Xanten Geldgeschichten rund um den Mauerfall

Xanten · Vor mehr als 100 Gästen eröffnete Norbert Müller im Geldmuseum in Wardt die Sonderausstellung „30 Jahre Mauerfall – Das Wunder von Berlin“.

 Museumschef Norbert Müller (Mi.) verteilt den Wardter Taler an Barbara Simon (Numismatische Gesellschaft) und Rainer Groß aus Xanten.

Museumschef Norbert Müller (Mi.) verteilt den Wardter Taler an Barbara Simon (Numismatische Gesellschaft) und Rainer Groß aus Xanten.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Es sind die Geschichten hinter den Geschichten, die Begegnungen mit Menschen, die viel erzählen können. Über das Ende der Luftbrücke nach 70 Jahren, den Fall der Mauer vor 30 Jahren, das Leben in der damaligen DDR und die Erinnerung an den Abend des 9. November 1989, als der SED-Parteifunktionär Günther Schabowski um 18.53 Uhr vor laufender Kamera auf die Frage eines italienischen Reporters, ab wann denn die neuen Reiseregelungen gelten, auf seinen Spickzettel schaute und antwortete: „Meines Wissens nach ab sofort. Unverzüglich“.

In der am Samstag eröffneten Ausstellung, in der Geldkünstler Christian Rommel unter anderem Geldbriketts und eine Kuh nebst Kuhfladen zeigt, die er aus etwas mehr als einer Milliarde geschredderter D-Mark gebaut hat, geht es natürlich auch um die Währung und ihre wechselvolle Geschichte. Um Tapetengeld, Bunkergeld, Deutsch-Deutsche Gedenkprägungen. Es geht aber vor allem darum, wie Menschen hüben wie drüben den Tag erlebt haben, an dem die Mauer fiel.

Wie Xantener stellvertretender Bürgermeister Rainer Groß, dessen Vater aus der DDR kommt. Im Mai 1989 sei er noch „drüben“ bei Verwandten gewesen, „da hat niemand geahnt, dass ein paar Monate später die Grenzen geöffnet werden“. Nachdem auch im Osten Deutschlands die D-Mark als Währung eingeführt worden sei, „da gehörte ich zu denjenigen, die tage- und nächtelang mit einem Möbelwagen die D-Mark nach drüben brachten. Eine Fuhre nach der anderen, begleitet von fünf Polizeiwagen“.

Barbara Simon, Präsidentin der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, erinnerte sich noch gut an das beklemmende Gefühl, das sie immer hatte, wenn sie über Helmstedt nach Westberlin fuhr. Als Karlheinz Keller, Vorsitzender der Rheinischen Münzfreunde, hörte, dass die Mauer durchlässig sein soll, habe er gedacht, er träume. „Und ich schäme mich nicht zuzugeben, dass mir die Tränen kamen, als ich die Bilder im Fernsehen sah“.

Sehr gerne hätte er Günther Fuhr heute begrüßt, sagt Norbert Müller bei der Eröffnung der Ausstellung. Aber der heute 84-Jährige, der zu den ersten Menschen gehörte, die am späten Abend des 9. November über den offenen Grenzübergang an der Bornholmer Straße in den Westteil Berlins liefen, sei vor ein paar Tagen ins Krankenhaus gekommen. Mit Jens Kühn (51) aus Borth, dessen Sohn Tom (22) am Museum seine DDR-Fahrzeugsammlung zeigte, gab es aber dennoch einen Zeitzeugen. Einmal, als er mit anderen Fleischer-Lehrlingen mit dem Zug nach Dresden fuhr, da hätten sie Udo Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ gehört, auf einer CD in dem kleinen Ghettobluster, den ein Kollege mithatte. „Wir sind deswegen für einen Tag eingebuchtet worden“. Als am 4. September 1989 die Montagsdemos in Leipzig los gingen, „sind wir natürlich hin, mit meinem Trabbi. Die Stasi hing in den Fenstern, machte Fotos ohne Ende“. Als er in der „Aktuellen Kamera“ im Fernsehen den Satz von Schabowski hörte, habe er es kaum glauben können. Einen Tag nach Bekanntgabe der neuen Reiseregelungen ist der damals 21-Jährige mit seiner Freundin und heutigen Ehefrau Katrin rüber in den Westen gefahren, hat sich die 100 D-Mark Begrüßungsgeld abgeholt. „Davon habe ich mir einen Kassettenrekorder für meinen Trabbi gekauft“, erzählt Kühn und lacht.

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