Tiefgang mit Brad Mehldau

Bereits nach dem dritten Stück dieses Konzerts in der Tonhalle wurde die musikalische Bandbreite deutlich, die diese beiden Ausnahme-Interpreten beherrschen: Ob es eingängige Pop-Songs, rhythmisch komplexe Eigenkompositionen oder Jazz-Standards waren, überall fühlen sich Joshua Redman am Tenor- und Sopransaxophon und der Pianist Brad Mehldau zu Hause.

Dabei sind stets ihre musikalischen Wurzeln erkennbar, die an die Großen des Jazz erinnern wie etwa an Charlie Parker, Thelonious Monk, John Coltrane oder auch Art Tatum. Aus Monks Komposition "In Walked Bud" wurde ein sowohl rhythmisch als auch harmonisch brillanter Schlagabtausch, der bei Brad Mehldau – wie oft bei ihm – auch an Prokofjew und Schostakowitsch erinnerte. Mehldaus Stil ist somit im heutigen Jazz einzigartig, da er manchmal selbst Beethoven und Brahms aufblitzen lässt, ohne die wichtigen Elemente des Jazz zu ignorieren.

Dabei bewegen sich beide Musiker auf einem technisch derart hohen Niveau, dass auch die feinsten dynamischen Nuancen wie selbstverständlich wirken. Charlie Parkers "Ornithology" wurde zu einer Lehrstunde im Kontrapunkt, und erst im Schlussthema waren beide wie in der gewohnten Bebop-Fassung unisono zu hören.

Mehldaus Einleitung zu "The Nearness Of You", dem einzigen klassischen Jazz-Standard des Abends, ließ bloß Fragmente des eigentlichen Stücks erkennen, bevor sich beide immer mehr zusammenschweißten und Joshua Redman das Stück nach seiner atemberaubenden Kadenz voller Arpeggios ausklingen ließ. Inspirierende Musik mit Tiefgang. Tobender Applaus bei gut gefülltem Saal.

(RP)
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