Was der Schaffner tun kann Zug zu spät, Anschluss in Gefahr – was tun?

Düsseldorf · Wenn der Zug zu spät ist, kann das nicht nur ärgerlich sein, sondern im Zweifel den Anschluss kosten – und damit noch mehr Verspätung auslösen. Was können Bahnreisende tun? Und welche Macht haben die Schaffner? Ein Tweet zu diesem Thema sorgt für Stirnrunzeln. Wir haben nachgefragt.

 Ein Reisender läuft am Berliner Hauptbahnhof an zwei gekoppelten ICE vorbei (Symbolfoto).

Ein Reisender läuft am Berliner Hauptbahnhof an zwei gekoppelten ICE vorbei (Symbolfoto).

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Wer mit der Bahn verreist, hat diesen Sommer wenige Gründe, optimistisch in den Zug zu steigen. Denn: Die Verspätungen nehmen zu. Im Juni erreichten laut aktueller Bahn-Mitteilung nur noch 58 Prozent der Fernzüge ihr Ziel pünktlich. Im Regionalverkehr waren es 88,5 Prozent. Beides sind die schwächsten Monatswerte seit Ende 2010.

Da zu einer Bahnfahrt häufig Umstiege von einem Zug auf den anderen zählen, potenzieren sich Verspätungen häufig. Denn verpasst man den Anschluss, dauert es meist, bis der nächste Zug geht. Die Ankunft am Zielort verspätet sich also noch weiter. Doch Vielfahrer wussten bisher: Es kann bei kleineren Verspätungen helfen, sich beim Zugpersonal zu melden und seinen Anschluss vorzumelden. Dann wartet dieser vielleicht. Der Tweet eines Zugbegleiters, früher sagte man „Schaffner“, ließ jedoch zweifeln, ob das noch so stimmt.

Seit Ende Juni könnte das Zugpersonal „keine Anschlüsse mehr vormelden“, schreibt der Bahn-Mitarbeiter. Mittlerweile entscheide „ein KI-System“, also künstliche Intelligenz, darüber, ob Anschlusszüge warten würden. Nur in Sonderfällen könne das Personal eingreifen. Was ist da dran?

Anschluss gefährdet: Was darf der Schaffner?

Eine Bahn-Sprecherin erklärt auf Anfrage, die Leitstellen arbeiteten für das Regeln der Anschlüsse bereits seit zwei Jahren mit „einem modernen IT-System“. Das funktioniere sehr gut, und auch das Zugpersonal werde damit entlastet, „da das einzelne Melden von Reisenden entfällt“, so die Sprecherin.Damit haben sie mehr Zeit für Beratung und andere Serviceleistungen.

Das System verarbeite „eine große Zahl verschiedenster Informationen zu den Reiseketten“ in allen Zügen, die gerade unterwegs sind, inklusive Rücksichtnahme auf Zeitkarten-Kunden, wie etwa mit einer BahnCard 100. Der Vorteil, so die Bahn: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Leitstellen sind nicht darauf angewiesen, dass ihnen das Zugpersonal vormeldet, welche Anschlüsse besonders kritisch sind, sondern der „Gesamtblick auf das System“ stehe im Mittelpunkt.

Heißt übersetzt: Ob man seinen Anschlusszug trotz Verspätung noch bekommt oder nicht, hängt nicht zwingend davon ab, dass man sich beim Personal im Zug meldet. Stattdessen trägt das Bahn-System diese Informationen selbst zusammen – und auf dieser Basis kann die Leitstelle dann entscheiden. Es wird also, anders formuliert, kein Zug bevorzugt, der ein besonders umtriebiges Bahnpersonal oder besonders kommunikative Fahrgäste hat.

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Ausnahme: der Nahverkehr. „Entscheidungen über Anschlüsse bei reinen Nahverkehrsverbindungen werden in den Transportleitungen von DB Regio auf Basis der Vormeldungen über die Kundenbetreuer:innen getroffen“, heißt es von der Bahn. Bedeutet: Wer im Nahverkehr bei einem gefährdeten Anschluss nicht Laut gibt, der wird auch nicht gehört.

Was, wenn es wirklich dringend ist?

Doch was heißt das nun für Reisende im ICE oder IC, die dringend ihren Anschluss bekommen müssen? Kann das Personal im Zug wirklich nicht mehr ins System eingreifen, so wie es der Bahn-Mitarbeiter auf Twitter schreibt?

Die Sprecherin beruhigt: „Das Personal ist im Zweifel ansprechbar.“ Dieses könne dann auch im Einzelfall über eine Vormeldung an die Leitstelle entscheiden. So etwas passiere in „einigen besonderen Fällen“, heißt es von der Bahn. „Dazu gehören Menschen mit Mobilitätseinschränkung, Reisende mit Fahrrädern oder Kund:innen, deren Anschlusszug zum Zielbahnhof der letzte an diesem Tag ist.“ Nachfragen schadet also nie, könnte man sagen.

Künftig sollen Reisende übrigens selbst mitmischen können, was das Vormelden von Anschlüssen angeht, verspricht das Unternehmen. So werde in Bayern „aktuell an einem Pilotprojekt gearbeitet, das demnächst an den Start geht, in dem der Fahrgast selbst in der App DB Streckenagent per Button meldet, welchen Anschlusszug er gerne nehmen möchte“, so die Sprecherin. Diese Information würde dann mit den Meldungen anderer Kundinnen und Kunden gebündelt an die Leitstelle des jeweiligen Bahnunternehmens weitergeleitet und dort verarbeitet – wenn man Glück hat, mit positivem Ausgang für den eigenen Anschluss.

Einige der Kriterien für die Entscheidung: Anzahl der Meldungen, Höhe der Verspätung und Auswirkung auf Folgefahrten. „In jedem Fall bekommt der Kunde eine Information zum Status des Anschlusses“, verspricht die Bahn.

Mit Material von dpa.

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