Xanten Xantens Stadtkern soll plastikfrei werden

Xanten · Das Klimakonzept behandelt auch das Thema Verpackungsmüll. Händler sind skeptisch, was die Umsetzung betrifft.

 Statt Kunststofftüten Jutebeutel, statt Coffee to go Mehrwegbecher: Ein Konzept will zum Umdenken bewegen. Das Ganze nennt sich: „Aktion: Plastikfreier Stadtkern Xanten“.

Statt Kunststofftüten Jutebeutel, statt Coffee to go Mehrwegbecher: Ein Konzept will zum Umdenken bewegen. Das Ganze nennt sich: „Aktion: Plastikfreier Stadtkern Xanten“.

Foto: Julia Lörcks

Plastik über Plastik: An der Einkaufstheke schnell mitgenommen, ist es, sobald in der Abfalltonne entsorgt, sofort wieder aus den Augen und somit auch aus dem Sinn. Die Müllberge wachsen, die Ressourcenvorräte an Öl schwinden. Ein jetzt für Xanten vorliegendes Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept will ein Umdenken voranbringen. Die Ingenieurgemeinschaft Gertec aus Essen, die das Papier im Auftrag der Stadt erstellt hat, spricht sich unter anderem für die „Aktion: Plastikfreier Stadtkern Xanten“ aus.

Statt Kunststofftüten schlägt sie Behälter aus langlebigen Materialien, statt Einwegteller und -schalen den Einsatz eines Spülmobils, statt Kaffee to go zum Wegwerfen lieber Mehrwegbecher: „Auch in Xanten lassen sich bereits auf kommunaler Ebene lohnenswerte Anstrengungen durchführen, die zu einer deutlichen Reduktion von Kunststoff- und Einwegabfällen führen“, halten die Konzeptersteller fest.

Der Bedarf an Kunststoff- und Einwegverpackungen für den täglichen Konsum steigt stetig. 1996 waren es in Deutschland rund 1,5 Millionen Tonnen im Jahr, bis 2014 hat sich die Tonnage verdoppelt. Gerade in den letzten Monaten gab es viele alarmierende Meldungen über die Verschmutzung der Weltmeere mit Kunststoff, der über die Nahrungskette teilweise auch im Magen des Menschen landet. „Bis zu 50 Prozent des genutzten Plastiks wird nur einmal verwendet und dann entsorgt“, erläutert der Bericht.

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Foto: dpa/Patrick Pleul

Als Gegenmaßnahme schlägt Gertec „identitätsstiftende Tragetaschen“ vor: „Wichtig ist es, die Bürger und Nutzer der Tragetasche darauf aufmerksam zu machen, diese häufiger zu nutzen, um den umweltschützenden Aspekt zu verfolgen.“ Eine ansprechende und auffällige Gestaltung der Taschen könne für ein „Wir-Gefühl“ in der Stadt sorgen. Die Beutel könne der lokale Einzelhandel zum geringen Preis anbieten, auf Stadt- und Straßenfesten könnten sie verteilt und an Zugezogene bei der Aushändigung von Neubürger-Unterlagen verteilt werden.

Für die Startphase stellen sich die Ingenieure einen „Beutelbaum“ an einem viel frequentierten Ort vor, „um eine Vielzahl an Beuteln schnell und kostenlos in Umlauf zu bringen“. Gegen den Tausch einer Plastiktüte kann sich der Verbraucher kostenlos einen Beutel vom Baum nehmen.

Weitere Vorschläge zielen auf den Verzicht von Einwegbechern und -verpackungen ab. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe führt der Kaffee für unterwegs zu einem bundesweiten Verbrauch von 320.000 Kaffeebechern pro Stunde. Der Abfallberg ließe sich durch Mehrwegbecher abtragen, für Großveranstaltungen würden sich Spülmobile anbieten. „Auch für Xanten wird vorgeschlagen, ein solches System in Zusammenarbeit mit Bäckereien, Kaffeeläden und Veranstaltern zu initiieren.“

Ludger Lemken, Metzgermeister und Vorsitzender der IGX, dem Zusammenschluss der Einzelhändler in der Stadt, bezeichnet die Vorschläge zunächst einmal als gut. „Ich kann sie voll und ganz unterschreiben“, sagt er, „haben wir hier schon alles ausprobiert.“ Aber Zwischen Theorie und Erfolg in der Praxis klaffe ein Riesenspalt. Den Xanten-Beutel zum Beispiel hat es schon gegeben, aber „kaum jemand hat ihn dabei“. Stattdessen ließen sich Kunden lieber eine Plastiktüte geben. Auch in Lemkens Metzgerei, wo an der Theke mit den angebotenen kalten und warmen Speisen vielfach Hochbetrieb herrscht. Viele Kunden möchten ihre Essensschale komfortabel in einer Tüte mitnehmen. Das wäre anders, wenn Deutschland das niederländische Modell einführen würde, vermutet der Metzgermeister. Dort muss jede Kunststofftüte gleich welcher Größe bezahlt werden. Um dem Problem in Deutschland Herr zu werden, sei ein Einwegpfand der einzige Weg, der allgemein akzeptiert werde.

Mehrweggeschirr auf Veranstaltungen sei wegen der Hygienevorschriften ein schwieriges Thema. Dazu müssten spezielle Spülmobile gemietet werden, die mit vorgeschriebenen Geräten ausgestattet seien, zum Beispiel mit Industriespülmaschinen. Solche Spülmobile kommen Lemkens Ansicht nach nur für einen Teil von Veranstaltungen in Betracht. „Was ist denn, wenn der Besucher hier etwas zu essen holt und später den Teller anderswo abgeben möchte?“ Darum kämen die Mobile nur für Events mit Rundkurs, wie etwa für den Weihnachtsmarkt, infrage.

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