Bruckmannshof verkauft aus eigener Züchtung Frisches Fleisch von Xantener Weiden

Xanten · Der Bruckmannshof züchtet Kälber schon lange. Bisher verkaufte er sie alle an einen Mastbetrieb. Jetzt vermarktet er das Xantener Weiderind auch selbst. Familie Fell erklärt, wieso das Fleisch besonders ist.

 Familie Fell züchtet Rinder der Rassen Charolais und Angus. Die meiste Zeit des Jahres leben die Tiere im Naturschutzgebiet Reeser Schanz.

Familie Fell züchtet Rinder der Rassen Charolais und Angus. Die meiste Zeit des Jahres leben die Tiere im Naturschutzgebiet Reeser Schanz.

Foto: Randolf Vastmans

Manchmal ist eine Idee wie ein Stück Fleisch: Sie muss erst reifen, um gut zu werden. Und Sabrina Fell hatte schon lange die Idee, ihr eigenes Rindfleisch direkt an den Verbraucher zu verkaufen. Aber dafür waren erst einige Vorbereitungen notwendig.

Die Rinder hat Sabrina Fell. Ihrer Familie gehört der Bruckmannshof in Xantens Ortsteil Vynen. Es ist ein Zuchtbetrieb, den ihr Vater Franz-Josef Fell leitet und den sie irgendwann übernimmt. Sie wusste auch, dass es eine Nachfrage nach dem Fleisch gibt: Regelmäßig hat die Familie Besuch auf dem Hof, sie macht gern Öffentlichkeitsarbeit, das ist ihr wichtig. Die Familie will erklären, wie Landwirtschaft funktioniert. Also zeigt sie den Besuchern den gesamten Betrieb, und jedes Mal seien die Gäste beeindruckt, berichtet Sabrina Fell.

Allerdings müssen die Besucher etwas Zeit mitbringen. Jedenfalls, wenn sie die Tiere – es sind Charolais- und Angus-Rinder – in den wärmeren Monaten sehen wollen. Im Winter leben sie auf Stroh in offenen Laufställen auf dem Bruckmannshof, aber das Frühjahr, den Sommer und den Herbst verbringen sie im Naturschutzgebiet an der Reeser Schanz direkt am Rhein. Dort fressen die Rinder frisches Gras und Kräuter, gedüngt werde nicht, auch Pflanzenschutzmittel werde nicht versprüht, alles sei Natur, berichtet Sabrina Fell. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal.“ Die Tiere hätten auch viel Platz, um sich zu bewegen. Über mehrere Kilometer erstreckten sich die Weiden. Deshalb würden die Tiere auch wenig Fett, aber viel Muskelfleisch ansetzen. „Das bringt den guten Geschmack.“

 Den Winter verbringen die Rinder in den offenen Strohställen auf dem Bruckmannshof in Vynen.

Den Winter verbringen die Rinder in den offenen Strohställen auf dem Bruckmannshof in Vynen.

Foto: Randolf Vastmans

Die Besucher wollten dann auch immer gern wissen, wo sie das Fleisch des Xantener Weiderinds kaufen könnten, berichtet Sabrina Fell. Aber bisher war das nicht so einfach. Der Bruckmannshof verkauft seine Kälber etwa ein Jahr nach ihrer Geburt an einen Betrieb im Münsterland, und dieser mästet die Tiere, bis sie geschlachtet werden, anschließend kommt das Fleisch in den dortigen Einzelhandel. Daran ändert sich auch nichts. Familie Fell verkauft weiter Kälber an den Betrieb im Norden von NRW.

Aber einige Tiere bleiben nun in Xanten, seitdem Sabrina Fell in der Nähe einen passenden Schlachter und Zerleger gefunden hat. Das war die Voraussetzung dafür, dass sie ihr Fleisch jetzt auch selbst direkt vermarktet. „Der Schlachter versteht sein Handwerk“, sagt Sabrina Fell. „Ich weiß, dass die Qualität bis zum letzten Arbeitsschritt gewahrt bleibt. Das ist mir wichtig.“

 Das Naturschutzgebiet Reeser Schanz liegt direkt am Rhein. Auf den Weiden werden keine Dünge- und Pflanzenschutzmittel verwendet.

