen. So könne der Jod-Schub zu einer Überfunktion der Schilddrüse führen. Zeichen dafür sind Herzjagen, Schwitzen, Zittrigkeit, Gewichtsabnahme, Unruhe und Verdauungsstörungen.

"Unter den Kunden, die jetzt Jod-Tabletten kaufen, sind auffallend viele Japaner", berichtet Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. Er vermutet, dass viele Tabletten nach Japan geschickt werden. Bei der Mehrzahl der Käufer handele es sich jedoch um Deutsche, die sich mit den Tabletten vor einer möglichen Strahlenkatastrophe schützen wollen. In Japan waren in den vergangenen Tagen in der Region rings um die zerstörten Kernreaktoren von Fukushima Jod-Tabletten an die Bevölkerung verteilt worden. Das Jod, das in der Schilddrüse eingelagert wird, verhindert, dass dort radioaktives Jod gespeichert wird.

Doch in Deutschland habe das Hamstern von Jod-Tabletten überhaupt keinen Sinn, sagt Preis. So sei es selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass eine radioaktive Wolke nach Europa gelange, wegen der kurzen Zerfallszeit praktisch ausgeschlossen, dass darin eine nennenswerte Menge radioaktives Jod enthalten sei. Gegen Cäsium und andere radioaktive Stoffe nutze Jod andererseits nichts.

Zudem seien Jod-Tabletten mit Konzentrationen von 100 Milligramm, wie sie im Katastrophengebiet verteilt würden, in Deutschland nicht im Handel. Handelsübliche Jod-Medikamente, wie sie in Deutschland vertrieben würden, enthielten Mengen von 200 Mikrogramm – man müsste im Ernstfall 500 Tabletten schlucken, um sich wirksam zu schützen. Tatsächlich berichten Apotheken am Niederrhein über Kunden, die mehrere Tausend Tabletten gekauft hätten.

In der Schweiz, den Niederlanden und Belgien waren Jod-Tabletten an Anwohner von Kernkraftwerken verteilt worden. In NRW verfügen die Kreise Höxter, Lippe und Steinfurt wegen der Nähe zu niedersächsischen Atom-Anlagen über ein Depot an hochdosierten Jodtabletten, die im Ernstfall an Anwohner verteilt würden.

(RP)
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