Ursula Krechel im Heine-Institut

In Düsseldorf ist sie schon ausgezeichnet worden: 2009 erhielt Ursula Krechel für "Shanghai fern von wo" den Düsseldorfer Literaturpreis. Jetzt kam sie zurück und stellte ihren neuen Roman "Landgericht" vor. Für ihn hat die 64-Jährige ebenfalls viel Lob erhalten: Gestern bekam er am Abend den renommierten Deutschen Buchpreis zugesprochen. In der Bibliothek des Heinrich-Heine-Instituts las Ursula Krechel nun mit einer leicht rauchigen Stimme, die gut zu ihrer Geschichte passt.

Sie trug unaufgeregt vor: Ein Mann ist 1949 mit dem Zug angekommen in einem Bahnhof am Bodensee, er war lange unterwegs und wirkt ein bisschen desorientiert. Schon nach wenigen Sätzen waren die aufmerksamen Zuhörer mitten drin in dieser eindrücklich erzählten Geschichte – und bekamen eine Ahnung davon, dass der Reisende nie wirklich ankommen, dass er in Deutschland nie wieder zuhause sein wird. Der Mann, von dem Krechel erzählt, heißt Richard Kornitzer, er ist Jude, war Richter und ist in den 1930er Jahren vor den Nazis nach Kuba geflohen. Seine Frau musste in Deutschland bleiben, die beiden Kinder hat sie nach England geschickt. Alle haben überlebt, und doch sind sie nun Verlorene. Als Richard zudem bemerkt, dass viele Kollegen, so anders als er, einfach wieder hineingleiten in zugleich lukrative und gemütliche Existenzen, beginnt er geradezu verbissen, für Gerechtigkeit zu kämpfen.

Die Lesung war die Finissage der Ausstellung "Gepfeffert – salzig – bittersüß. Frauenliteraturgeschichte(n)". Sie war ein gelungener Abschluss der Ausstellung. Schade nur, dass es nicht auch noch ein moderiertes Autorengespräch gab. Gerade in diesem Fall wären Informationen über den Roman und seine Hintergründe interessant gewesen. SABINE SCHMIDT

(RP)
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