Serie: „Im Märzen der Bauer“ Zwischen Weltmarkt und Wetterprognose

Xanten · "Im Märzen der Bauer" - dieses berühmte Kinderlied steht Pate für eine Serie der Rheinischen Post und der Volksbank Niederrhein. Ein Jahr lang begleiten wir Bauern aus der Region. In der dritten Folge sind wir auf dem Feld bei Ackerbauer Hendrik Scholten (34) aus Xanten.

 Hendrik Scholten, 34 Jahre alt, ist Ackerbauer. Er bewirtschaftet 160 Hektar landwirtschaftliche Fläche im Umkreis von Xanten und baut Getreide, Mais, Zuckerrüben und Raps an.

Hendrik Scholten, 34 Jahre alt, ist Ackerbauer. Er bewirtschaftet 160 Hektar landwirtschaftliche Fläche im Umkreis von Xanten und baut Getreide, Mais, Zuckerrüben und Raps an.

Foto: Armin Fischer

Als ich meiner Mutter vor mehr als fünf Jahren erzählte, dass wir Anfang Mai 2013 heiraten werden, war sie nicht gerade begeistert. Nicht, weil sie meinen Mann nicht mochte. Sondern weil es der Mai war. Der Monat, in dem das Gras geschnitten wird, in dem der Acker gepflügt, gegrubbert und fürs Saatbett vorbereitet wird. "Dann sind wir auf dem Feld", sagte sie damals. Um es vorwegzunehmen: Wir hatten Glück. Das Wetter war Ende April so schlecht, dass die Feldarbeit erst Wochen später anstand. Die Hochzeit war ein rauschendes Fest.

2018 hätte das anders ausgesehen. Das weiß auch Hendrik Scholten aus Lüttingen. Der 34-Jährige hat in den vergangenen Wochen Tag und Nacht auf seinem Schlepper gesessen. "Die Saatbettbereitung für den Mais stand an. Auch das Getreide und die Rüben müssen noch gespritzt werden", so Scholten. Als er das sagt, schaut er mich skeptisch an. Scholten weiß, Pflanzenschutzmaßnahmen werden kritisch gesehen. Mehr noch: Umweltverbände machen die Landwirtschaft fürs Bienensterben verantwortlich.

 Hendrik Scholten kontrolliert fast täglich sein Getreide.

Hendrik Scholten kontrolliert fast täglich sein Getreide.

Foto: Armin Fischer

"Ein schwieriges Thema", sagt der junge Landwirt und stellt klar: "Es werden nur Sachen gemacht, die auch gemacht werden müssen. Pflanzenschutz kostet uns schließlich viel Geld." Bisher habe er nur einmal ein Insektizid spritzen müssen - gegen den Rapsglanzkäfer. Bei den anderen Maßnahmen - das sei vielen nicht bewusst - handele es sich um Fungizide (gegen Pilzkrankheiten) und Herbizide (gegen Unkraut). "Und das auch nur in geringen Dosen", sagt Scholten.

Dass er sensibel mit dem Thema umgeht, zeigt auch sein Arbeitsalltag: "Manche Felder spare ich tagsüber und an den Wochenenden aus, einfach, um die Bürger nicht zu belästigen. Zudem ist es morgens und abends windstiller als tagsüber." Am Alleenradweg hätten Berufskollegen erstmals einen Blühstreifen zwischen Maisfeld und Fahrradweg gesät. Er selbst stellt Bienenvölker in der Nähe seiner Rapsfelder auf. Im Gegenzug wünscht er sich mehr Akzeptanz für seinen Beruf. "Wir stellen hochwertige Lebensmittel her und wollen dafür gerecht entlohnt werden. Nicht mehr, nicht weniger."

 Hendrik Scholten zusammen mit seinem Vater Hermann auf dem Hof.

Hendrik Scholten zusammen mit seinem Vater Hermann auf dem Hof.

Foto: Armin Fischer

Hendrik Scholten ist seit acht Jahren Ackerbauer. Er sagt: "Dafür muss man leben." Nach der Schule absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker. Es folgte die verkürzte Lehre zum Landwirt. Ein Jahr davon in Sachsen, das andere auf einem Gemüsebetrieb in Krefeld. Im Anschluss besuchte er die Landwirtschaftsschule in Kleve. Seither darf er sich staatlich geprüfter Landwirt nennen. Als Ortslandwirt vertritt er die Bauern in Lüttingen und Wardt.

