Schulpolitik Stiftsgymnasium steht wegen G9 vor neuen Herausforderungen

Xanten · Die Umstellung auf neun Jahre bis zum Abitur stellt die Schulleitung vor neue Probleme: Mittelfristig werden nicht nur zusätzliche Räume, sondern auch mehr Lehrer benötigt.

 Auch das Xantener Stiftsgymnasium kehrt wieder zum Abitur nach neun Jahren zurück. Das stellt die Schule allerdings vor einige Herausforderungen.

Auch das Xantener Stiftsgymnasium kehrt wieder zum Abitur nach neun Jahren zurück. Das stellt die Schule allerdings vor einige Herausforderungen.

Foto: dpa/Armin Weigel

Erst neun Jahre, dann acht und nun doch wieder neun: Das Experiment des Landes, Schüler in einer weiterführenden Schule in nur acht Jahren zum Abitur zu führen, ist gescheitert. Zu laut waren die Klagen über einen deutlich erhöhten Leistungsdruck, zu groß waren die Proteste vor allem aus der Elternschaft.

Zum neuen Schuljahr 2019/2020 geht also alles wieder zurück auf Los. Für viele Schulen bedeutet dies eine große organisatorische Umstellung. Mit allen Konsequenzen – von der Größe des Lehrerkollegiums bis zur Lösung der Raumfrage. Die gute Botschaft: Die Korrektur der Korrektur kommt nicht von heute auf morgen, sondern kann Schritt für Schritt vorgenommen werden. Denn die jetzigen Schüler ab Klasse sechs haben noch das G8 vor der Brust. Erst die aktuellen und die künftigen Fünftklässler lernen neun Jahre bis zum Abitur.

Für die Zeit ab 2005 hatte der Landtag die Verkürzung der Schulzeit beschlossen, 2013 verabschiedete erstmals das Stiftsgymnasium seine G8-Abiturienten. „Wir mussten uns in recht kurzer Zeit auf die Veränderungen einstellen“, erinnert sich Schulleiter Franz-Josef Klaßen. „Aber es hat geklappt.“ Erfreulich war auch das Ergebnis einer internen Untersuchung von 2013, wonach es bei dem damaligen doppelten Abschlussjahrgang in den Noten keine signifikanten Unterschiede ergeben habe. Also trotz erhöhtem Leistungsdruck schnitten die G8-er ähnlich gut ab wie G9-Schüler.

Trotzdem: Nach massivem Druck der Öffentlichkeit kehrt das Land nun zum Abi nach neun Jahren zurück. „Wir werden einen kompletten Jahrgang zusätzlich haben“, sagt Klaßen. „Allerdings nicht auf einen Schlag.“ Das kommt erst zum Tragen, wenn 2026 kein kompletter Jahrgang entlassen wird, sondern ein Jahr später. Bei derzeit 900 Stiftsgymnasiasten macht dies immerhin ein Plus von 130 jungen Menschen aus. Sie müssen zusätzlich untergebracht und unterrichtet werden.

In der Regel werden die Unter- und Mittelstufenschüler vormittags unterrichtet, nur in geringem Umfang – etwa ein- bis zweimal die Woche – auch am Nachmittag. Auch wenn das Land durch die Entzerrung bis zum Abi um ein Jahr die Lehrinhalte streckt und die Wochenstundenzahl zum Beispiel für die siebte Klasse von 31,5 auf 30 Stunden reduziert, „die Auslastung der Räume verdichtet sich. Es zeichnet sich ab, dass wir mit unseren Räumen nicht auskommen werden. Darum müssen wir langfristig planen“, so Klaßen.

Außerdem führen mehr Schüler zu einem erhöhten Bedarf an der Nachmittagsbetreuung und damit zu zusätzlich beanspruchten Räumen. „Wir sind jetzt schon nicht sehr befriedigend aufgestellt“, weiß Klaßens Vertreter Georg Gerißen. 25 bis 30 Kinder nutzen aktuell dieses Angebot, „die Tendenz wird eher größer. Das Interesse der Eltern nimmt zu.“ Daher werde der Mangel an Räumen weiter durchschlagen. Die seinerzeitige Änderung auf G8 brachte zwar vorübergehend eine Entlastung, weil so einige Räume für andere Aufgaben benutzt werden konnten, zum Beispiel als Lehrerarbeitsraum. Das lässt sich nun kaum rückgängig machen.

Derzeit gehören rund 80 Pädagogen dem Kollegium an. Mehr Schüler – mehr Lehrer, lautet die personelle Gleichung. „Das Problem ist, dass dies nicht nur auf Xanten zutrifft, sondern auf 625 Gymnasien im ganzen Land“, erläutert der Schulleiter. Grob überschlagen rechnet er für seine Schule mit einem Zusatzbedarf von zehn Pädagogen. Da hilft es auch nur bedingt, wenn das Land die Ausbildung neuer Lehrer forciert. Wer jetzt beginne und in einigen Jahren fertig sei, der möchte dann auch eine Anstellung „und steht ab 2026 nicht mehr zur Verfügung“, sagt Vertreter Gerißen. „Der arbeitet dann möglicherweise in einem anderen Bundesland.“ Also vorausplanen und jetzt schon den Schulen zusätzliche Lehrer zubilligen, hofft er auf Einsicht beim Land.

Durch die Verlängerung um ein Jahr wird es 2026 keinen Abi-Jahrgang geben. Theoretisch. Die Ausnahme bilden die Schüler, die nach Klasse zehn von einer anderen weiterführenden Schule ans Stiftsgymnasium wechseln oder die hier eine Klasse wiederholen. Für sie besteht im Jahr 2026 das Angebot der Abiturprüfungen. Gleiches soll für leistungsstarke Schüler gelten, die eine Klassen überspringen und so das G8-Abi machen können.

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