Xanten Bilder für den Frieden

Xanten · Adib Khalil (58) stellt von Sonntagabend an seine Werke in der Evangelischen Kirche am Markt in Xanten aus. Nach seiner dramatischen Flucht aus Syrien kehrt in die Bilder des gelernten Agrar-Ökonomen und Kunststudenten die Farbe zurück.

 Die Bilder von Adib Khalil sind gefüllt mit Symbolen, Zeichen, Glyphen.

Die Bilder von Adib Khalil sind gefüllt mit Symbolen, Zeichen, Glyphen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Adib Khalil malt für den Frieden. Für den Weltfrieden, für den in seiner Heimat, für den eigenen Seelenfrieden. Um die schrecklichen Bilder zu verdrängen, die an den Krieg in Syrien und die an die zwei Wochen im Oktober 2015, als der 58-Jährige mit seinem damals 15 Jahre alten Sohn geflüchtet ist aus einem Land, in dem seit Jahren Krieg ist. Ein Land, das er liebt, in dem er groß geworden ist, Kunst studiert hat an der Universität Hama, vorher in Aleppo sein Diplom als Agrar-Ökonom gemacht hat. Ein Land, in dem nichts mehr so ist wie es einmal war, in dem seine Familie lebt, seine Frau, die anderen drei Kinder.

„Bilder für den Frieden“ hat Adib Khalil eine Ausstellung in der evangelischen Kirche am Markt genannt, die am Sonntag im 18-Uhr-Gottesdienst eröffnet wird. Brigitte Messerschmidt, Presbyterin und Mitglied im Ausschuss Kunst-Kultur-Kirche, hat es möglich gemacht. Gemeinsam mit ihrem Mann Hans-Jochen hat sie Adib Khalil geholfen, die 50 Bilder aufzuhängen.

An einer Seite in der Kirche zehn Porträts von Frauen, die der Künstler im November 2015 gemalt hat. Verzweifelte, kriegsgezeichnete Frauen, die er mit Kaffee, Tee, Cola, auf Papier und Karton gezeichnet hat, das er von Mitarbeitern im Erstaufnahmelager des DRK in Stenden bekommen hat. Da war er kurz zuvor mit seinem Sohn angekommen – nach einer zwei Wochen dauernden Flucht, von Syrien in die Türkei, von dort aus weiter nach Griechenland, in einem viel zu kleinen Schlauchboot, zusammen gepfercht mit 48 weiteren Flüchtlingen. 17 von ihnen schafften es nicht: Sie ertranken auf dem Weg übers Mittelmeer.

Khalil Adib und sein Sohn überlebten, machten sich weiter auf den Weg, über Kroatien und Österreich nach Deutschland. Zu Fuß, mit dem Bus, dem Zug. In Hama und Aleppo hat er viele Ausstellungen gehabt, auch in Damaskus, Daraa, Latakia, in der Türkei, Pakistan, Frankreich, Italien und Schweden. Fotografische Bilder, für die er Preise bekommen hat, unter anderem einen vom palästinensischen Kulturinstitut.

Etwa fünf Jahre lang hat Khalil in seiner Heimat nicht mehr malen können. Krieg und Angst ließen es nicht zu. Seit er in Deutschland ist, in Sicherheit, kann er es wieder. Und er trifft auf Menschen, die ihm mit Material und Farben die Möglichkeit eröffnen, zu malen.

Langsam findet der 58-Jährige den Weg in die Farbigkeit, seine Bilder sind gefüllt mit Symbolen, Zeichen, Glyphen. „In meiner Heimat ist es Tradition, dass es auf dem Bild keine leeren Flächen geben soll“, sagt er. „Das ist anders als in der modernen europäischen Malerei, die mit Leerräumen gefüllt ist. Wir sagen: Leere Flächen sind ein Vakuum, und wenn wir sie nicht füllen, füllt sie der Satan, das Böse, das Vernichtende.“

Schalom, Salam, Frieden. Adib Khalil wünscht sich nichts sehnlicher als das. Und dass er seine Frau und die drei anderen Kinder wieder in die Arme schließen kann. Er lebt mit seinem Sohn in einem Container in Kerken, genießt in Deutschland den sogenannten subsidiären Schutz. Das heißt, Khalil und sein Sohn haben eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Was dann ist? Er weiß es nicht. Niemand weiß es.

Info: Bilder für den Frieden: Sie sind bis zum 2. September in der kleinen evangelischen Kirche am Markt in Xanten zu sehen. Brigitte Messerschmidt würde sich über Menschen freuen, dies stundenweise „Dienst schieben“, damit die Kirche für Besucher oft geöffnet werden kann.

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