Gleichberechtigung in Xanten „Kommunalpolitik muss weiblicher werden“

Xanten · Die Corona-Krise stellt Familien vor neue Herausforderungen – und es seien vor allem Frauen, die zu Hause blieben, um sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern, beklagt die Kommunalpolitikerin Valerie Petit.

 Um mehr Frauen für die Politik zu begeistern, organisiert Kommunalpolitikerin und Mutter Valérie Petit einen Frauenstammtisch.

Um mehr Frauen für die Politik zu begeistern, organisiert Kommunalpolitikerin und Mutter Valérie Petit einen Frauenstammtisch.

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

„Einen Moment, ich gehe kurz in ein anderes Zimmer“, sagt Valérie Petit am Telefon. Im Hintergrund hört man ihre Kinder spielen, nach wenigen Sekunden wird es leiser. „So, jetzt kann ich reden“, sagt sie. So wie der Kommunalpolitikern geht es zurzeit vielen Müttern: Durch die Corona-Krise arbeitet sie von zu Hause aus, die Kinder sind noch nicht in der Kita oder der Schule.

Das Jonglieren von Kindern und Beruf im Homeoffice stellt viele Familien vor neue Herausforderungen. Und wärmt eine immer wiederkehrende Debatte auf: Wer kümmert sich um die Kinder? Und wer geht arbeiten? „Corona hat gezeigt, dass die alten Rollenbilder immer noch sehr präsent sind“, sagt Petit. Denn obwohl es viele Paare anders machen wollten, entschieden sich die meisten trotzdem für die klassische Aufteilung – die Frau übernimmt den Haushalt, der Mann bringt das Geld nach Hause.

Dass viele Frauen zurzeit die Hauptlast tragen, sei aber nicht Schuld der Männer, so Petit. Das Problem sei ein tiefgreifend gesellschaftliches: Männer verdienten immer noch mehr als Frauen. Das liege unter anderem daran, dass typische Frauenberufe wie beispielsweise in der Pflege oder im Verkauf schlechter bezahlt würden. „Systemrelevante Berufe, die durch die Corona-Krise hoffentlich mehr Anerkennung bekommen“, sagt sie. Denn in einer Zeit, in der sich viele Familien in einer finanziell unsicheren Lage befänden, sei die Entscheidung eindeutig: „Natürlich geht dann der Partner arbeiten, der mehr verdient — das ist meistens der Mann.“

Daran müsse sich dringend etwas ändern, findet Petit. Wo fängt man da an? „Repräsentation“, sagt sie. Säßen mehr Frauen in den Räten, würden viele Probleme anders gelöst. Das gelte auch in Xanten: Inklusive Bürgermeister gebe es 37 Ratsmitglieder, nur sieben davon seien weiblich. Dass es so wenig Frauen im Rat gebe, habe nichts damit zu tun, dass Frauen sich nicht für Politik interessierten. „Sie haben zu wenig Zeit. Wer berufstätig ist und eine Familie hat, vielleicht noch Angehörige pflegt, ist vollkommen ausgelastet.“

Um Frauen zu helfen, sich in der Politik zu engagieren, hat Petit einen Frauenstammtisch in Xanten ins Leben gerufen. Ursprünglich sollte das erste Treffen anlässlich des Frauentags am 11. März stattfinden, Corona-bedingt wurde der Termin abgesagt. Sie habe erst gar nicht daran gedacht, einen neuen Termin zu arrangieren und mit dem Thema, zumindest für dieses Jahr, abgeschlossen. Dann habe sie gesehen, welche Veränderungen die Corona-Krise für die Rolle der Frau mit sich bringt: „Jetzt erst recht, dachte ich. Denn der Stammtisch ist aktuell so nötig wie nie zuvor“, sagt sie.

An diesem Mittwoch, 27. Mai, findet der Stammtisch nun online statt. Mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern möchte Valérie Petit darüber sprechen, was sich in der Politik für Frauen ändern muss. Zum Beispiel in den Kommunalparlamenten: Familienunfreundliche Sitzungszeiten seien nur ein Grund, der Frauen die Lust auf Politik nehmen könne.

Den Stammtisch möchte sie regelmäßig anbieten. Ihr Ziel ist nicht, dass alle Frauen direkt Politikerinnen werden, stattdessen möchte sie ein Netzwerk aufbauen, in dem sie sich untereinander austauschen: Was läuft gut in Xanten, was nicht, wo hakt es, wo sehen Frauen Verbesserungsmöglichkeiten, was fehlt in Xanten? Es soll aber nicht nur um Politisches gehen. Auch die Langzeitfolgen einer Gesellschaft, die die Arbeit der Frauen nicht angemessen wertschätzt, möchte sie thematisieren: Altersarmut, finanzielle Unabhängigkeit, die Gender-Falle. „Wir müssen uns als Frauen zusammentun und gemeinsam für Veränderung sorgen“, sagt sie.

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