Verdi-Requiem in der Tonhalle

Die großen chorischen Sakralwerke der abendländischen Kultur haben im heutigen Musikbetrieb ihre liturgische Stellung und ihren ideellen Hintergrund weitestgehend verloren. Ob beispielsweise Totenmesse, Stabat mater, Requiem oder Passion – alles scheint mittlerweile dem Event und dem Gesellschaftlichen verpflichtet zu sein. Dass auch Trauerarbeit und Gottesdienst zu leisten wären, geht im Trubel der konzertanten Leistungsschau nicht selten unter.

Diese Gedanken mochten einen befallen, als Chor und Orchester der Universität Düsseldorf jetzt in der Tonhalle Giuseppe Verdis "Messa da Requiem" aufführten. Gewiss: Man hat dieses Werk nicht ganz ohne guten Grund Verdis schönste Oper bezeichnet, man wird auch die Eigengesetzlichkeit akademischer Festlichkeiten nicht verkennen.

Dennoch seien zum zeitgenössischen Kontext auch ein paar Fragen erlaubt: Müssen Vorredner Vorschusslorbeeren verteilen und prominente Besucher namentlich erwähnen? Braucht diese hochkomplexe Werk eine Pause, als ginge man ja auch beim Pontifikalamt zwischendurch schnell einen trinken? Und: Kann man von einem gebildeten Publikum eine angemessene Applauskultur erwarten?

Man missverstehe diese Fragen nur als Fragen, weniger als Vorwürfe. Aber sie sollten doch hin und wieder gestellt werden, diese Fragen.

Die Aufführung besaß, so weit sie die studentischen Kräfte betraf, jenes hohe emotionale Niveau, das ein gehobenes Amateurmusizieren seit eh und je auszeichnet. Der gute Chor und das tüchtige Orchester agierten ehrgeizig, ernsthaft und ehrlich, die exzellente Vorarbeit der sehr klar, aufmerksam wie auch zielbewusst operierenden Dirigentin Silke Löhr war spürbar. Dass es kleine Einbrüche in Konzentration und Kondition gab, nahm nicht wunder. Das passiert auch hochdotierten Berufsmusikern immer wieder.

Die Professionellen waren an diesem Abend – wie es oft der Fall ist – bei den Solisten zu suchen. Es war ein akzeptables, nicht sehr homogenes Quartett auf stimmlich wie interpretatorisch schwankendem Niveau.

Petra Hasse (Sopran), Yvonne Berg (Mezzosopran), Andreas Post (Tenor) und Thomas Laske (Bass) schenkten einige ergreifende und durchaus auch schöne Augenblicke. Aber das Wissen um Probleme bedeutete nicht immer auch deren Bewältigung.

(RP)
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