Xanten Der Erfinder des Großstadtfolk

Xanten · Der Singer-Songwriter Hubert Dingenskirchen kam vor vier Jahren aus Essen nach Xanten. Mit seiner Frau und seinen Gitarren lebt er auf dem Campingplatz in Wardt. Hier arbeitet er an seiner Musik, die ohne viel Schnickschnack auskommt.

 An der Xantener Nordsee findet Singer-Songwriter Heiko Schiwy alias Hubert Dingenskirchen, der vor vier Jahren aus Essen an den Niederrhein kam, genug Ruhe, um seine Lieder zu komponieren.

An der Xantener Nordsee findet Singer-Songwriter Heiko Schiwy alias Hubert Dingenskirchen, der vor vier Jahren aus Essen an den Niederrhein kam, genug Ruhe, um seine Lieder zu komponieren.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Dingenskirchen sagt man im Ruhrpott, wenn man gerade nicht auf den Namen desjenigen kommt, über den man was erzählen will. „Das ist doch der – na, wie heißt der nochmal – der Dingenskirchen“. Irgendwann im vergangenen Jahrtausend sei er geboren, erzählt der 51-jährige Vollbart-Träger Hubert Dingenskirchen, der vor vier Jahren acht seiner zwölf Akustik-Gitarren verkauft, die große Wohnung in seiner Heimatstadt Essen aufgegeben und schweren Herzens auch das Klavier zurückgelassen hat und mit Frau und Hund nach Wardt gezogen ist.

Im Campingpark an der Xantener Nordsee haben sie ein kleines Holzhaus gekauft. Dabei ist er doch eigentlich ein Großstadtmensch, „da, wo’s am lautesten ist,“, da hat er sich immer am wohlsten gefühlt. Viele Jahre hat er in Spanien gelebt, zwei Jahre in England, lange Zeit in Berlin, und ist immer wieder zurück nach Essen gekommen. Irgendwann kam der Moment, wo der „Erfinder des Emscher Delta Blues und abwaschbaren Großstadtfolk“ und seine Frau Mela ihr Leben entrümpeln wollten. Sie zogen einen Radius von 100 Kilometern um Essen, suchten ein Fleckchen, wo viel Natur und Wasser ist – und schauten sich zufällig genau an dem Tag auf dem Campingpark in Wardt um, wo der Vorbesitzer an das Gartentor einen Zettel hängte, dass er sein Holzhaus verkaufen wolle.

Den Zettel konnte er gleich wieder abhängen. Seit seinem 13. Lebensjahr macht Hubert Dingenskirchen, der mit bürgerlichem Namen Heiko Schilly heißt, Musik. Er spielt Gitarre und Klavier, hat sich das Spielen selber beigebracht. Die sonore, bluesige Stimme hat ihm Mutter Natur geschenkt. Schon in den letzten Jahren in der Schule war ihm klar, dass die Gitarre wichtiger ist als Algebra. „Ich wollte Rock’n’Roll machen, Blues und Folk. Nix anderes“, sagt er. In den 80ern reifte der Gedanke, sein Hobby zum Beruf zu machen. Er war mit Bands unterwegs, hatte sich als Studiomusiker finanziell über Wasser gehalten, als Schauspieler am Helios-Theater in Hamm eine Zeitlang Geld dazu verdient, außerdem bei einer Produktion an einem kleinen Theater in Essen mitgearbeitet. „Der leere Raum“ nennt sich das.

„Ärger, du kannst mich nicht anschmier‘n“: Stefan Stopok ist ein alter Kollege von ihm, man kennt und schätzt sich. Musik von Alexis Corner ist für ihn „der Hammer“, wobei Hubert Dingenskirchen eigentlich alles hört, von Abba bis Zappa. Drei CDs hat er schon auf den Markt gebracht, die vierte ist gerade in der Mache. Er schreibt alle Stücke selber, sehr erdige Musik, rein akustisch, Musik ohne viel Schnickschnack, so wie beispielsweise der Trinkhallenblues. Er ist ein großer Freund von Balladen, die deutschen Texte handeln vom Leben, der Liebe, dem Ruhrgebiet und den Menschen, die dort leben. „Glückspils“ soll seine vierte CD heißen, „mit s am Ende“. Auf dem Cover eine Kneipentheke mit frisch gezapftem Bier einer Brauerei, die in Essen jeder kennt und deren Gerstensaft in (fast) jeder Kneipe aus dem Zapfhahn fließt. Jüngst kam die Freigabe von der Brauerei.

Anfang nächsten Jahres will er fertig sein, die Songs hat Hubert Dingenskirchen nicht etwa in einem Studio aufgenommen, sondern ist mit ganz kleinem Equipment – seiner Gitarre und dem I-Pad – an unterschiedliche Orte gegangen. Zum Deich, auf den Rheindamm, ins Schlösschen Borghees. Am 20. und 21. August spielt er eines der zehn Stücke der CD im Xantener Rathaus-Saal ein, „da ist die Akustik sehr gut“, sagt der Singer-Songwriter, der quer durch Deutschland und Europa mit Musikern vernetzt ist und davon träumt, eines Tages von seiner Musik leben zu können. Bis dahin arbeitet er weiter als Trainer und Coach in der Wirtschaft, macht mit Führungskräften und Managern Business-Rock, hört zu, redet mit ihnen über verschiedene Themen, auch über die Leidenschaft. Und gibt Hauskonzerte, für 150 Euro pro Abend. Über Facebook kann man Hubert Dingenskirchen buchen, und ganz altmodisch telefonisch. Unter 0151 52567587.

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