Römer-Lippe-Route Ein barrierefreies Erlebnis auf dem Rad

Xanten · Erstmals ist überprüft worden, ob ein Radfernweg von Menschen mit Behinderung genutzt werden kann – die Römer-Lippe-Route. Davon sollen auch Senioren und Familien mit kleinen Kindern profitieren.

 Mit dem Fahrrad und dem Handbike auf den Spuren der Römer: Dabei soll die Kennzeichnung „Reisen für Alle“ helfen

Mit dem Fahrrad und dem Handbike auf den Spuren der Römer: Dabei soll die Kennzeichnung „Reisen für Alle“ helfen

Foto: Ruhr Tourismus

Am Ende der Straße, in einigen Hundert Metern Entfernung, stehen mehrere Poller. Ich sehe sie zwar noch nicht, aber sie sind in der Karte eingetragen, zusammen mit weiteren Informationen über diese Stelle wie dem Abstand zwischen den beiden rot-weißen Metallstangen. Daher weiß ich auch, dass ich durchkommen werde, obwohl ich einen Fahrradanhänger mit meiner Tochter hinter mir herziehe.

Selbstverständlich ist das nicht. Schließlich bin ich durch den Kinderwagen deutlich breiter als ein einfaches Fahrrad. Das kann auf Radwegen ein Problem sein, ich weiß es aus Erfahrung. Aber deshalb fahre ich auch ein Stück der Römer-Lippe-Tour. Sie soll bald mit dem Label „Reisen für Alle“ zertifiziert werden – als erster deutscher Radfernweg überhaupt, sagt Rolf Schrader, Geschäftsführer des Deutschen Seminars für Tourismus (DSFT) in Berlin.

 Nicht nur Handbike-Fahrer, sondern auch Radfahrer mit Fahrradanhängern stoßen manchmal auf Hindernisse – hier passt es aber.

Nicht nur Handbike-Fahrer, sondern auch Radfahrer mit Fahrradanhängern stoßen manchmal auf Hindernisse – hier passt es aber.

Foto: RP/Markus Werning

Es ist ein Pilotprojekt. „Wir haben schon einige Radwege und vor allem Wanderwege zertifiziert, aber noch keinen langen Fernradweg“, sagt Schrader. In seinem Haus ist die Prüfstelle angesiedelt, die das Label „Reisen für Alle“ an touristische Angebote, Orte und Betriebe vergibt – vorausgesetzt, die Anforderungen sind erfüllt. Eine Selbstauskunft reicht dafür nicht: Geschulte Personen überprüfe die touristischen Angebote, sagt Schrader und verweist auf den Kriterienkatalog – er ist im Internet abrufbar und füllt mehrere DIN-A4-Seiten. Radwege sollen zum Beispiel 180 Zentimeter breit sein. Wenn nicht, muss es in „ausreichenden Abständen“ Begegnungsflächen geben, damit dort Rollstuhlfahrer und Radfahrer nebeneinander passen.

Diese Kriterien sind von Behindertenverbänden zusammen mit Vertretern der Tourismuswirtschaft und weiteren Partnern entwickelt worden. Das ist noch gar nicht so lange her: „Reisen für Alle“ ist erst vor einigen Jahren als bundesweit einheitliche Kennzeichnung eingeführt worden, als Ersatz für andere Zertifizierungen mit unterschiedlichen Kriterien. Dadurch sollen die etwa zehn Millionen Menschen mit Behinderung in Deutschland sofort sehen können, ob auch sie ein Angebot nutzen können. Denn bisher würden sie deutlich seltener verreisen als der Durchschnitt der Bevölkerung, und nicht selten liege es daran, dass keine verlässlichen Informationen über Unterkünfte oder Strecken vorlägen, erklärt Schrader.

Von der Kennzeichnung profitieren aber nicht nur Menschen mit Handicap, sagt Pascal Tönnissen von der Gesellschaft Ruhr Tourismus, einer Tochter des Regionalverbands Ruhr (RVR) – sie bewirbt die Römer-Lippe-Route, die von Detmold nach Xanten führt. „Die Zielgruppe für das Thema ‚barrierefreies Radfahren’ ist ziemlich heterogen.“ Er zählt Senioren sowie Nutzer von Liegefahrrädern und Familien mit Kinderanhängern genauso dazu. Und wahrscheinlich freuen sich auch andere Radfahrer über gute Wege.

 Römer-Lippe-Tour / barrierefreier Radfernweg

Römer-Lippe-Tour / barrierefreier Radfernweg

Foto: Ruhr Tourismus
 Römer Lippe Tour / Test mit Fahrradanhänger

Römer Lippe Tour / Test mit Fahrradanhänger

Foto: RP/Markus Werning

Foto: RP/Podtschaske , Alicia

Allerdings garantiert das Label „Reisen für Alle“ nicht, dass ein Radweg perfekt ausgebaut ist. Das ist auch die Römer-Lippe-Tour nicht. Auf meiner Fahrt über ein Teilstück rolle ich über mehrere Bodenwellen. Die Strecke sei insgesamt 479 Kilometer lang, eine einheitliche Breite der Wege könne zum Beispiel nicht durchgängig gewährleistet werden, sagt Tönnissen. Es gebe auch noch Hindernisse auf dem Weg. Aber mittel- und langfristig sollten sie abgebaut werden. Und auf einer Karte im Internet fänden Radfahrer Informationen über die Route und könnten dadurch genau planen, welche Strecke sie befahren könnten. „Anhand dieser Informationen kann jeder Radfahrer individuell seine Radreise planen.“ So wie ich mit meinem Fahrradanhänger: Dadurch weiß ich vorher, was vor mir liegt, und kann früh genug eine andere Route wählen, falls es notwendig sein sollte. Genauso ist es gedacht: Die Kennzeichnung „Reisen für Alle“ sei eine Orientierungshilfe, erklärt Schrader. Sie bleibe drei Jahre gültig, könne aber nach einer erneuten Prüfung verlängert werden. „So können Reisende sichergehen, dass sie aktuell und umfassend über mögliche Herausforderungen informiert sind.“

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