Stoppok-Konzert im Birtener Amphitheater Mit Live-Musik zurück ins echte Leben

Xanten-Birten · Erdiger Rock’n’Roll und gesungene Poesie, eine klare politische Haltung und trockener Ruhrpott-Humor: Das ist Stefan Stoppok. Mit seiner Band holte er im Amphitheater Birten ein für die Landesgartenschau 2020 geplantes Konzert nach.

 Stoppok (Mitte) und Band legten im Birtener Amphitheater einen eindrucksvollen Auftritt hin.

Stoppok (Mitte) und Band legten im Birtener Amphitheater einen eindrucksvollen Auftritt hin.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Stefan Stoppok ist zu beneiden, denn er hat mit 65 Jahren fast alles, was er braucht: eine prima Band, tolle Gitarren, astreine Songs, schicke Anzüge und noch schickere Schuhe und eine treue, ihm ergebene Fan-Gemeinde. Nur eine Sache fehlte dem Musiker bei seinem wunderbaren Auftritt im Amphitheater Birten am Samstagabend: ein zweiter Kanal für seine Gitarrensounds. Der war ihm abhanden gekommen. „Das ist ja auch kein Wunder“, scherzte Stoppok. „Schließlich hat das Equipment wegen der Pandemie anderthalb Jahre im Keller gelegen. Da kann das schon mal passieren.“

Vor Konzertbeginn fummelten der Sänger, Songwriter und Gitarrist aus dem Ruhrpott und seine Techniker zunächst noch an Kabeln und Effektgeräten herum, allerdings ohne Erfolg. Dann hatte der Star des Abends die Faxen dicke und meinte völlig entspannt: „Scheiß was auf den zweiten Kanal. Das mache ich mit meiner Präsenz wett.“ Typisch Stoppok, dessen trockener Humor untrennbar zu ihm gehört und von seinen Fans ebenso geschätzt wird wie seine Lieder.

Rund 700 Menschen dürfen es gewesen sein an diesem lauschigen Sommerabend unter dem schützenden Baumdach an einem Veranstaltungsort, der zu den schönsten am ganzen Niederrhein gehört. Dass es genau an diesem Abend warm und trocken war, kam fast schon einem Wunder gleich in diesem Sommer.

Beste Voraussetzung, um endlich wieder Live-Musik genießen und ins echte Leben zurückkehren zu können. Für die meisten im Publikum – Stoppok fragte das ab – war es das erste Konzert seit langer Zeit. So ließ die Band mit Reggie Worthy (Bass, Gesang), Sebel (Hammondorgel, Piano, E-Gitarre, Gesang) und erstmals mit Sönke Reich von BAP am Schlagzeug das Pendel zwischen erdigem Rock’n’Roll und gefühlvollen, mitunter balladenhaften Liedern ausschlagen. In Titeln wie „Dumpfbacke“ oder „Denk da lieber noch mal drüber nach“ (gegen Rechts und Rechte) oder „Lass sie rein“ (für eine offene Flüchtlingspolitik) positioniert er sich politisch klar und unmissverständlich. „Auch in seinen Ansagen: Schlimm an der Pandemie sei, dass sie „die ganze braune Kacke hochgespült hat“. Impfgegner und Querdenker nahm er subtil aufs Korn. „Vorsicht, ich bin doppelt geimpft“, sagte er mehrfach.

Stoppok hat auch eine poetische Ader. Sie offenbart die Stärke seiner ausschließlich deutschsprachigen Texte erst richtig. Zum Beispiel im Song „Tanz“, indem es heißt: „Beweg dein Herz zum Hirn, und schick’ beide auf die Reise. Tanz, Tanz, Tanz, aber dreh’ dich nicht im Kreise.“ Dass die Stoppok-Gemeinde die Texte zu schätzen weiß, merkt man am besten bei der Ballade „Aus dem Beton“, eine der Zugaben. Da muss der Mann auf der Bühne nicht mehr selbst singen. Nicht nur den Refrain, auch die Strophen dieser anrührenden Beziehungsballade trällert das Publikum textsicher mit: „Dumpf dröhnt es aus dem Beton, wie ein Schrei in das Ohr, es dröhnt wie ein Gong, ihnen kommt es so vor, als wär’ der Winter zu Ende.“

An diesem Abend in Birten hatte man für ein paar schöne Stunden das Gefühl, zumindest die Corona-Pandemie sei zu Ende. Den zweiten Gitarren-Kanal hat wirklich niemand vermisst.

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