Zweiter Weltkrieg Xantens Innenstadt lag in Schutt und Asche

Xanten · Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren: Bis zum 21. Februar wurde die Stadt in mehreren Wellen angegriffen und zerstört. Wie ein Jugendlicher den Tag erlebte.

Blick auf den Marktplatz nach den Bombenangriffen. 85 Prozent der Stadt Xanten wurden zerstört.

Blick auf den Marktplatz nach den Bombenangriffen. 85 Prozent der Stadt Xanten wurden zerstört.

Foto: Sammlung Helmut Sommer

Ende des II. Weltkriegs vor 70 Jahren: Bis zum 21. Februar wurde die Stadt in mehreren Wellen angegriffen und zerstört.

Samstags war Badetag für die ganze Familie. Zwischendurch wurde ein Teil des Wassers abgeschöpft und neues, heißes in die Wanne geschüttet. Doch an diesem Samstag, 10. Februar 1945, kam es anders. Schon in der Woche davor hatte es immer wieder Fliegeralarm gegeben, Straßen und Eisenbahn wurden ständig beschossen. "Mutter hatte heute ein sehr unruhiges Gefühl", erinnert sich Max Fröhling 70 Jahre später an jenen Wochenendtag. Statt sich ganz auszuziehen, sollte der Oberkörper nur kurz gewaschen und unten herum schnell gebadet werden. Der 14-jährige Bub stand mit nackten Füßen in der Wanne, als plötzlich der Vater in die Krimhildmühle stürzte, um seine Familie zu warnen. "Dann knallte es auch schon und um uns herum wackelte alles", sagt Fröhling. Tag eins der alliierten Bombenangriffe, die bis zum 21. Februar in mehreren Wellen fast ganz Xanten zerstören sollten, hatte begonnen. Während sich die großen Kriegsschäden in Großstädten schon im Hochsommer 1942 zeigten, wurden andere Städte - darunter auch Xanten - "in kurz aufeinander folgenden Angriffen schwerster Art gegen Ende des Krieges zerstört", schrieb der Bauingenieur Wilhelm Schorn später in dem Buch "1600 Jahre Xantener Dom".

Schon diesem ersten Angriff fielen einige Menschen zum Opfer. Ein kleiner Junge blieb am Leben, "weil sich ein italienischer Fremdarbeiter über ihn geworfen hat und ihn mit seinem Körper gegen die Kugeln geschützt hatte. Der Arbeiter ließ dabei sein Leben", berichtet Fröhling. Auch Dombaumeister Johann Schüller starb. In der Dombauhütte wurde er unter den Trümmern begraben, die an jenem Tag von dem beschossenen Nordturm herunterfielen, wo sich ein Luftbeobachter versteckt hatte. Glück hatte hingegen Propst Friedrich Köster. "Ich war an der Samstagsarbeit auf der Veranda und konnte gerade noch rechtzeitig ins Haus springen, als eine Bombe zwei Meter vom Haus fiel und die Veranda zusammenstürzte", schrieb er später in sein Tagebuch. Nur wenige Tage später, am 13. Februar, klinkten die alliierten Flieger erneut ihre Bomben über der Stadt aus. "Vater rettete sich in den Bunker, ich habe mich hinter eine noch stehende Mauerruine geschmissen und das Leben gerettet", erinnert sich Max Fröhling.

"Aber ich habe gesehen, wie Bekannte und Nachbarn auf der Straße starben, weil sie den Weg in einen der drei Bunker unter dem Großen Markt nicht mehr geschafft haben."

Xanten erlebte weitere Bombenangriffe. "Wir waren einfach dran, um jeden Widerstand in der Bevölkerung zu brechen", sucht der 84-jährige Schreiner einer Erklärung, warum die kleine Stadt Bombenziel der Angriffe war. Mit der Familie war er inzwischen auf den Fürstenberg geflüchtet. "Dann kam am Mittwoch, 21. Februar, nachmittags wohl der schwerste Angriff auf unser Xanten. Vom Fürstenberg aus konnten wir sehen, wie schwere Bombengeschwader ihre unheilvolle Fracht abwarfen. Es war ein schlimmes Schauspiel, dass man mit ansehen musste, wie unser ehemalig schönes Xanten und unser schöner Dom in Schutt und Asche gelegt wurden", sagt er. "Xanten war nur eine Staubwolke. Als sie sich gelegt hatte, sah man, dass der Nordturm des Doms total zerstört und nicht mehr da war." Man sah nur noch Ruinen und, wie er sagt, eine Geisterstadt.

In der Innenstadt schien kein Stein auf dem anderen geblieben zu sein, vom Dom standen nur noch wacklige Seitenwände. Und dennoch hätten die Schäden viel schlimmer sein können. Doch die Bomben hatten den Dom nicht direkt getroffen, sondern waren im nahen Umfeld eingeschlagen. Die Zerstörungen waren Folgen der fürchterlichen Druckwellen.

(RP)
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