Xanten Die Unbekannte der SPD für Europa

Marion Nasskau möchte für die SPD im Kreis Wesel nach Brüssel. Die 63-Jährige lebte 31 Jahre lang mit ihrem Mann in Großbritannien. Seit Ende 2010 wohnen sie in Vynen. Der Brexit führte die Lehrerin und Gartenbauerin in die Politik.

 Marion Nasskau (63) aus Vynen ist die Kandidatin der Kreis-SPD für die Europawahl im Mai 2019.

Marion Nasskau (63) aus Vynen ist die Kandidatin der Kreis-SPD für die Europawahl im Mai 2019.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Marion Nasskau hat nichts zu verlieren. „Ich gehe als Marion Nasskau in den Wahlkampf und wenn ich damit nicht weiterkomme, dann muss ich halt was anderes machen“, sagt die 63 Jahre alte Frau aus Xanten, die vergangenen Mittwoch vom Kreisparteitag der SPD als Kandidatin für das Europaparlament in Brüssel nominiert wurde. Am Freitag möchte sie die nächste Stufe erklimmen. Dann will sie die Genossen am Niederrhein von ihrer Person überzeugen.

Doch wer ist die Frau mit den kurzen grauen Haaren, die bisher politisch kaum in Erscheinung getreten ist eigentlich? „Ich bin eine waschechte Europäerin“, antwortet Nasskau nicht ohne Stolz. Sie sitzt im Wohnzimmer, als sie diesen einen, prägenden Satz sagt und guckt aus dem Fenster. Ein großes Dieselschiff tuckert über den Rhein. Ja, ihre Eigentumswohnung direkt am Rheindamm in Vynen, die sie und ihr Mann Peter im Jahre 1998 gekauft haben, gehört wohl zu den schönsten Wohnungen, die Xanten zu bieten hat. Seit Ende 2010 wohnt das Paar dort, genießt den Ausblick, den Rhein, die Schiffe, die niederrheinische Landschaft. Zuvor hat es 31 Jahre lang in Großbritannien gelebt und gearbeitet, kam nur für Urlaub und die Familie an den Niederrhein. „Meine Schwester lebt in Xanten, sie war es auch, die uns auf diese tolle Wohnung aufmerksam gemacht hat“, berichtet Nasskau, die in Dortmund geboren wurde und während des Lehrerseminars in Lüdinghausen ihren Mann kennenlernte. Es war Liebe auf den ersten Blick „Er ist Brite und besuchte damals seinen Bruder in Deutschland. Ich war jung und ungebunden und folgte meinem Herzen. 1979 zog ich nach England, zwei Monate später waren wir verheiratet“, erzählt Nasskau, die am Freitag ihren 39. Hochzeitstag feiert. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, einer davon lebt und arbeitet noch immer in England, der andere studiert an der Hochsschule Rhein-Waal in Kleve.

Politisch motiviert ist Nasskau seit gut zwei Jahren. So wird sie den 23. Juni 2016 wohl nicht mehr vergessen. Jener Tag, an dem sich fast 52 Prozent der britischen Wähler für den EU-Austritt aussprachen. Für Nasskau, die nicht nur in Brüssel die Privilegien der Europäischen Union schätzen und bewahren möchte, ein unvorstellbarer Zustand. Ein Beispiel: „Als EU-Bürgerin hatte ich in Großbritannien fast die gleichen Rechte wie ein Brite. Wenn es zum Brexit kommt, müssen Millionen von Menschen um ihr Leben und ihre Existenz in England bitten und bangen.“ Nasskau nennt weitere Vorteile wie zum Beispiel den Handel, den Flugverkehr oder die einfachen Dinge des Lebens wie Handykabel oder Roaming-Gebühren. Nicht zuletzt stehe die Europäische Union auch für 70 Jahre Frieden. „Als ich klein war, waren die Krater, die der Krieg hinterlassen hatte, noch gut sichtbar. Auch meine Mutter und meine Großmutter haben oft von den schrecklichen Geschehnissen erzählt. Dass diese nationalistischen Gedanken nun wieder auf dem Vormarsch sind, ist für mich unbegreiflich. Meine Kandidatur ist also auch ein Zeichen gegen Rechts“, sagt Nasskau, die seit dem 1. Dezember 2016 offizielles Mitglied der deutschen Sozialdemokraten ist. „Mein Opa war auch in der SPD, eine andere Partei kam für mich gar nicht infrage.“ Als Lehrerin und Gartenbauerin hat sie nach eigenen Angaben stets mit und für Menschen gearbeitet. Soziale Gerechtigkeit auf allen Ebenen und Demokratie, das sei ihr enorm wichtig.

Die Demokratie ist es auch, die sie zu diesem Schritt bewogen hat. „Die Chancen sind zwar gering, aber rein theoretisch ist es möglich, einen der 96 Sitze in Brüssel zu ergattern“, sagt Nasskau. Aus diesem Grund hat sie im Juli den Kreisgeschäftsführer der SPD, Jörg Lorenz, angerufen und gefragt, ob eine Kandidatur noch möglich sei. Das war sie. Mit nur sieben Gegenstimmen und zwei Enthaltungen entschied sich der Kreisparteitag für sie. Ob es weiterhin so gut läuft, entscheidet sich in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten. „Wenn nicht, mache ich trotzdem weiter. So strebe ich für 2020 ein Mandat im Rat der Stadt Xanten an.“

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