Kurpark Xanten Bei der Barrierefreiheit hapert’s manchmal

Xanten · Für Menschen mit einer Behinderung bietet der Kurpark eine Reihe von Orientierungshilfen. Doch es gibt auch noch Verbesserungspotential. Eine Begehung mit Vertretern der Initiative „All inclusive“ und des Inklusionsbeirats.

 Plötzlich hören die weißen Orientierungsstreifen auf; Wolfgang Diamant muss sich mit seinem Stock langsam an den Fahrradständern vorbeitasten.

Plötzlich hören die weißen Orientierungsstreifen auf; Wolfgang Diamant muss sich mit seinem Stock langsam an den Fahrradständern vorbeitasten.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Barrierefreier Kurpark, die Zweite: Im vergangenen Spätsommer waren Vertreter der Stadt, der Initiative „All inclusive“ und des Inklusionsbeirats für Menschen mit Handicap einen großen Teil des neu gestalteten Parks abgegangen, um ihn aus der Perspektive von Seh- und Gehbehinderten zu untersuchen. Die Exkursion endete auf dem Westwall an der Rheinstraße, der restliche Teil bis zum Südwall war noch im Bau. Doch jetzt ist am Samstag, 25. Mai, offizielle Eröffnung. Es ist also an der Zeit, auch die letzte Etappe in Augenschein zu nehmen.

Einiges von der Kritik im September 2018 hat sich die Stadt zu Herzen genommen. Damit werde, so der Technische Dezernent Niklas Franke auf Anfrage der Redaktion, die Barrierefreiheit vervollständigt. So sollen die Voraussetzungen für das Zertifikat „Reisen für Alle“ erfüllt werden. Der Steg über der Pistley im Ostwall nahe der B 57 erhält nun, nach Gesprächen zwischen Wolfgang Diamant vom Inklusionsbeirat und Bürgermeister Thomas Görtz, kurzfristig doch noch einen Handlauf, auch wenn eine Norm ihn nicht erforderlich macht. Die Querungshilfe auf der Straße „Am Rheintor“ in Form von weißen Bodenplatten mit kleinen Unebenheiten wird eingebaut. Zwei ebenfalls taktile Stadtpläne sollen außerdem das Leit- und Orientierungssystem ergänzen.

Diesmal führt die Exkursion weiter von der Rheinstraße in Richtung Gradierwerk. Wolfgang Diamant, seit der Kindheit erblindet, orientiert sich mit Hilfe seines langen Stocks. Die erhöhte Bordsteinkante auf seiner rechten Seite führt ihn gut und schnell. Aber warum gibt es diese Kante nur auf einer Seite des Weges? „Eigentlich sollte sie rechts und links sein“, sagt er. Dem Argument der Stadt, dass das Regenwasser auf einer Seite ablaufen müsse, vermag er nur bedingt zu folgen. Man könnte die Kante ja alle paar Meter für eine Öffnung unterbrechen, sagt Diamant. Oder man hätte Orientierungsplatten mit ihren leichten Erhöhungen einbauen können. „Dann könnte das Wasser auch ablaufen. Ein glatter Übergang vom Weg auf den Rasen oder in ein Beet ist dagegen schlecht.“

 Die Übergänge vom Weg auf die Fahrbahn sind abgeflacht. Platten mit weißen Querrillen warnen vor der Straße.

Die Übergänge vom Weg auf die Fahrbahn sind abgeflacht. Platten mit weißen Querrillen warnen vor der Straße.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Etwas weiter südlich quert der Weg die Bahnhofstraße. Platten mit Noppen und Rillen weisen auf den Gefahrenpunkt hin. Die Richtlinien sehen für solche Übergänge keine Zebrastreifen vor, da zu wenig Fußgänger- und Pkw-Verkehr herrscht. Ein Teil des Kurparkweges ist zur Straße hin abgesenkt, so dass Menschen mit Rollator oder im Rollstuhl die etwa zwei Zentimeter Höhenunterschied gut bewältigen können. „Ich verstehe aber nicht, warum man dies nicht über die ganze Breite macht“, sagt Hermann Schröder, der auf Elektroscooter oder Rollator angewiesen ist.

Die Gruppe nähert sich dem Gradierwerk. Unablässig lässt Wolfgang Diamant den Stab von links nach rechts schwingen, um so rechtzeitig ein Hindernis zu erkennen. Die Bordsteinkante rechts führt ihn, ehe sie abrupt endet, obwohl der Weg geradeaus weiterführt. Statt dessen droht der Xantener, heute zum ersten Mal in diesem Abschnitt unterwegs, nach rechts abzudriften und gegen einen von vier Radständern zu stoßen.

 Eine Kante am Wegesrand dient ebenfalls der Orientierung.

Eine Kante am Wegesrand dient ebenfalls der Orientierung.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Seine Orientierungshilfen führen ihn nach links im Bogen um die Berieselungsanlage herum. Geradeaus weitergehen, um zum Gradierwerk zu kommen? Der Bauzaun erlaubt einen Blick auf die Anlage und den grau gepflasterten Platz. Nirgendwo sind aber weiße Orientierungsplatten zu sehen.

Es folgt noch die Querung des Filderstegs. Auch hier warnen taktile Platten und senkt sich der Weg zur Straße ab. Allerdings wundert sich Hermann Schröder über die drei Reihen Pflastersteine zwischen seinem Gehweg und der glatten Fahrbahn. Stolperfallen, warnt er und schaut auf die schon etwas ausgewaschenen Fugen. Im Kapitel mit seinen Pflastersteinen wurde extra ein neuer, ebener Weg um den Dom herum angelegt, damit Menschen mit Rollatoren und im Rollstuhl gefahrlos das Gebäude über den rückwärtigen Kreuzgang betreten können. Hier am Fildersteg aber blieben die unebenen Steine im Boden.

Die Stadt hat eine eigene App „Xanten für Alle“ entwickeln lassen. Sie soll „auf einem Rundgang durch den Kurpark neben allgemeinen touristischen Informationen zur historischen Kernstadt und zum Kurpark insbesondere Orientierungshinweise für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen bzw. blinde Menschen bieten“, sagt Dezernent Niklas Franke. „Diese Menschen können zukünftig mit Hilfe der baulich-taktilen Elemente und dieser App eigenständig den Kurpark besuchen und erleben.“ Für Menschen mit kognitiven Handicaps wird es sie auch in einfacher Sprache geben. Das Miniprogramm fürs Smartphone ist eine gute Idee. Doch „warum holt man nicht auch einen aus dem Inklusionsbeirat dazu?“, fragt Wolfgang Diamant.

Der Rückweg vom Südwall in Richtung Bahnhofstraße führt wieder am Gradierwerk vorbei und, wer auf die erhöhte Bordsteinkante als Orientierung angewiesen ist, nach links. Geradeaus geht ein anderer Weg weiter, aber hier fehlen die taktilen Elemente auf voller Länge.

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