Xanten "Tante Emma" mit dem Laden auf Rädern

Xanten · "Nahversorger" Friedhelm Grondei fährt einmal in der Woche mit seinem Mercedes auf den Schulhof in Vynen.

 Friedhelm Grondei ist ein netter Verkäufer, dem zufriedene Kunden – hier Leni Döll und Monika Schillhammer – die Treue halten.

Friedhelm Grondei ist ein netter Verkäufer, dem zufriedene Kunden – hier Leni Döll und Monika Schillhammer – die Treue halten.

Foto: armin fischer

In diesem Fall heißt Tante Emma Friedhelm (Grondei), ist 56 Jahre und von Beruf Nahversorger. Seit anderthalb Jahren fährt er einmal in der Woche mit seinem Mercedes auf den Schulhof in Vynen und bietet fast das gesamte Sortiment eines Supermarktes an. Das Geschäft laufe gut, sagt der selbstständige Kaufmann.

Früher bot er seine Waren auf dem Duisburger Markt feil, nach der Erkrankung der Frau sattelte er um ("Alleine konnte ich es nicht machen") und tauschte den Stand dort gegen das Lenkrad eines neuen Frischemobils ein. Seitdem kurvt er durch den Niederrhein, fährt an sechs Tagen in der Woche jeweils 100 bis 150 Kilometer, um die Kunden zu versorgen. "Ein Traumjob", so der 56-Jährige.

Am Schild an der Laterne der Hauptstraße abbiegen, etwas geradeaus durch und dann rechts auf dem Hof der Grundschule: Dort steht Friedhelm Grondei jeden Samstag von acht bis zwölf Uhr. Ein großer Schirm vor dem Aufgang in den Mercedes schützt vor Sonne und Regen, davor ist eine Kiste mit einem Sonderangebot aufgebaut.

Der Tag hatte für den Kaufmann wie immer früh morgens um vier Uhr begonnen, wenn er das Fahrzeug in Bocholt noch mit den letzten frischen Waren bestückt. Schicht ist am späten Nachmittag so gegen 17 oder 18 Uhr mit der Rückkehr, mit dem Säubern und dem Auffüllen der Regale mit haltbarer Ware. In den Stunden dazwischen fährt er zu seinen Kunden zu den zentralen Haltestellen oder liefert sogar — in Xanten dienstags — den Bauernhöfen frei Haus. Im Mercedes ist jeder Zentimeter mit Regalen, Kühltheke und Gefriertruhe ausgenutzt.

Monika Schillhammer arbeitet ihren Einkaufszettel ab. Brot, Joghurt, Kiwis und Heringsfilets stehen darauf. Sie schätzt diese Einkaufssamstage auf dem Schulhof, für ein paar Cent Ersparnis fahre sie nicht extra in die Stadt nach Xanten. "Hier bleibt immer Zeit für ein persönliches Wort, es wird gescherzt und gelacht", sagt die Vynerin. "Die Ware ist gut. Was wollen wir mehr?"

Gut, gewisse Dinge hat Friedhelm Grondei nicht an Bord, Getränke zum Beispiel nicht bis auf die eine oder andere Likörflasche. Bier-, Wasser-, Limokästen würden zu viel Platz wegnehmen. Und der ist Mangelware in dem Vario 804. Direkt links vom Aufgang neben den Glückwunsch- und Trauerkarten hat Grondei Obst und Gemüse arrangiert. Daneben liegt die Wurst in der Auslage des Kühlschranks. Molkereiprodukte, Backwaren, Nudeln, Mehl, Hefe reihen sich in den Regalen rund um den Gang bis zurück zur Kasse hinter dem Lenkrad; insgesamt sind es rund 700 verschiedene Artikel bis hin zum Milchfilter für die Landwirte. "Wenn etwas fehlt, bringe ich es das nächste Mal mit", verspricht der fahrende Händler, auch das gewünschte Stück Fleisch für den Braten am nächsten Wochenende.

Monika Schillmann hat zwar bezahlt, bleibt aber noch für einige Minuten auf ein paar Worte mit anderen Vynerinnen. Da ist zum Beispiel Jutta Nienhuysen, die von Beginn an hier einkauft. "Ah, es gibt Birnen. Davon nehme ich ein paar", meint sie und legt Friedhelm Grondei einige Früchte auf die Theke. Sie bedauert, dass vor einigen Jahren der alte Supermarkt schließen und sie die Einkäufe nur mit dem Auto erledigen musste. "Das sind ja auch zehn Minuten und mehr", Benzinkosten nicht eingerechnet. Da kam der Service des Frischemobils gerade zur rechten Zeit. "Ich finde, man sollte so etwas unterstützen", wirbt sie auch mit Blick auf die vielen älteren Menschen in der Ortschaft, die nicht motorisiert sind. "Wie war der Urlaub?", fragt Friedhelm Grondei, der seine Kunden genau kennt. "Schön, wir hatten Schnee. Was will man mehr", bekommt er zu hören. Man sieht's also, man kennt sich.

(Kummer)
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