Mönchengladbach Tierschützer: Chip-Pflicht für Hunde
Mönchengladbach · Von diesem Sonntag an benötigen Hunde, Katzen und Frettchen für Reisen ins europäische Ausland ein Chip-Implantat. Damit können die Tiere identifiziert werden. Tierschützer fordern diese Chip-Pflicht auch für das Inland. Die Tiere könnten so nicht mehr einfach ausgesetzt werden.
An den Tag, an dem Spitz-Mischling Fill zu ihr kam, erinnert sich Jasmin Dickmanns noch ganz genau. "Es war am 12. Mai, die Feuerwehr brachte Fill spät abends vorbei", sagt die Leiterin des Gladbacher Tierheims am Hülserkamp. Ängstlich sei der fünf Jahre alte Hund gewesen – aber in gutem Zustand, verglichen mit vielen anderen Tieren, die bei ihr abgegeben werden. "Die Feuerwehrleute meinten, Fill sei am Gladbacher Römerbrunnen ,gefunden' worden – da haben bei uns schon die Alarmglocken geschellt", sagt die 26-Jährige. Aus der "Hochhausgegend", wie Dickmanns das Viertel beschreibt, kommen viele ihrer rund 110 Hunde, Katzen und Kaninchen. "Tiere, die die Leute wohl einfach nicht mehr wollen", vermutet sie. Fragen kann sie die Besitzer nicht – die wenigsten Tiere sind registriert, es liegen keinerlei Informationen über ihre Halter vor. Eine EU-Richtlinie zur Kennzeichnung von Tieren, die an diesem Sonntag in Kraft tritt, soll das zwar ändern. Doch sie geht, da ist sich Jasmin Dickmanns mit anderen Tierschützern einig, nicht weit genug.
Ab 3. Juli müssen Hunde, Katzen und Frettchen für Reisen innerhalb der Europäischen Union einen Mikro-Chip tragen. Auf dem reiskorngroßen Chip, den der Tierarzt mit einer Kanüle unter der Haut des Tieres implantiert, ist eine Nummer gespeichert. Mit dieser Nummer kann das Tier identifiziert werden. Außerdem wird sie in einen – ebenfalls vorgeschriebenen – EU-Heimtierpass eingetragen. Darin wird vermerkt, ob und wann das Tier gegen Tollwut geimpft wurde. Hunde, Katzen und Frettchen sind dafür besonders anfällig, deshalb gilt die Neuregelung zunächst auch nur für diese Heimtiere – und für solche, die noch keine der bisher üblichen Tätowierungen tragen. Ist das der Fall, muss nicht "nachgechippt" werden.
Tierschützer begrüßen die Chip-Pflicht für Auslandsreisen zwar. Die Implantation sei weniger schmerzhaft als die Tätowierung, die im Laufe der Jahre zudem immer schlechter lesbar ist, sagt Gabi Böttcher von der Tierhilfe Ratingen. Doch während die EU-Richtlinie vor allem auf die Eindämmung von Tollwut abzielt, sehen Tierschützer in der Chip-Pflicht auch die Chance, die Zahl der ausgesetzten Tiere zu reduzieren: 70 000 sind es derzeit pro Jahr in Deutschland, meldet der Deutsche Tierschutzbund. "Um die Zahl zu senken, müsste die Chip-Pflicht auch im Inland flächendeckend eingeführt und an eine Registrierungspflicht gekoppelt werden", sagt Tierschutzbund-Sprecher Marius Tünte.
Denn allein anhand eines implantierten Chips lässt sich der Halter eines Tieres nicht automatisch bestimmen. Die Chip-Nummer wird erst mit den Daten des Besitzers verknüpft, wenn er sie auf einer zentralen Datenbank eintragen lässt. Bei den beiden größten Datenbanken, Tasso und dem Deutschen Haustierregister, sind laut Tierschutzbund fünf Millionen Tiere gemeldet, die meisten davon Hunde und Katzen. "Auf diese Datenbanken lässt sich auch grenzüberschreitend zugreifen – das macht es deutlich schwieriger, ein Tier auszusetzen", sagt Tünte.
In Niedersachsen, Berlin und Hamburg müssen Hunde bereits gechippt und in ein Melderegister eingetragen werden. Thüringen plant eine solche Regelung. In NRW schreibt das Landeshundegesetz den Mikro-Chip und die Registrierung bisher nur für große Hunde vor, das heißt Tiere ab einer Schulterhöhe von 40 Zentimetern bzw. einem Körpergewicht von 20 Kilogramm. Auch Hunde, die besonderen oder gefährlichen Rassen angehören, müssen gechippt und gemeldet werden. Für die 258 000 "kleinen Hunde" sowie sämtliche Katzen besteht bisher keine Chip- oder Registrierungspflicht. Ob und wann NRW den anderen Bundesländern folgt, ist unklar. Aktuell, so heißt es aus dem Landesumwelt- und Naturschutzministerium, gebe es keine konkreten Pläne.
Tierheimleiterin Jasmin Dickmanns chippt trotzdem schon jetzt alle Tiere – in der Regel zehn Tage, nachdem sie am Hülserkamp aufgenommen wurden. "Und sie werden alle registriert – spätestens, wenn sie ihrem neuen Besitzer übergeben werden." Bei Spitz-Mischling Fill ist es bald so weit. Er kommt an diesem Wochenende zu seiner neuen Familie.