Xanten Wie unsere Reporterin den Blitzeinschlag erlebte

Xanten · Eigentlich sollte RP-Mitarbeiterin Cornelia Krsak einen Bericht über "Schwerter, Brot und Spiele" im APX schreiben. Dann erlebte sie das Unwetter mit, bei dem durch einen Blitzschlag 13 Personen verletzt wurden. Vom Unglücksort war sie nur wenige Meter entfernt.

Legionäre marschieren in glänzenden Rüstungen durch den Park und zeigen ihre Kampfkünste auf der Wiese, am Wegesrand liefern sich Kinder spielerische Schlachten mit Holzschwertern, und an den Ständen der Händler und Handwerker herrscht in der Mittagssonne entspannte Siesta-Stimmung. Noch ahnte niemand beim Römerfest "Schwerter, Brot & Spiele" im Archäologischen Park etwas von der Katastrophe, die sich über den rund 10 000 Besuchern zusammenbrauen sollte.

Gegen halb drei strömt eine große Menschenmenge in Richtung Amphitheater, wo die Pompa, der große Festzug und Höhepunkt des Spektakels mit über 200 Akteuren, stattfinden soll. Während die Zuschauer auf den Rängen der 4000 Menschen fassenden Arena Platz nehmen, zieht sich der Himmel immer mehr zu. Eine graue Wolkenwand am Horizont und fernes Grollen kündigen von einem nahenden Gewitter. "Das ist noch weit weg", beruhigt man sich gegenseitig. Der Festzug nimmt seinen Lauf. Begleitet von den Klängen einer römischen Wasserorgel ziehen die Akteure in die Arena ein und lassen sich vom Publikum bejubeln.

Vor Beginn der Gladiatorenkämpfe soll wie im alten Rom eine rituelle Opferhandlung durchgeführt werden. Als ein Pinienzapfen als Brandopfer in Flammen aufgeht und der Zeremonienmeister Jupiter, den höchsten Gott der Römer, anruft, zuckten wie zur Antwort Blitze am Himmel und Regen setzte ein. Jetzt kommt Unruhe in die Menge. Ein gewaltiger Wolkenbruch treibt die Zuschauer in die Katakomben des Amphitheaters. Die Veranstaltung in der Arena wird sofort abgebrochen.

In den Katakomben herrscht dichtes Gedränge. Noch ist die Stimmung gut und alle hoffen, dass der Regen schnell vorüberzieht. Wer nicht rechtzeitig unter ein sicheres Dach flüchten kann, sucht Schutz unter Zelten, Getränkeständen und Bäumen — eine fatale Entscheidung, wie sich herausstellen soll. Die Abstände zwischen Blitz und Donner werden immer kürzer. Plötzlich zuckt ein besonders heller Blitz auf und im selben Moment ertönte ein so gewaltiger Donnerschlag, dass die Vibration unter den Füßen zu spüren ist. Kinder schreien vor Schreck auf und klammern sich angstvoll an ihre Eltern. Einige weinen. Ein weiterer Blitz schlägt ganz in der Nähe ein. Sorgenvolle Blicke machen die Runde. "Hoffentlich ist da nichts passiert." Dieser Gedanke geht wohl allen Wartenden durch den Kopf.

Als wenige Minuten später Notarztwagen am Amphitheater eintreffen und Sanitäter mit Tragen vorbeihetzen, ist klar, dass es einen Blitzeinschlag gegeben haben musste. Verletzte werden im Laufschritt auf Tragen durch den Regen ins Malteser-Zelt gebracht. Was folgt, sind lähmende Minuten des Wartens und der Ungewissheit. Immer mehr Einsatzfahrzeuge des THW und der Feuerwehr und Rettungshubschrauber treffen ein, während das Gewitter weiter über den Park zieht. Die in den Katakomben Wartenden werden von Einsatzkräften aufgefordert, nicht in Panik zu geraten und an ihrem sicheren Standort zu bleiben, bis das Unwetter vorüber gezogen ist.

Versuche mit dem Handy zu telefonieren schlagen fehl, da auch das Funknetz ausgefallen oder der Empfang unter den massiven Steingewölben gestört ist. Bei einigen macht sich Sorge breit, ob ihre Angehörigen, die sich ebenfalls im Park aufhielten, rechtzeitig Schutz vor dem Gewitter gefunden hatten.

Nach scheinbar endlosem Warten geben die Einsatzkräfte schließlich gegen 16 Uhr den Weg frei, in angemessenem Abstand zum abgeriegelten Unglücksort. Per Lautsprecher ertönt die Stimme von Ursula Grote, die verkündete, dass die Veranstaltung abgesagt und der Park nun zu räumen sei. Der Projektleiterin des Römerspektakels ist der Schock über das Unglück ins Gesicht geschrieben. Am Infostand gegenüber vom Haupteingang nimmt sie Anfragen von verängstigten Parkbesuchern entgegen, die Angehörige aus den Augen verloren haben, und ruft die Namen der Vermissten über Lautsprecher aus.

Einige schienen im Angesicht der Katastrophe jedes Taktgefühl verloren zu haben, wie eine Dame, die an der Kasse vehement ihr Eintrittsgeld zurückverlangt. Dass unter den 10 000 Menschen keine Panik ausbricht, ist den Einsatzkräften von Feuerwehr, THW und Malteser-Hilfswerk, aber auch dem Service- und Sicherheits-Personal vor Ort zu verdanken. Weitere Berichte auf den Seiten B2, A1 und A3.

(RP)
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