Das Naturschutzgebiet Reeser Schanz liegt direkt am Rhein. Auf den Weiden werden keine Dünge- und Pflanzenschutzmittel verwendet.

Foto: Randolf Vastmans

Sie hat auch schon das erste Mal Fleisch von ihren Xantener Weiderindern verkauft. Dafür fuhr sie die Tiere selbst zum Schlachter. „Das gehört dazu, wenn man sagt, dass man Fleisch vermarktet“, stellt Sabrina Fell klar. Es war nicht das erste Mal, dass sie eine Schlachtung erlebte, aber seit dem letzten Mal waren einige Jahre vergangen. „Papa hat uns schon früh beigebracht, dass es nicht Schlimmes ist“, berichtet die junge Frau. Aber jetzt sei sie erstmals nach einiger Zeit wieder im Schlachthof gewesen – und dann mit eigenen Rindern. „Wenn man dort steht, und die Tiere gehen um die Ecke, bekommen den Bolzenschuss, dann hat man schon einen Kloß im Hals.“ Sie wisse, dass die Tiere nichts spürten, sagt Sabrina Fell. Aber sie kenne die Kälber seit ihrer Geburt, habe sie täglich versorgt. „Ich habe trotzdem zu meinem Papa gesagt, dass ich auf keinen Fall hinausgehe. Ich bleibe dabei“, berichtet die Landwirtin. „Es wäre Augenwischerei zu sagen, wir produzieren Rinder, aber wir produzieren kein Fleisch. Denn wir produzieren Fleisch, und dementsprechend sind wir auch dafür verantwortlich, dass die Tiere sterben müssen.“

Ihr Vater ergänzt: „Wenn ich Landwirtschaft betreibe und ich weiß, die Tiere leben hier drei Jahre glücklich und zufrieden, dann kann ich das mit reinem Gewissen machen“, sagt Franz-Josef Fell. Deshalb bringen er und seine Tochter auch immer zwei Rinder zum Schlachthof und nicht nur eins, außerdem fahren sie die Tiere auf dem Anhänger hin, auf dem sie sonst zur Weide gebracht werden. „Sie kennen den Anhänger, und sie sind zusammen“, erklärt Franz-Josef Fell. „Rinder sind Herdentiere, wenn sie zusammen sind, ist Ruhe.“ Und es sei wichtig, dass die Tiere ruhig blieben.

Alle paar Wochen bringen sie nun samstagmorgens zwei Rinder zum Schlachthof. Die Tiere werden direkt getötet, aber das Fleisch wird ihnen erst zwei bis drei Wochen später geliefert. Das sei anders als in großen Schlachthöfen, wo das Fleisch schon nach wenigen Tagen weiterverarbeitet werde, sagt Franz-Josef Fell. Sie dagegen ließen sich Zeit. „Damit das Fleisch abhängen und reifen kann.“ Das sorge für einen besseren Geschmack, erklärt Sabrina Fell. „Das ist ein Qualitätsmerkmal, darauf lege ich großen Wert.“

Gerade nimmt sie die Bestellungen für die nächsten beiden Rinder auf. Insgesamt hat sie mehrere Hundert Kilogramm im Angebot, aufgeteilt in zehn und fünf Kilogramm große Pakete, luftdicht verpackt, mit Braten, Rouladen oder Grillwürstchen, auch Steaks sind dabei. Das gesamte Fleisch wird also verwertet. Als sie mit ihrem Vater über ihre Idee gesprochen habe, selbst Fleisch zu verkaufen, habe er ihr gesagt, dass sie dann aber auch das komplette Rind vermarkten müsse und nicht nur einen Teil, berichtet Sabrina Fell. „Es ist ein Tier dafür gestorben, es ist wichtig, dass man das auch wertschätzt und keinen Abfall produziert.“

Als sie dann zum ersten Mal ihr eigenes Fleisch verkauft habe, habe sie sich schon gefragt: „Wir kennen unser Fleisch, wir wissen, dass es gut ist, aber wie schmeckt es anderen?“ Die Pakete seien aber schnell verkauft gewesen. Und sie bekomme immer noch Nachrichten von den Kunden, die schrieben: „Boah, was ist das lecker!“

(wer)
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