Seit fast einem Jahr ist Scholten Pächter auf dem Pantaleonshof in Lüttingen. Ein echter Familienbetrieb anno 1840. Schon sein Urgroßvater lebte und arbeitete dort. Bis vor 15 Jahren war der Hof mitten im Dorf ein Milchviehbetrieb. Sein Vater Hermann versorgte rund 50 Kühe. Dann wurde umgestellt. Auf Ackerbau. "Mit Kühen konnte ich nicht so viel anfangen", sagt Scholten, der selbst Vater zweier Kinder ist. Insgesamt 160 Hektar Land, das sind etwa 160 Fußballfelder zwischen Xanten und Marienbaum, bewirtschaftet er mit seinem Vater.

 In der Nähe seiner Rapsfelder hat Hendrik Scholten Bienenvölker aufgestellt. Berufskollegen haben am Alleenradweg einen Blühstreifen gesät.

In der Nähe seiner Rapsfelder hat Hendrik Scholten Bienenvölker aufgestellt. Berufskollegen haben am Alleenradweg einen Blühstreifen gesät.

Foto: Armin Fischer

Damit gehört Scholten zu den acht Prozent der Betriebe in NRW, die zwischen 100 und 200 Hektar landwirtschaftliche Fläche bewirtschaften. Die meisten Bauern (27 Prozent) haben 20 bis 50 Hektar, nur ein Prozent bewirtschaftet mehr als 200 Hektar. Die Zahlen stammen aus 2016 und wurden von der Landwirtschaftskammer NRW veröffentlicht. Die durchschnittliche Betriebsgröße ist 42,8 Hektar.

"Wir bauen Getreide, Mais, Zuckerrüben und Raps an. Für Kollegen übernehme ich zudem den Pflanzenschutz und die Düngung. Ich presse auch Heu und Stroh gegen Lohn", sagt Scholten. Im Verwaltungsbezirk Wesel ist er damit einer von 201 Ackerbaubetrieben. Insgesamt gibt es hier 1041 Bauernhöfe. Zum Vergleich: 2016 bewirtschafteten in Deutschland 275.400 landwirtschaftliche Betriebe insgesamt 16,7 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche, davon 70,6 Prozent als Ackerland und 28,2 Prozent als Dauergrünland.

Neben dem Anbau von Winterweizen (26,6 Prozent) dominieren Silomais (18,2 Prozent) und Winterraps (11,2 Prozent). So schreibt es das Statistische Bundesamt. In NRW sind die Zahlen geringfügig anders. Hier gibt's 65 Prozent Ackerland und 25 Prozent Dauergrünland. Angebaut wird hier vor allem Getreide (49,7 Prozent), Mais (27,6), Winterraps (5,7), Zuckerrüben (4,7), Kartoffeln (3) sowie Gemüse, Spargel, Erdbeeren und Blumen (2,8). Wobei das Getreide zurückgeht (5,7 Prozent) und Hülsenfrüchte wie Sojabohnen an Bedeutung gewinnen.

Sojabohnen wären auch für Scholten eine Option. Vor allem weil das Geschäft mit den Zuckerrüben nicht mehr so ist, wie es mal war. Gab es früher - ähnlich wie bei der Milch - eine Quote, messen sich die Bauern heute mit Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Die Folge: Die Preise liegen im Keller.

Überhaupt sind die Preise für die Feldfrüchte stark schwankend. Nur einer geht stetig nach oben: der Pachtpreis für landwirtschaftliche Flächen. In den zurückliegenden 25 Jahren legte der in NRW um 78 Prozent zu. 2016 wurden im Schnitt 452 Euro pro Hektar gezahlt. Bei Neupachtungen gar 600 Euro. Im Regierungsbezirk Düsseldorf ist es noch teuerer. Hier wurde für Ackerland im Schnitt 559 Euro pro Hektar gezahlt, für Neupachtungen 751 Euro.

Eine weitere Herausforderung ist das Wetter. Auf der Welt und vor Ort. "Das Starkregenereignis vor zwei Jahren hat große Schäden verursacht", sagt Scholten. "Zum Glück sind wir versichert."

(RP)
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