Immer mehr Bedürftige Xantener Tafel sendet einen Hilferuf

Xanten · Den Ehrenamtlichen fehlen Mitarbeiter und Lebensmittel, nachdem die Zahl der Bedürftigen durch den Ukraine-Krieg sprunghaft gestiegen ist.

Eine Helferin packt verschiedene Lebensmittel zusammen, um eine Familie mit Obst, Gemüse und anderen Sachen zu versorgen.

Eine Helferin packt verschiedene Lebensmittel zusammen, um eine Familie mit Obst, Gemüse und anderen Sachen zu versorgen.

Foto: RP/Markus Werning

Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin schiebt einen Wagen mit Lebensmitteln zum Ausgang, wo Menschen bereits auf Obst, Gemüse, Milch und andere Sachen warten. „Pack etwas weniger in die Tüten, sonst haben wir am Nachmittag nichts mehr“, sagt Gudrun Rieberer zu ihr, während die Mitarbeiterin schon wieder nach hinten eilt, um die nächsten Lebensmittel-Lieferungen zu holen.

Es ist Donnerstag – der Tag, an dem die Tafel diejenigen aus Xanten und Umgebung mit Lebensmitteln versorgt, die ohne die Unterstützung zu wenig zum Leben haben. Bisher waren es etwa 150 Haushalte und rund 650 Menschen. Durch den Krieg in der Ukraine ist die Zahl der Bedürftigen sprunghaft angestiegen: Am vergangenen Donnerstag seien etwa 50 Menschen zusätzlich zu ihnen gekommen. 50 Menschen stünden für genauso viele Haushalte, in denen zwischen einer und mehreren Personen leben, berichtet Gudrun Rieberer.

Die Xantener Tafel bringt donnerstags auch Lebensmittel nach Sonsbeck, um dort bedürftige Menschen zu unterstützen.

Die Xantener Tafel bringt donnerstags auch Lebensmittel nach Sonsbeck, um dort bedürftige Menschen zu unterstützen.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Zusammen mit ihrem Mann leitet sie die Xantener Tafel. Ein Team aus Frauen und Männern hilft ihnen dabei. Alle arbeiten ehrenamtlich. Zu wenige waren es schon immer. Bisher lief es trotzdem irgendwie. Aber jetzt fühlen sich die Ehrenamtlichen überfordert und am Ende ihrer Kräfte, wie sie am Donnerstag in Gesprächen mit unserer Redaktion deutlich machen. Gudrun Rieberer erneuert deshalb ihren Appell, dass die Xantener Tafel auf Unterstützung angewiesen ist. Das hat sie schon oft gesagt, aber dieses Mal formuliert sie es eindringlicher als zuletzt – es ist mittlerweile ein Hilferuf. Das Team brauche dringend weitere ehrenamtliche Kräfte zum Sortieren, Verpacken und Verteilen, erklärt Rieberer. Und die Tafel brauche mehr Lebensmittel, um die Menschen versorgen zu können.

Rieberer eilt von hinten nach vorn und von vorn nach hinten, während sie dem Reporter die aktuelle Lage erklärt. Zeit für ein Gespräch ist an diesem Donnerstag nicht. Wenn das Tafel-Team jemanden am Eingang mit Lebensmitteln versorgt hat, warten dahinter schon die nächsten, die ebenfalls um etwas zu essen für die nächsten Tage bitten. So gehe es bis zum späten Nachmittag weiter, berichtet Rieberer. Hinten im Lager stehen noch Dutzende Kisten, die mit Gemüse, Salat, Obst, Pilzen, Knoblauch und mehr gefüllt sind. Es ist viel. Aber davon müssen auch Hunderte Menschen eine Woche lang satt werden. Und es ist noch nicht einmal Mittag. Der große Ansturm kommt erst noch.

Unter den Kunden gebe es schon die Sorge, dass manche weniger bekommen als bisher, berichtet Gudrun Rieberer. Sie versucht deshalb, die Menschen zu beruhigen und noch mehr Lebensmittel zu organisieren. Dafür telefoniert sie mit großen Lebensmittelhändlern. Sie und ihr Mann fahren weite Strecken, um die Spenden abzuholen. Das kostet Kraft. Das ist ihr anzusehen. Aber dadurch kann die Tafel die Menschen weiter versorgen. „Wenn Frau Rieberer nicht so gut organisieren könnte, hätten wir ein Problem“, sagt eine ehrenamtliche Helferin, während sie Lebensmittel verpackt, damit diese an die Wartendenden verteilt werden können. „Trotzdem müssen wir haushalten, sonst wäre mittags alles weg.“

Gudrun Rieberer wünscht sich, dass Kommunalpolitiker an Tagen wie diesen mal vorbeikommen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Sie hat sich auch wieder an Sonsbecks Bürgermeister Heiko Schmidt gewandt: Die Xantener Tafel unterstützt auch viele Haushalte in der Gemeinde. Sie fährt dafür extra nach Sonsbeck, um die Lebensmittel zu verteilen. Auf Nachfrage der Redaktion sagt Schmidt, dass er mit Rieberer über eine mögliche Hilfe der Gemeinde sprechen will. Xanten unterstützt die Tafel bereits – auf vielen Wegen. Das Sozialamt versucht auch schon, weitere Helfer zu finden. Das ist nicht so einfach, aber dringend nötig. „Letzte Woche wären wir beinahe abgesoffen“, erklärt eine Helferin. „So groß war der Ansturm.“

(wer)
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